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Die Holzhammer-Methode

Die Holzhammer-Methode

Titel: Die Holzhammer-Methode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
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nickte. Dann gingen sie zum Wagen. Christine ließ sich von Holzhammer zur Reha-Klinik fahren, um dort die Nummer der Zechner-Tochter herauszusuchen und gleich anzurufen. Schnell hatte sie die Unterlagen gefunden. Die Frau wusste schon über den Tod ihrer Mutter Bescheid, darum hatte sich die Polizei gekümmert. Das machte ihr den Anruf deutlich leichter.
    Christine wählte die Nummer, und es meldete sich eine kränkliche Stimme. Christine stellte sich vor und erklärte der Frau, dass ihre Mutter eigentlich gesund gewesen sei, dass große Zweifel an einem Herztod bestünden. Und sie bat um die Genehmigung zur Obduktion. Am anderen Ende der Leitung wurde es still.
    «Ich will herausfinden, woran sie gestorben ist», ergänzte Christine eindringlich. «Wollen Sie das nicht auch?»
    «Mir ist egal, ob es ein Herztod, ein Hirnschlag oder eine Bauchblutung war», schluchzte die Tochter. «Meine Mutter ist tot.»
    Die Frau hatte natürlich von ihrem Standpunkt aus gesehen recht. Christine musste improvisieren. Daher fügte sie hinzu: «Es besteht die Möglichkeit, dass es kein natürlicher Tod war.»
    «Was, wollen Sie etwa sagen, dass jemand meine Mutter ermordet hat?»
    «Na ja, vielleicht nicht absichtlich. Es könnte auch eine Art Unfall gewesen sein.» Eine Art? Sie redete Blödsinn. Argumente mussten her – notfalls transzendentale. «Sehen Sie, ich habe in den letzten Tagen viel mit Ihrer Mutter gesprochen. Ich bin sicher, Ihre Mutter selbst würde auch gern wissen, woran sie gestorben ist.»
    Am anderen Ende der Leitung wurde geseufzt. Christine legte weiter nach: «Und wenn Ihre Mutter Sie fragen würde, woran sie gestorben ist, dann würden Sie ihr doch sicherlich gern eine Antwort geben können. Oder?»
    Christine wusste, dass das starker Tobak war. Sie setzte eine kranke Frau unter Druck. Und das nur aufgrund ihrer eigenen vagen Vermutungen. Sie begann gerade, daran zu zweifeln, dass ihr Anruf noch irgendeinen Erfolg haben würde, da lenkte die Tochter ein: «Gut, Sie bekommen die Genehmigung. Aber dann will ich auch das Ergebnis wissen. Von Ihnen persönlich.»
    «Selbstverständlich», sagte Christine. «Ich bereite ein Formular vor, das Sie nur noch unterschreiben müssen. Da es eilt, würde ich Ihnen das gern faxen.»
    Die Frau nannte die Telefonnummer ihres Nachbarn, der das Fax entgegennehmen, ihr rüberbringen und dann unterschrieben zurückfaxen würde. Christine war erleichtert. Sie blieb noch eine Weile in ihrem Bürosessel am Schreibtisch sitzen, und ihr Blick fiel auf die Wiese, auf die der junge Alexander Klein so unsanft aufgeschlagen war. Ihre Gedanken schweiften zurück zu der letzten Therapiestunde mit Mathilde Zechner. Und plötzlich fiel ihr etwas ein. Hatte die Frau nicht über Leibschmerzen geklagt? Christine zog die Notizen hervor, die sie während jeder Therapiesitzung anfertigte. Oft waren es nur einzelne Bemerkungen, manchmal aber auch mehrere Seiten pro Stunde. In der letzten Stunde mit Mathilde Zechner hatte sie geschrieben: «Berichtet von starken, krampfhaften Leibschmerzen, nimmt keine Hilfe in Anspruch. Ignoriert immer noch ihre eigenen Bedürfnisse. Nächste Stunde neuerliche Intervention!»
    Wer weiß, was das für Leibschmerzen gewesen waren? Was, wenn die Ursache der Leibschmerzen auch die Ursache für ihren Tod war? Warum hatte Christine nicht sofort reagiert? Klar, weil Leibschmerzen in aller Regel von selbst wieder verschwanden. Oft waren sie psychosomatischen Ursprungs. Oder es handelte sich um Sodbrennen, induziert durch schlechte Ernährung oder zu viel Rotwein. Oder das Problem saß etwas tiefer und ließ sich als Verstopfung beschreiben. Daran litten ältere Damen sowieso die meiste Zeit. In den allerseltensten Fällen war die Ursache für Leibschmerzen etwas Ernstes. Erst wenn solche Schmerzen über Tage anhielten, würde man etwas unternehmen. Nein, rational betrachtet hatte Christine sich nichts vorzuwerfen. Im Nachhinein war man eben immer schlauer.
    Heute wusste sie: Sie hätte Mathilde unverzüglich zum Stationsarzt schicken müssen. Und ins Labor. Was hätten die wohl gefunden? Womöglich einen exotischen Virus? Hatten die beiden Toten womöglich sogar an der gleichen Krankheit gelitten? Aber das war doch höchst unwahrscheinlich. Dann müssten sie irgendetwas gemeinsam gehabt haben. Oder miteinander in Kontakt gekommen sein. Oder wenigstens das Gleiche gegessen haben. Konnten beide sich an dem gleichen Lebensmittel vergiftet haben? Die beiden kannten sich

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