Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Holzhammer-Methode

Die Holzhammer-Methode

Titel: Die Holzhammer-Methode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
Vom Netzwerk:
Irgendwo dazwischen lag das blasse Gesicht von Christine in den Kissen. Und daneben auf einem unbequem aussehenden Stuhl saß Matthias, den Blick auf die Bettkante gesenkt. Als Holzhammer eintrat, hob Matthias den Kopf. Er sah furchtbar aus.
    «Sie kommt durch, hat der Arzt gesagt», versuchte Holzhammer, ihn aufzumuntern.
    «Ja, aber wer tut denn so was? Und warum? Ich meine nicht nur Christine, auch die anderen Leute. Niemand hat der Schön was getan, ich meine, nicht wirklich, oder? Sie war jahrzehntelang meine Nachbarin. Sie war nicht gerade eine Freundin, aber wer denkt denn an so was.»
    «Vielleicht war sie verrückt», sagte Holzhammer zögernd. «Vielleicht werden wir es auch nie erfahren. Und selbst wenn sie glaubte, einen Grund zu haben – es war keiner. Es gibt keinen Grund, so etwas zu tun.»
    In dem Moment klingelte Holzhammers Handy. Ein Kollege war dran: «Ich glaube, wir haben das Fahrrad. An der Seelände. Direkt an den Ticketschalter gelehnt.»
    Sollte sie über den See geflohen sein? Das machte doch keinen Sinn. Rund um den Königssee ragt steiles Gebirge auf. Die Überquerung des Steinernen Meeres Richtung Österreich dauert für Geübte zehn Stunden. Ohne Bergschuhe und Trinkwasser kommt man nicht weit. Aber es war im Moment die einzige Spur. «Hat sie jemand beim Einsteigen gesehen? Hatte sie Ausrüstung dabei? Einen Rucksack? Bergschuhe? Stöcke? Wo ist sie ausgestiegen?»
    «Wir sind gerade dabei, die Schiffer zu befragen», antwortete der Kollege.
    «Ist gut, macht das. Ich komme auch hin.»
    Holzhammer klappte sein Handy zu und sagte zu Matthias: «Bayerische Seenschifffahrt. Sie ist scheint’s mit dem Boot weg.»
    «Was heißt weg? Über den See geht’s doch nirgendwohin.»
    «Was weiß ich. Die Kollegen versuchen rauszufinden, wo sie ausgestiegen ist, Salet oder Bartholomä. Und dann sehen wir weiter.»
    «Eine Flucht in die Berge macht doch nur Sinn, wenn sie weiß, wo sie hin will. Im Grunde doch nur, wenn sie den Plan hat, nach Maria Alm hinüberzugehen. Und dann braucht sie auf jeden Fall Verpflegung und Wasser. Sie kann ja schlecht unterwegs am Funtensee oder am Riemannhaus einkehren.» Maria Alm lag Berchtesgaden gegenüber auf der Südseite des Steinernen Meeres, im Pinzgau.
    «Du hast schon recht, wenn man normal denkt. Aber theoretisch ist es auch möglich, sich jahrelang im Nationalpark zu verstecken», sagte Holzhammer. Schon so mancher Wanderer war im Steinernen Meer verschwunden und nie wieder aufgetaucht.
    Dann fiel ihm etwas ein, und er zückte wieder sein Handy. Er rief Josef Berg von der Spusi an: «Holzhammer hier. Sag mal, habt ihr im Haus einen roten Rucksack gefunden? Ein Nachbar sagte, dass sie den öfter bei sich hatte. Oder auch Bergschuhe, Stöcke, Trinkflasche. Wenn der Rucksack nicht da ist, dann hat sie den bei sich, und ich kann es der Personenbeschreibung hinzufügen.»
    Bergs Leute hatten inzwischen ganze Arbeit geleistet, sodass er prompt Auskunft geben konnte: «Nein, wir haben keinen roten Rucksack gefunden. Nur einen ganz alten grünen. Aber ich hab was anderes für dich. Sie hat eine Art Testament hinterlassen. Eine Kopie ist auf dem Weg in die Dienststelle, das Original geht ins Labor.»
    Holzhammer war elektrisiert. Hatte Berg die Auflösung des Rätsels gefunden? Den Grund, warum Eleonore Schön so viele Menschen vergiftet hatte? «Ja, und was stand drin, zefix, jetzt spann mich doch nicht auf die Folter!»
    Josef Berg hatte bei seiner Arbeit schon öfter Testamente, Abschiedsbriefe und ähnliche Pamphlete gefunden. Für ihn hatte die Sache nichts Persönliches. Deshalb hatte er nicht so genau gelesen. «Irgendwas über ihre Kindheit. Die Welt ist schlecht und so weiter. Hab den Wisch gleich weitergegeben. Bei der Fahndung wird er kaum helfen.»
    «Das hast du doch nicht zu entscheiden! Jetzt muss ich extra in die Dienststelle, nur um das Ding zu lesen», regte Holzhammer sich auf. Da sah er, wie Matthias auf Christine zeigte und ihm bedeutete, er solle leiser sein. Holzhammer ging aus dem Zimmer und telefonierte draußen weiter. Als er sich von dem Spurensicherer verabschiedet hatte, versuchte er erst einmal einen klaren Gedanken zu fassen. Das Testament war in der Dienststelle, nun gut. Eigentlich sollte Fischer ja da sein. Und die Hexe war auf dem Berg? Was konnte sie dort wollen? Er sah auf die Uhr. Sie war seit Stunden weg. Wenn sie halbwegs gut zu Fuß war, dann konnte sie mittlerweile bereits in unwegsamem Gelände sein. Das hieß,

Weitere Kostenlose Bücher