Die Homoeopathie-Luege
klassische Win-win-Situation: Die Alternativsparten bescheren den Verlagen zusätzliche Umsätze und den Anthroposophen, Homöopathen und Akupunktierern wissenschaftlich seriös wirkende Plattformen. So darf ein Artikel, der etwa in einer Springer-Zeitschrift erschienen ist, sich im Glanze des guten Namens sonnen, den der Verlag ansonsten genieÃt.
Unter den 81 deutschsprachigen Fachzeitschriften, die beispielsweise Springer herausgibt, finden sich auch die beiden Titel Chinesische Medizin und ProMed Komplementär . In Letzterer werden etwa zwei homöopathische Komplexmittel zur »wirksamen und völlig nebenwirkungsfreien« Behandlung von Gebärmutterhalskrebs angepriesen (Volume 17, Heft 4, 2010). Inzwischen ist die Zeitschrift in der österreichischen ÃrzteWoche Spezial â Komplementärmedizin aufgegangen.
Ein Springer-Autor ist uns bereits begegnet: Markus Wiesenauer. Sein Buch PhytoPraxis , inzwischen in der vierten Auflage erschienen, ist als Ratgeber für Ãrzte gedacht, deren Patienten nach etwas Pflanzlichem fragen. Das »hilfreiche Nachschlagewerk«, so die Kurzbeschreibung des Verlags, ermögliche »eine hochwirksame, risikoarme und kostengünstige Behandlung, die zugleich eine hohe Patientenzufriedenheit sicherstellt«. Im Vorwort zur ersten Auflage umschreibt Wiesenauer seinen pluralistischen Ansatz so: Er stelle zwar die »rationale Phytotherapie in den Mittelpunkt«, beziehe aber auch »Erfahrungswissen« mit ein. Etwas weiter unten im Vorwort wird er noch deutlicher: Der »eigentliche MaÃstab für eine gesicherte therapeutische Wirksamkeit« müsse »die kontinuierliche Evaluation am Patienten im Alltagsleben« sein. Mit anderen Worten: Wenn der Patient sagt »Herr Doktor, das hat mir geholfen«, dann hat es auch wirklich geholfen.
Wiesenauer ist nicht nur erfolgreicher Buchautor, wie in seinem Porträt auf der Verlagshomepage zu lesen ist: Er war auch langjähriges Kommissionsmitglied des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie Lehrbeauftragter an den Universitäten Ulm und Göttingen.
Des Geistes reine Lehre
Neben den Gemischtwarenläden wie Springer tummeln sich in der Verlagsbranche natürlich auch Häuser, die ausschlieÃlich auf glaubensmedizinische Produkte setzen. Zeitschriften aus diesen Verlagen haben für Autoren zwar den Nachteil, dass darin veröffentlichte Artikel wohl kaum die Medizinerlaufbahn an einer Universitätsklinik befördern dürften. Andererseits haben sie den Vorteil, dass nahezu jeder Beitrag gedruckt wird, auch wenn er noch so phantastische Ideen verbreitet. So befasst sich die Zeitschrift Co â med aus dem gleichnamigen Verlag, wie es in der Selbstdarstellung heiÃt, nicht nur mit der »traditionellen Naturheilkunde«, sondern auch mit »energetischen Regulationsverfahren« â und das kann so ziemlich alles sein.
Homöopathie belegt in Co â med eine ständige redaktionelle Rubrik. So berichtete im April-Heft 2012 die Homöopathin Rosina Sonnenschmidt über »Die 9 neuen Mineralsalze â Neue Wege der Immunstärkung (Teil 1)«. Die Autorin hat mit einer akademisch ausgebildeten Ãrztin, die auch Homöopathie anbietet, auÃer der Aufgeschlossenheit gegenüber den Lehren Hahnemanns nichts mehr gemein. Die nach eigenen Angaben in Musikethnologie, Indologie und Ãgyptologie promovierte Heilpraktikerin war 13 Jahre lang Schülerin einer Zen-Meisterin, hat sich drei Jahre lang in Kinesiologie, einer spekulativen Diagnose- und Heilslehre, die die Muskelspannung in den Mittelpunkt stellt, ausbilden lassen, beschäftigte sich mit »ganzheitlicher Vogelheilkunde«, absolvierte ein achtjähriges Privatstudium in Homöopathie, nahm teil an »Medial- und Heilerschulungen« zum Erlernen spirituellen Heilens bei diversen Lehrern, leitet seit 1994 zusammen mit einem Kollegen eine eigene »Medial- und Heilerschulung« und betreibt seit 1999 eine »Naturheilpraxis für Homöopathie«. Auch sie findet im homöopathischen Kosmos Anerkennung: Die »Kaiserliche Homöopathiegesellschaft Japans« ernannte sie im Jahr 2009 zum »Ehrenmitglied«.
Heiterkeit angesichts solch spirituell-homöopathischen Expertentums ist nicht angebracht. So finden sich in ihrer Publikationsliste zwischen Schriften wie »Radionischer Energietest« und »Der Mutteratem in der
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