Die Homoeopathie-Luege
Familienaufstellung« auch Werke wie »Homöopathisches Krebsrepertorium« und »Radioaktivität und Homöopathie«. Menschen wie Sonnenschmidt nehmen das Credo der Homöopathie, dass Unvereinbarkeit mit Naturgesetzen kein therapeutischer Hemmschuh sein darf, wörtlich und wagen sich auf Gebiete vor, in die ihnen etwa die Ãrzte des DZVhà wohl niemals folgen würden.
Sonnenschmidt ist kein Einzelfall. So bietet Co â med auch der Frankfurter Fachärztin für Allgemeinmedizin Juliane Sacher ein Forum, die seit Jahren ungestraft die Mär verbreitet, dass es den HI-Virus gar nicht gibt und er somit auch nicht die Ursache von AIDS sein kann. In ihrem Co â med -Beitrag »Die Förderung der körpereigenen Fähigkeit, Tumorzellen zu eliminieren« (08/07) wirbt sie für ein Pflanzenpräparat zur »begleitenden Behandlung von Tumoren«. So lässt sich in der Fachliteratur ohne Mühe eine Brücke schlagen von den hochwissenschaftlichen Fachverlagen bis hin zu den Verlegern von Esoterikpostillen, die ein Gedankengut verbreiten, für das sich Ãrzte schon vor Gericht verantworten mussten. Auf Homöopathie trifft man überall.
Ein Ort für kritische Literatur
Wer nach den wenigen homöopathiekritischen Büchern und Zeitschriften sucht, die es auch gibt, wird also in Buchhandlungen und Büchereien kaum fündig. Erfolg hat man vielmehr dort, wo man ihn nicht unbedingt erwarten würde: in der Bibliothek der Carstens-Stiftung, untergebracht in einem Nebengebäude des Knappschaftskrankenhauses Essen-Mitte. Die Bibliothek ist nach Eigenangaben »Europas gröÃte Fachbibliothek für Komplementärmedizin«. Sie beherbergt »mehr als 7500 Bücher, etwa 800 Dissertationen, über 180 Zeitschriftentitel sowie eine umfangreiche Sammlung wissenschaftlicher Artikel auf dem Gebiet der Komplementärmedizin«. Sie ist einer der wenigen Orte, an denen man nicht nur die positive Literatur zur Homöopathie, sondern auch kritische Werke studieren kann. Selbst die Vereinszeitschrift der GWUP, Der Skeptiker , wird hier archiviert.
Den gröÃten Medienbereich aber deckt nicht einmal die Bibliothek der Carstens-Stiftung ab: den der Romane und Spielfilme. Dabei beschränkt sich die Verbreitung der Homöopathie in den Medien keineswegs nur auf Sachbeiträge. Immer wenn beispielsweise in Fernsehserien und Filmen Ãrzte auftreten, gilt Homöopathie-Alarmstufe rot. Auch in den Fernsehpraxen gehört Pluralismus offenbar zum guten Ton. Ohne dass Ãrzte speziell als »alternativ« eingeführt werden würden, verschreiben sie Kügelchen so geläufig wie Aspirin. In der Vorabendidylle von »Unser Charly« etwa, in der Schimpanse Charly Woche für Woche vor ländlicher Heile-Welt-Kulisse Schabernack treiben darf, geht es in der Folge vom 05.05.2012 um einen Papagei, der seinen Partner verloren hat und nun einsam ist. Einen zweiten Papagei will der Besitzer aber partout nicht haben. Darauf die sympathische Ãrztin: »Da fällt mir nur ein homöopathisches Mittel ein, das ich verschreiben könnte.«
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Es lebe die Ratio:
3x10 Hilfestellungen
In den neun zurückliegenden Kapiteln haben wir zunächst begründet, warum Homöopathie eine Frage des Glaubens ist. Wir haben auÃerdem dargelegt, wie sehr die 200 Jahre alte Heilslehre heute mehr denn je alle Bereiche des Gesundheitswesens durchdringt. »So gefährlich ist die Lehre von den weiÃen Kügelchen«, heiÃt es im Untertitel unseres Buches. Wir meinen damit, dass die Homöopathie vor allem unser wissenschaftlich-rationales Denken und Handeln untergräbt und als Einfallstor für irrationale Ansichten dienen kann. Denn wenn man spezifische Wirkungen der Homöopathika, obwohl unmöglich, für möglich hält, verliert man die verlässlichen Kriterien, die uns die Naturgesetze, die Mathematik und die Logik vorgeben â wir verlieren damit die einzige allgemeingültige und objektive Entscheidungsgrundlage. Wir müssen uns stattdessen auf subjektive Kriterien verlassen, auf unser Gefühl, auf das Hörensagen, auf unsere Erfahrung. Und damit werden wir manipulierbar: Wer an Homöopathie glaubt, kann kein übersinnliches Phänomen, keinen faulen Zauber, kein rhetorisches Blendwerk und keine Verschwörungstheorie argumentativ entkräften, weil er nicht sagen kann, warum die Homöopathie
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