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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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sorgen, dass er gegen andere Kriegsgefangene ausgetauscht wird
oder gegen Lösegeld freikommt.«
    »Ihm ist nichts geschehen?«, fragte ich.
    Er nickte.
    »Er ist gesund?«, hakte ich ungläubig nach.
    Wieder ein Nicken.
    »Weder krank noch verletzt?«
    »Sieh doch selbst«, sagte Lord Robert und zeigte mir ein
Papier mit drei kurzen Zeilen. »Gefangen gesetzt in der Burg. Wenn du
ihm schreiben willst, könnte ich den Brief weiterleiten.«
    »Danke«, sagte ich nur. Wieder und wieder las ich diese drei
Zeilen. In ihnen stand nicht mehr, als Lord Robert mir bereits gesagt
hatte, doch irgendwie schienen die schwarzen Worte auf zerknittertem
gelben Papier eine tiefere Wahrheit zu bestätigen. »Gott sei Dank!«
    »Gott sei Dank, in der Tat«, grinste Mylord.
    Leidenschaftlich bewegt nahm ich seine Hand. »Und ich danke
Euch, Mylord«, sagte ich inbrünstig. »Ihr habt so viel Mühen auf Euch
genommen. Ich weiß das. Ich bin Euch dankbar.«
    Sanft zog er mich an sich, legte seine warme Hand um meine
Taille. »Liebchen, du weißt, dass ich alles in meiner Macht Stehende
tun würde, um dich glücklich zu machen.«
    Ich erschrak. Seine Hand berührte mich nur leicht, dennoch
spürte ich ihre Hitze durch den Stoff meines Kleides. Ich spürte, dass
ich mich ihm entgegenneigte. Rasch überzeugte er sich mit einem Blick,
dass wir allein waren – dann senkte sich sein Mund meinem
entgegen – und verharrte. Lord Robert war so ein erfahrener
Verführer, dass er wusste, die Verzögerung steigerte das Verlangen nur.
Er neigte sich ein wenig tiefer herab und küsste mich, zuerst sanft,
doch dann mit wachsender Leidenschaft, bis meine Arme um seinen Nacken
geschlungen waren und er mich gegen die Wand drückte, ich mit
zurückgeworfenem Kopf und geschlossenen Augen, ganz dem köstlichen
Gefühl seiner Liebkosung hingegeben.
    »Lord Robert«, flüsterte ich.
    »Ich bin dafür, dass wir uns jetzt zu Bett begeben. Komm, mein
Liebchen.«
    Nun wusste ich, was ich zu tun hatte. »Es tut mir leid,
Mylord, doch ich komme nicht mit Euch.«
    »Es tut dir leid, und du kommst nicht mit?«, wiederholte er in
drolligem Tonfall. »Was meinst du denn damit, holder Knabe?«
    »Ich werde nicht bei Euch liegen«, erwiderte ich standhaft.
    »Warum denn nicht? Und nun sage nicht, dass du mich nicht
begehrst, denn das glaube ich dir nicht. Ich kann es doch auf deinen
Lippen schmecken. Du begehrst mich ebenso wie ich dich. Und heute Nacht
passt es bestens.«
    »Ich begehre Euch«, gab ich zu. »Und wäre ich nicht
verheiratet, so würde ich gern Eure Geliebte sein.«
    »Oh Hannah, ein Mann, der so weit fort von dir im Kerker
schmachtet, braucht dich doch nicht zu kümmern. Sage nur ein Wort, und
er wird dort bleiben, bis eine Generalamnestie erlassen wird. Von mir
aus kann er dort verschmachten! Und nun komm in mein Bett!«
    Standhaft schüttelte ich den Kopf. »Nein, Mylord. Es tut mir
leid.«
    »Nicht leid genug«, entgegnete er bitter. »Was stört dich
denn, Mädchen?«
    »Es geht nicht darum, dass man mich dabei ertappen könnte«,
erwiderte ich. »Ich will ihn einfach nicht betrügen.«
    »In deinem Herzen hast du ihn schon betrogen«, sagte Robert
vergnügt. »Du schmiegst dich in meinen Arm, du neigst den Kopf, du
öffnest deinen Mund meinen Küssen. Er ist bereits betrogen. Der Rest
ist nur das Ausleben eines Verlangens. Nicht schlimmer als das, was du
bereits getan hast.«
    Seine überredende, selbstbezogene Logik brachte mich zum
Grinsen. »Mag sein, doch es ist falsch. Mylord, ich sag es Euch ganz
ehrlich, ich bete Euch an, seit ich Euch kenne. Doch nun liebe ich
Daniel von ganzem und treuem Herzen, und ich will ihm eine gute und
treue Frau sein.«
    »Das hier hat doch nichts mit Liebe zu tun, Schätzchen«, sagte
er mit der Brutalität des lasterhaften Müßiggängers.
    »Ich weiß«, erwiderte ich. »Aber nun will ich Liebe. Wollust
genügt mir nicht mehr. Ich will Liebe. Seine Liebe.«
    Lord Robert sah mich an. Hinter seinen dunklen Augen bebte das
Lachen. »Ach, Hannah, welch ein Fehler für eine Frau wie dich, wenn du
alles zu gewinnen hast und nichts zu verlieren! Von allen Frauen, die
ich kenne, kommst du dem Ideal einer ungebundenen Frau am nächsten. Ein
Mädchen, das viel gebildeter ist als seine Geschlechtsgenossinnen, eine
Frau, deren Ehemann meilenweit entfernt ist, eine Frau mit vielerlei
Gaben, mit Ehrgeiz, mit Verstand und mit dem Körper einer wunderschönen
Dirne. Um Himmels willen, Mädchen, werde meine Geliebte! Du musst

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