Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
kommen?«
Wie war das noch mit dem kleinen Verrat, der keinen größeren nach sich ziehen würde?
»Was haben wir zu verlieren?«
»Spontan fällt mir da ein … alles.«
Angelique lächelte, obwohl sie wusste, dass es nicht nur ein Scherz war.
»Hört sich gut an«, sagte sie.
Nur ein kleiner Drink /
Nur ein bisschen schwanger
Es war allerhöchste Zeit, dass er mit sich ins Gericht ging und bei grellem Licht, ohne zu blinzeln, in den Spiegel schaute. Punkt eins: Scheiße, Mann, was machst du da eigentlich? Oder er konnte einfach Karl in Newcastle anrufen und dem erzählen, was er vorhatte. Der würde ihm sofort wie Pinocchios Grille ins Gewissen reden, was mehr oder weniger denselben Effekt hätte.
»Läuft dir etwa alles zu glatt, und du musst die ganze Unternehmung riskieren, damit dir nicht langweilig wird?«, würde er fragen. Oder etwas Ähnliches. Vielleicht auch: »Wir haben ’nen Lavafluss vor uns, und du bist nur zufrieden, wenn wir den auf dem Hochseil überqueren!« Ja, das hörte sich eher nach ihm an.
»Du reitest uns womöglich alle rein, und das wegen einer Frau, die du überhaupt nicht kennst.«
Noch näher dran an Karl und der Wahrheit.
Scheiße, Mann, was machst du hier?
Er hatte nicht das Gefühl, dass er die anderen in Gefahr brachte. Zumindest noch nicht. Er war noch nicht in die Bar gegangen. Er hatte sie doch bloß angerufen. Selbst wenn sie sich gegen ihn wandte, hatten die Bullen immer noch keine Beweise, dass da wirklich sein Gesicht hinter der Maske gesteckt hatte. Wenn es vor Gericht ginge, was unwahrscheinlich war, würde er es als freier Mann verlassen, wie er auch einfach wieder aus der Bar spazieren konnte, wenn er Bedenken hatte.
Er hatte nichts getan, aus dem er nicht wieder rauskam – nochnichts. Doch was er vorhatte, war zweifellos riskant für ihn und damit unvermeidlich auch für seine Freunde. In diesem Moment war es noch nicht mehr als ein Interessenkonflikt, aber sobald er dieser Frau einen Drink hinstellte, wurde aus ihm ein Doppelagent. Selbst wenn alles ohne Folgen blieb, setzte er die Sicherheit seiner Freunde mit aufs Spiel, ohne sie gefragt zu haben, ohne dass sie es auch nur wussten, und das gefiel ihm einfach nicht.
Dabei war es unwichtig, wie sicher er sich war, dass er alles im Griff hatte, dass alles gut ausgehen würde. Er trug das Risiko nun mal nicht allein. Sie saßen alle im selben Boot – Karl, Leo und Jerome riskierten ihren Arsch für ihn, weil sie meinten, sie stünden in seiner Schuld.
Was sollte er machen – abstimmen? Außerdem war das nicht der einzige Grund, warum sie dabei waren. Sie alle standen noch bei jemand anderem in einer größeren Schuld, und Zal hatte absolut das Recht, auch für seine Freunde zu entscheiden, damit sie diese Schuld begleichen konnten.
Ganz ruhig. Er verriet hier niemanden. Das Ganze konnte nur schieflaufen, wenn er schlampig gearbeitet hatte, und das hatte ihm noch nie jemand vorwerfen können.
All die Gefühle, die elefantengroßen Mücken, die Orkane im Wasserglas, die waren das Problem. Hatten aber auch ihre Vorteile. Sie hatten einander nie nähergestanden und nie besser zusammengearbeitet, zumindest nicht seit New York. Das hier erwischte ihn aus allen möglichen Gründen aber noch viel brutaler. Die Zeit in New York hatten sie in einem adrenalinsüchtigen, hedonistischen Existenzialismus durchlebt, der ganz klar Symptom des Versuchs war, die berauschende Unverwundbarkeitsillusion ihrer Jugend fortzusetzen. Auch hier in Glasgow liefen sie auf Adrenalin, aber hier befeuerten sie damit nur ihren Motor und taten nichts einfach nur, weil sie es konnten. Hier gaben sie sich keinen Illusionen hin, schon gar nicht einer ihrer eigenen Unverwundbarkeit. Hier hatten sie, die Besiegten, Getrennten, Versprengten sich wieder versammelt – älter, stärker, schlauer und weiser, dankbar fürihre Freundschaft und eisern entschlossen wiedergutzumachen, was schiefgelaufen war.
Bei Zal selbst musste man zu diesem explosiven Gemisch noch den schwindelerregenden Effekt der Stadt zählen, die manchmal wirkte wie ein riesiger Freizeitpark aus Erinnerungen an seinen Vater.
Seit dessen Tod hatte Zal gewusst, dass er eines Tages hierherkommen würde, so wie er gewusst hatte, dass er seine Freunde wiedersehen würde und dass sie sich irgendwann mit Alessandro beschäftigen mussten. Ausgelöst von Cream-Ts glücklichem Karriereschritt hatte das Schicksal all das zusammenkommen lassen. In vieler Hinsicht verschaffte ihm das
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