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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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Chagall, vielleicht könnten Sie unseren Gästen die Wartezeit etwas verkürzen?«
    »Ach, ich glaube wirklich nicht, dass die Herrschaften das wünschen, Mr Jarry«, erwiderte Chagall betont verlegen. »Ich möchte mich meinem Publikum wirklich nicht aufzwingen.«
    »Sie sind zu bescheiden, Mr C. Bezaubern Sie uns, ich bitte Sie.«
    »Ach, na gut. Aber wenn ich Sie langweile, meine Damen und Herren, heben Sie einfach kurz die Hand.«

Zeugenaussage:
Angelique de Xavia
(denk gar nicht erst dran)
    Wie versprochen wartete außerhalb der Haupttribüne ein blauer Rover auf sie. Der Wagen war auch nicht schwer zu erkennen, weil er als einziger nicht sofort von den Verkehrspolizisten verjagt worden war. Bei dem Anblick verwelkte und starb ein weiterer winziger Teil von ihr, zum einen, weil sie wusste, wo die Fahrt hingehen würde, aber hauptsächlich, weil jetzt feststand, dass doch alle wussten, wo sie ihre freien Samstage verbrachte. Der Wagen war schon zum Ibrox Stadion geschickt worden, bevor sie sie überhaupt angerufen hatten; wahrscheinlich hatten sie bis Punkt drei gewartet, damit sie sich nicht durch die Menschenmengen draußen kämpfen musste.
    Drinnen war es schon schlimm genug gewesen.
    »Ach komm, du musst ihnen schon ’ne Chance geben. So schlimm kann’s doch noch gar nicht sein«, hatte ihr ein Fan nachgerufen, als sie sich keine zwei Minuten nach Anstoß den Weg Richtung Ausgang bahnte.
    »Schnell los, sonst ist die U-Bahn so voll«, scherzte ein anderer.
    »Kommst du zurück, wenn Big Eck verspricht, dass er Konterman nicht mehr aufstellt?«
    Sie wollte etwas zurückrufen, zwinkern und grinsen oder antworten, dass sie sich nicht noch mal so eine beschissene 3-4-3 Aufstellung antun würde, aber sie brachte es einfach nicht übers Herz. Stattdessen hielt sie still den Kopf gesenkt, ging schnell die Treppehinab, vorbei an den keuchenden Nachzüglern und einem Fast-Food-Fan, der sich noch eben mit Bluenose Burgern eindeckte, falls in den nächsten fünfundvierzig Minuten eine Hungersnot ausbrechen sollte.
    Sie ging auf den Rover zu und winkte kurz dem Fahrer, der sich herüberlehnte und ihr die Beifahrertür öffnete. Sie erkannte ihn: Bailey, ein Neuer beim CID , jung, fleißig, respektvoll, einer, der es einem immer recht machen wollte. Vor ein paar Jahren und vor allem vor Dubh Ardrain hätte sie das erfrischend, ja, süß gefunden. Heutzutage sah sie nur einen weiteren karrieregeilen Arschkriecher, der über kurz oder lang ins Old-Boys-Network aufgenommen werden würde.
    »Hi«, sagte sie nur und stieg ein.
    »Guten Tag, Inspector.« Er lächelte. »Tut mir leid, dass ich Sie hier fortreißen muss. Ich wusste gar nicht, dass Sie …«
    »Falsches Thema«, unterbrach sie ihn barsch. Kollege Sonnenschein verstand aber nicht so richtig, dass er gefälligst die Klappe halten sollte.
    »Nein, nein, ich will mich doch gar nicht lustig machen. Ich bin doch selber …«
    »… gerade erst der Uniform entwachsen und noch etwas unsicher in Schlips und Anzug. Also Klappe halten und fahren.«
    »Ja, Ma’am«, murmelte er niedergeschlagen und schürzte die Lippen.
    Mit Sirene rasten sie die Paisley Road West entlang Richtung Tradeston. Baileys verletzter Stolz und sein ungebrochener Drang, seine Vorgesetzten zu beeindrucken, befeuerten seinen fahrerischen Wagemut.
    »Was ist da eigentlich los?«, fragte sie, weil das Telefongespräch kurz und wenig informativ gewesen war. »Warum wurde kein anderes Einsatzkommando angefordert? Ich bin für Bankraub nicht zuständig und hab heute frei. Wir haben in dieser Stadt doch wohl mehr als acht Leute bei der Armed Response Unit.«
    »Sind auf dem Weg«, erwiderte Bailey. »Aber McMaster hat Sie persönlich angefordert.«

    Angelique schnaufte und schüttelte mit einem verbitterten Grinsen den Kopf.
    »Was?«, fragte Bailey.
    »Nichts«, knurrte sie.
    McMaster. Einer der allwissenden Wichser von ihrem Tribunal, der ihr die Hölle ganz besonders heiß gemacht hatte. Als »leichtsinnig« hatte er sie am liebsten ermahnt und dabei gebrüllt wie ein Arschloch im Schneesturm. Und auf seinem Steckenpferd »Verantwortung« war er mehrfach um den Saal geritten und hatte dabei über »Anordnungen« schwadroniert.
    Jetzt hatte sie auch für ihn ein paar schöne Bezeichnungen: »Heuchler« zum Beispiel, ein »dummdreister«, um genau zu sein. Angelique wusste nicht, ob sie sich bestätigt fühlen oder noch wütender sein sollte, aber auf jeden Fall wusste sie jetzt, was sie schon immer

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