Die Homoeopathie-Luege
positive Ergebnisse, dann geht im allgemeinen Jubel der Homöopathen-Gemeinde völlig unter, dass allein den Gesetzen der Statistik zufolge ab und an ein positives Ergebnis zu erwarten ist und die Studien aufgrund ihrer schlechten Qualität nur eine geringe Aussagekraft besitzen. Hinzu kommt: Die vermeintlich belegten Wirksamkeiten sind oft nur marginal und lassen sich in ähnlichen Studien nicht reproduzieren.
Fehlende Selbstkontrollen
So funktioniert die »wissenschaftliche« Welt der Homöopathie nach dem einfachen Schema: negative Ergebnisse ausblenden, positive hochjubeln. Fairerweise muss man dazusagen, dass auch die medizinische Welt so vorgeht â nur dass es Pharmafirmen, die vor Zulassungsbehörden und Konkurrenten bestehen wollen, und Ãrzten, die innerhalb ihrer Zunft um wissenschaftliche Anerkennung ringen, ungleich schwerer gemacht wird, Studienergebnisse selektiv und unsauber zu interpretieren. Darüber wachen interne Kontrollinstitutionen der evidenzbasierten Medizin wie etwa das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), das Cochrane Zentrum, das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) sowie viele andere öffentliche und private Einrichtungen, die Fehlverhalten monieren und teilweise auch öffentlich machen.
In der Welt der Homöopathie sucht man solche Kontrollinstanzen, die die Wirksamkeit homöopathischer Arzneien streng nach den Regeln der evidenzbasierten Medizin hinterfragen, vergeblich. Das erlauben spezielle Gesetze, die in Kapitel 7 noch genauer besprochen werden. Der andauernde selektive und unsaubere Umgang mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien hat zur Folge, dass die Frage nach der Wirksamkeit homöopathischer Arzneien vielen inzwischen als beantwortet gilt: Schon 1994 hielt das »European Committee for Homoeopathy« in einem Bericht fest, dass sich die »schlüssigen Beweise für die Effektivität der Homöopathie« häuften. Im Jahresprogramm 2012 des DZVhà wird zwar selbstkritisch angemerkt, dass es »negative Evidenzen« bei Kopfschmerzen gibt, um jedoch ein paar Seiten weiter zu verkünden: »Sorgfältig ausgewählte homöopathische Arzneien heilen schnell, sanft, sicher, ohne gravierende Nebenwirkungen, und dauerhaft auch schwere akute und chronische Erkrankungen.« Auch populäre Meinungsbildner der Ãrzteschaft behandeln die Heilkraft der Kügelchen als Tatsache: »Es gibt ernst zu nehmende Studien, die eine Wirksamkeit von Homöopathika belegen â obwohl niemand weiÃ, warum! Auch hier gilt für mich: Wer heilt, hat recht!«, schreibt etwa der in Buchhandlungen omnipräsente Radiologe Dietrich Grönemeyer in seinem Neuen Hausbuch der Gesundheit (Rowohlt, 2008).
Wie konnte es so weit kommen, dass sich in der medizinischen Wissenschaft der Glaube an geistartige Kräfte eingenistet hat â und man sich damit offenbar ausgesprochen wohlfühlt? Die Frage ist auch deshalb berechtigt, weil sich andere Disziplinen längst von ihrem esoterischen Ballast befreit haben: Die Astronomie hat die Astrologie auf die Horoskopseiten der Illustrierten verbannt, die Chemie versteht die Alchemie, die niedere Elemente in Gold verwandeln will, bloà noch als historische Wurzel, und die Physik hat das Perpetuum mobile längst als Ding der Unmöglichkeit entlarvt. Anders in der Medizin: Während auf der einen Seite die evidenzbasierte Medizin Selbsttäuschungen vermeiden und Irrtümer entlarven hilft und so die Gesundheitsversorgung auf ein immer solideres Fundament stellt, greift auf der anderen Seite esoterisches Gedankengut um sich.
Die Offenheit der Wissenschaft
Sucht man nach den Gründen für diese Entwicklung, kommt man um die bittere Erkenntnis nicht herum, dass der Sturm auf die Wissenschaft auf keine groÃen Widerstände stieÃ, im Gegenteil: Die akademische Welt hat ihre Tore bereitwillig und aus freie Stücken geöffnet. Statt es der Astronomie, Physik und Chemie gleichzutun und esoterische Strömungen geschlossen und kategorisch abzulehnen, gehören heute Kurse in Homöopathie mancherorts zur Medizinerausbildung und forschen Professoren auf komplementärmedizinischen Lehrstühlen â wohl auch, weil viele Mediziner die Homöopathie nicht als Ballast, sondern sogar als Bereicherung in der Patientenversorgung empfinden.
Paradoxerweise ist die
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