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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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Zähne«. Wie sie wenige Minuten, nachdem sie ihn kennengelernt hatte, feststellte, hatten ihre Kollegen von einem Gutenachtgeschichte-Supercop geschwärmt, »der zu einer aussterbenden Art« gehörte, wie sie ihn sich wünschten, was aber nicht der Realität entsprach, in der Angelique ein gerissener, pragmatischer Räuberfänger gegenüberstand, der es nie im Leben so weit geschafft hätte, wenn auch nur ein Bruchteil der Geschichten über ihn wahr gewesen wäre.

    Als Angelique sich ihm höflich vorstellte, beaufsichtigte er gerade die Anordnung einer Reihe vergrößerter Aufnahmen des Bankinneren an den Wänden des Lageraums. Shaw drehte sich um, begrüßte sie mit einem beunruhigend vielsagenden Lächeln und bat sie in sein Büro.
    »Ich hab den Bericht über Dubh Ardrain gelesen«, erklärte er noch auf dem Flur. »Absoluter Bockmist. Die wollten nur vertuschen, dass Sie ihnen den Arsch gerettet haben. Haben alles so zusammengeschrieben, dass die Lage nur deshalb brenzlig wurde, weil Sie außer Rand und Band geraten seien, und nicht, weil die selber keine Ahnung hatten, was überhaupt los war. Verdammte Dreckschweine. Sie haben denen den Arsch gerettet, Detective, vergessen Sie das nie.«
    Es würde schwer werden, ihn danach unsympathisch zu finden.
    Wie sich herausstellte, hatte er sich nicht ohne Hintergedanken bei ihr vorstellen wollen, und bat sie freundlich um weitere Mithilfe bei dem Fall, wofür er sie schon von ihren Vorgesetzten hatte freistellen lassen. An einem anderen Tag wäre sie bestimmt an die Decke gegangen, weil sie dazu ihre eigenen Fälle vernachlässigen musste, aber im Augenblick war ihr wirklich nicht danach. Vielleicht hatten Merlot und Mogwai bei ihr eine existenzielle Teilnahmslosigkeit ausgelöst, oder vielleicht machte es auch keinen großen Unterschied, ob sie vom CID oder von ihrer Anti-Terror-Abteilung herumgescheucht wurde.
    »Sie waren da, Sie haben mit dem Kerl gesprochen«, erklärte Shaw. »Deshalb würden Sie ihn natürlich nicht in einer Menschenmenge wiedererkennen, aber wahrscheinlich können Sie uns immerhin sagen, wenn wir den Falschen an der Angel haben. Ich würde Sie gerne bei unseren Besprechungen dabeihaben, damit Sie uns sagen können, wann sich eine Fährte vielversprechend anhört und wann nicht. Wär Ihnen das recht?«
    »Klar.«
    Man konnte einen Montagmorgen auch schlechter anfangen, und der Blickwinkel der »informellen Beraterin« war hochinteressant, zumal sie dabei auch aus der Nähe erlebte, wie Shaw arbeitete.

    Angelique hatte keine genaue Statistik im Kopf, aber sie schätzte die Binsenweisheit, dass die meisten Morde in den ersten vierundzwanzig Stunden nach der Tat aufgeklärt werden. Danach sanken die Chancen exponentiell, und nach sieben Tagen fiel die Kurve am steilsten ab. In den Medien wurde das immer damit begründet, dass die »Spur kalt geworden war«, »die Beweiskette abgerissen war« oder ähnlich melodramatischer Quatsch. In Wirklichkeit lag das Abnehmen der Erfolgsquote mit der Zeit daran, dass die meisten Morde lachhaft berechenbar waren. Wenn innerhalb von vierundzwanzig Stunden noch niemand festgenommen worden war, dann hieß das, dass nicht einfach nur der Mann/Freund seine Frau/Freundin erstochen hatte oder der kaputte Alki seinem genauso kaputten Alki-Kumpel nach drei durchgesoffenen Tagen eine Flasche über die Rübe gezogen hatte. Wenn man in der Küche eine strangulierte Leiche fand, brauchte man Professor Bloom oder Oberst Günther von Gatow nicht in U-Haft zu stecken, wenn in besagter Küche auch zwei benutzte Spritzen, ein halbes Dutzend Teelichte, gut zwanzig zerknüllte Fetzen Alufolie und ein heulender Junkie lagen, der wirres Zeug darüber faselte, wie leid es ihm tue.
    Bei einem Überfall folgten die Ermittlungschancen einer ähnlichen Kurve, was Shaw aber vor seinen Untergebenen nicht ansprach, so offen er Angelique gegenüber auch gewesen war. Sie konnte schnell verstehen, warum er so beliebt war und wie er seine Leute motivierte. Er gab alles – er war halb Rampensau, halb Trainer in der Umkleide und bezog alle Anwesenden ins Geschehen ein. Mal führte das zu sinnvollen Beiträgen, mal zu banalen, aber vor allem fühlten sich alle ernst genommen.
    Wenn in dieser Phase alle verfügbaren Informationen zusammengetragen wurden, bekam man schnell den Eindruck, dass die Ermittlung richtig in Schwung kam, dass die Puzzleteile sich wunderbar ineinanderfügten. Aber aus ihrer Beobachterposition sah Angelique, dass ihre

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