Die Hoffnung ist gruen
wartete. Nach zehnmaligem Tuten gab ich es schlieÃlich auf. Wahrscheinlich hatte Amelie Haros Nummer erkannt und war aus Trotz nicht drangegangen.
âWas ist, ist deine SüÃe für dich nicht erreichbar?â, unkte Haro.
Wieder nickte ich. âScheint so.â
Mehr sagte ich dazu nicht. Mehr wollte der Trainer auch gar nicht wissen, bildete ich mir ein. Es interessierte ihn nicht, dass ich mich vor zwei Stunden mit Amelie verabredet hatte. Es interessiert ihn auch nicht, dass Amelie nun stinksauer auf mich war, weil ich sie mal wieder versetzt hatte. Und dass sie deswegen mehrere Tage schmollen würde, war dem Trainer auch völlig egal â dachte ich. Für Haro war etwas ganz anderes von Bedeutung: meine FuÃballkarriere. Und dass mir eine bevorstand, davon war der Trainer fest überzeugt. Ich war ein ganz groÃes Talent, darüber war man sich beim SV Worsten einig und förderte mich, wo man nur konnte. Dass ich aus einer
miesen Gegend
kam und erst mit der Zeit gelernt hatte, dass es gewisse Regeln gab, die auch für mich galten, war für den Trainer nicht immer leicht gewesen. Genauso dass ich keinerlei Unterstützung von zu Hause erhielt. Mein Vater war meistens besoffen und eigentlich nur daran interessiert, dass sich stets genügend Alk in der Wohnung befand.
Dazu kamen meine Versagensängste, die dunkle Seite in mir, die ich einfach nicht kontrollieren konnte â auf die ich keinen Einfluss hatte.
Doch seitdem ich mit Amelie zusammen war, lief es besser. Die Schattenseite brachte mich immer seltener in ihre Gewalt. Und wenn es ihr doch einmal gelang, wenn meine Gedanken sich schwer und träge anfühlten, dann war Amelie zur Stelle und half mir da wieder raus. Sie zeigte mir den Weg, die Perspektive, die Hoffnung â dass das Leben lebenswert war.
âDas Mädel ist gut für dich, Mariusâ, hatte Haro erst vor Kurzem zu mir gesagt. Angesichts seiner sonst so wortkargen Art, versetzte eine derartige Aussage sämtliche Kenner ziemlich ins Staunen.
Dennoch kam für ihn der FuÃball an erster Stelle und wenn er nun mal der Meinung war, dass ich vor einem wichtigen Spiel eine Extratrainingseinheit in Strategie und Taktik zu absolvieren hatte, dann war es unwichtig, dass ich deswegen Amelie oder sonst jemanden zwei Stunden irgendwo warten lieÃ.
Aber zwei Stunden hatte Amelie garantiert nicht gewartet, beruhigte ich mein schlechtes Gewissen. Sicherlich war sie schon nach einer Viertelstunde wütend abgerauscht. Ich nahm mir vor, später noch einmal bei ihr zu Hause vorbeizugehen und mich zu entschuldigen â wenn Amelies Vater mich hineinlieÃ.
âOkay, lass uns für heute Feierabend machen. Das bringt jetzt sowieso nichts mehrâ, schlug Haro vor. âLass dir in Ruhe alles noch einmal durch den Kopf gehen. Du weiÃt, was ich von dir erwarte.â Er hatte es nicht als Frage formuliert. Dennoch nickte ich. Natürlich war mir bewusst, was am Sonntag für mich auf dem Spiel stand. SchlieÃlich konnte ich seit Tagen an nichts anderes mehr denken â auÃer vielleicht an Amelie â für Amelie fand sich immer ein Plätzchen in meinen Gedanken.
Ein Talentscout vom VfL Wolfsburg hatte sich zum Heimspiel gegen den Grün-Weià Ahrlberg angesagt â ein Talent-scout, der meinetwegen den Weg von Wolfsburg hierher antreten würde. Ich war meinem Ziel so nahe wie niemals zuvor. Diese Chance musste ich nutzen, so gut ich nur konnte. Ganz egal, was passierte.
Ich schob Haro das Handy wieder über den Tisch zurück. Dann stand ich auf, nahm meine Sporttasche von der Bank und ging zur Tür.
âDann bin ich jetzt wegâ, sagte ich und grinste dabei schwach.
Der Trainer legte die Stirn in Falten. âAm besten auf dem direkten Weg nach Hause, was essen und ab ins Bett, okay?â
âMach ichâ, log ich und hatte es plötzlich eilig, das Vereinsheim zu verlassen.
Doch so schnell wollte Haro mich nicht gehen lassen.
âUnd wenn dein Vater wieder randaliert, dann kommt ihr zu uns, du und Lisa. Ja?!â
âWird er schon nicht. Mach dir mal keine Sorgenâ, erwiderte ich. Dann nickte ich ihm zu und verlieà das Vereinshaus.
Kapitel 3.
Lisa hockte mit angezogenen Knien auf ihrem Bett. Mit den Armen hielt sie die Beine fest umschlungen und wippte gleichmäÃig vor und zurück. In ihrem Zimmer war es ganz still. Nur der Regen prasselte gegen das Fenster.
Sie
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