Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
Aktion abraten können, aber ja, ich hab mir überlegt, dass ein Polizist in unserer Sammlung unten noch gefehlt hat.«
Jarry trat zur Seite und verneigte sich Richtung Tür, damit sie vorging. Angelique starrte ihn böse an, war aber lange nicht so wütend, wie sie es in so einer Situation eigentlich sein müsste.
»Und, wie läuft’s?«
»Was?«
»Der Überfall.«
»Ach. Comme ci, comme ça, würde ich sagen. Geiseln und Polizei haben wir schon abgehakt, die größere Bargeldabhebung dauert noch ein bisschen.«
»Mist.«
»Ja. Computerprobleme. Aber wir haben einen Plan B. Danke der Nachfrage.«
»Ich bin Polizistin, wir kümmern uns um unsere Mitmenschen. Dein Freund und Helfer, Sie wissen schon.«
»Ja, auf jeden Fall vielen Dank für die neun Millimeter Hilfe hier in meiner Hand.«
»Das ist ein vierziger Kaliber, um genau zu sein. Draußen gibt’s davon noch eine Menge mehr. Wir Briten werden nervös, wenn man mit Maschinenpistolen auf Zivilisten zielt. Wofür brauchen Sie eigentlich die ganzen Geiseln?«
»Naja, im Moment sind sie das Einzige, was Ihre Kollegen davon abhält, hier reinzustürmen und mit uns die Bonnie & Clyde-Nummer abzuziehen.«
»Die sind aber nicht nur Ihre menschlichen Schutzschilde, sondern auch Ihr Druckmittel. Wie lauten Ihre Forderungen?«
»Was haben Sie zu bieten?«
»Ich? Ich bin nicht zum Verhandeln hier.«
»Dann bringt’s ja auch nichts, wenn ich etwas von Ihnen fordere, oder?«
»Sehr lustig.«
»Goldene Regel des Bankraubs, Officer de Xavia: Man verhandelt erst, wenn man das Geld hat. Was bringt mir ein Hubschrauber in ein Land ohne Auslieferungsabkommen, wenn ich pleite bin?«
»Das wäre immer noch besser als eine Zelle, ein OP -Saal oder eine Leichenhalle.«
»Man verhandelt nicht, wenn man noch andere Optionen hat.«
»Sie haben so etwas wohl schon oft gemacht.«
»Meinen Sie?«
»Und welche Optionen haben Sie noch?«
Jarry überholte sie und öffnete ihr die Tür am Fuß der Treppe. Das kam ihr sehr höflich vor, bis sie daran dachte, dass sie die Tür mit den gefesselten Händen selbst nicht ohne Weiteres aufbekommen hätte.
»Bohren Sie doch nicht so nach«, sagte er, als er sie ins Büro hinter den Schaltern ließ. »Im Moment können Sie wirklich nicht viel tun, also stellen Sie sich doch einfach vor, Sie hätten heute frei.«
»Hatte ich auch, bevor ihr … Spinner aufgetaucht seid.« Sie hätte fast Clowns gesagt, brachte es dann aber doch nicht heraus.
»Tut mir leid. Wenn wir irgendetwas für sie tun können, außer natürlich unser Projekt hier abzusagen …«
»Sie wissen nicht zufällig, wie es bei den Rangers steht?«, erwiderte sie, was als höfliches »leck mich« gedacht war, weil er sicher nicht mal wusste, wer die waren.
»Moment«, sagte er und zog ein Handy aus dem Overall. Er drückte ein paar Tasten und schaute auf das LCD -Display. »Sechsundsechzigste Minute. Drei-null. Zwei durch Arveladze und ein Eigentor durch Guntveit. Okay?«
Angelique konnte es nicht fassen. Hatte der Spinner telepathische Fähigkeiten? Sie konnte das Display selbst nicht sehen, also hatte er sich das Ganze vielleicht bloß ausgedacht, aber woher hätte er dann die Namen gehabt und sogar gewusst, dass man Cato Guntveit ein Eigentor sehr gut zutrauen würde?
»Läuft hier heute eigentlich irgendetwas, worüber Sie nicht die volle Kontrolle haben?«
»Ja, das da«, sagte er und zeigte auf den Computermonitor auf einem Schreibtisch. Der blaue Fortschrittsbalken mitten im Bild hatte es noch nicht mal zur Hälfte geschafft.
»Was ist das?«
»Die Software, die uns den Safe öffnen soll. Wir hatten gehofft, diese milliardenschwere Konzernbank hätte vielleicht einen anständigen PC für uns hier stehen, auf dem wir den Hack laufen lassen können.«
»Wie rücksichtslos von denen.«
»Wahrscheinlich wollen sie nur ein bisschen Geld für ihre Kunden einsparen. Banken kümmern sich eben.«
»Vielleicht sparen sie jetzt ja mit diesen langsamen Computern sogar einen Riesenbatzen Geld.«
»Hey, ich hab die Clownsmaske auf. Ich reiß hier die Witze. Und wer zuletzt lacht … Die Software ist langsam, aber das heißt nicht, dass sie nicht funktioniert. Wir haben Zeit. Das kann ich Ihnen sogar beweisen.«
»Wie sieht Ihr Plan B denn aus?«
»Bohren Sie immer noch?«, fragte er und führte sie zu einer anderen Tür.
»Sie können mich ja knebeln«, erwiderte Angelique, obwohl sie weder wusste, warum sie das sagte, noch weshalb sie sich so
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