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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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an einen Mann
gerichtet, der dieser Frau nichts gebracht hatte als Herzeleid.
    Liebster Ehemann,
    da es Euch gefiel, mir in meiner
Krankheit und meinem Kummer fernzubleiben, schreibe ich Euch diese
Worte, die ich lieber in Euer geliebtes Gesicht gesagt hätte.
    Ihr hättet keine liebendere und
treuere Frau haben können als mich. Euer Anblick erfreute mein Herz an
jedem Tag, den wir zusammen verbrachten, und ich bedauere nur, dass wir
so oft getrennt waren.
    Es trifft mich sehr schwer, dass
ich mich nun dem Tode nähere in der Art, wie ich mein Leben gelebt
habe: allein und ohne den Menschen, den ich liebe. Ich bete darum, dass
Ihr niemals die Einsamkeit kennenlernen möget, die mich zeitlebens
begleitet hat. Ihr habt immer noch einen liebenden Vater, der Euch
raten kann. Ihr habt eine liebende Frau, die sich nichts mehr wünscht,
als an Eurer Seite zu sein. Niemand wird Euch jemals mehr lieben.
    Sie wollen es mir nicht sagen,
doch ich weiß, dass ich dem Tode nahe bin. Dies mag meine letzte
Möglichkeit sein, Euch Lebewohl zu wünschen und Euch meiner Liebe zu
versichern. Mögen wir uns im Himmel wiedersehen, wenn wir auf Erden
nicht zusammen sein konnten. Darum betet
    Eure Frau
Maria R.
    Als ich ihren Brief zu Ende geschrieben
hatte, strömten mir die Tränen über die Wangen, sie jedoch war ganz
ruhig.
    »Ihr werdet Euch erholen, Euer Hoheit«, versicherte ich. »Jane
hat mir erzählt, dass Ihr oft unter der Herbstkrankheit leidet. Wenn
der erste Frost kommt, wird es Euch besser gehen, und wir werden
zusammen Weihnachten feiern.«
    »Nein«, erwiderte sie nur, ohne eine Spur von Selbstmitleid in
der Stimme. Es war, als sei sie der Welt vollkommen müde geworden.
»Nein, diesmal nicht. Ich glaube nicht daran.«

Winter
1558
    L ord Robert kam mit dem Kronrat an den Hof,
um die Königin zu drängen, ihr Testament zu machen und einen Erben zu
benennen. Jedes Ratsmitglied war im vergangenen Monat in Hatfield
gewesen, und jeder Ratschlag an Königin Maria war von der ungeduldigen
Elisabeth diktiert worden.
    »Sie ist zu krank, um Besuch zu empfangen«, verwehrte Jane
Dormer jedem den Zutritt.
    Sie und ich standen Schulter an Schulter vor der Tür zu den
königlichen Gemächern. Lord Robert zwinkerte mir zu, doch ich erwiderte
sein Lächeln nicht.
    »Es ist ihre Pflicht«, beharrte der Lordkanzler in sanftem
Ton. »Sie muss ein Testament machen.«
    »Das hat sie bereits«, gab ihm Jane zu verstehen. »Bevor sie
das letzte Mal in der Wochenbettkammer geweilt hat.«
    Der Lordkanzler schüttelte den Kopf. Er wirkte verlegen. »Sie
hat ihr Kind zum Erben ernannt und den König zum Prinzregenten«, sagte
er. »Doch sie hat kein Kind geboren. Sie muss nun Prinzessin Elisabeth
zu ihrer Nachfolgerin ernennen.«
    Jane schien nachgeben zu wollen, doch ich behauptete meinen
Posten. »Sie ist zu krank«, sagte ich unnachgiebig. Dies entsprach der
Wahrheit. Die Königin hustete schwarze Galle und durfte sich nicht
einmal hinlegen, da sie sonst an der schwarzen Masse erstickt wäre.
Außerdem wollte ich nicht, dass man sie auf ihrem Krankenlager sah, wo
sie immer noch um ihren Mann weinte und um ihre von Elisabeth
zerstörten Hoffnungen.
    Lord Robert lächelte mich an, als verstünde er genau.
»Mistress Carpenter«, hob er an. »Ihr wisst es doch. Sie ist die
Königin. Frieden und Rückzug einer normalen Frau stehen ihr nicht zu.
Sie weiß es, und wir wissen es. Sie hat eine Pflicht ihrem Lande
gegenüber, und dieser solltet Ihr nicht im Wege stehen.«
    Meine Entschlossenheit wankte, was sie sogleich ausnutzten.
»Tretet beiseite«, befahl der Herzog, und widerwillig machten Jane und
ich Platz und ließen die Herren zur Königin vor.
    Sie brauchten nicht sehr lange. Als sie fort
waren, ging ich zur Königin hinein. Sie saß, von ihren Kissen gestützt,
im Bett, neben ihr stand eine Schüssel für die schwarze Galle, die sie
in Hustenkrämpfen ausspie, sowie ein Krug mit ausgepressten Zitronen
und Zucker, um den garstigen Geschmack im Mund zu vertreiben. Bei ihr
war lediglich eine Kammerzofe, sonst niemand. Die Königin war so einsam
wie eine Bettlerin, die ihr Leben auf der Türschwelle eines Fremden
aushaucht.
    »Majestät, ich habe Euren Brief an Euren Ehemann geschickt«,
sagte ich leise. »Wolle Gott, dass er ihn liest und zu Euch heimkehrt,
damit wir doch noch ein fröhliches Weihnachtsfest feiern können.«
    Königin Maria lächelte nicht einmal über das Bild, das ich da
gezeichnet hatte. »Er kommt nicht«, sagte sie

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