Die Homoeopathie-Luege
Art« â die Zeitschrift hatte in einem Kommentar angemerkt, dass die Zeit für weitere Forschungsförderung nun »abgelaufen« sei.
Hauptsache weiter forschen
Auch wenn die Arbeit von Linde und Jonas mit ihrer Rumpfbotschaft »Homöopathie wirkt!« inzwischen in Stein gemeiÃelt zu sein scheint, fahren Vordenker der Homöopathie-Forschung eine etwas subtilere Strategie. Rainer Lüdtke, ehemals bei der Karl und Veronica Carstens-Stiftung zuständig für Biometrie und Wissenschaftstransfer, zitiert im Jahresprogramm 2012 des DZVhà die Arbeit von Shang und Egger in einer »Studienübersicht« offensiv und korrekt. Er stellt aber andere, weit weniger aussagekräftige Studien, die eine Wirksamkeit und sogar eine Ebenbürtigkeit von Homöopathie und Allopathie gezeigt hätten, als gleichberechtigt daneben. Ebenso stellt er Erkrankungen, bei denen homöopathische Arzneien laut Studienlage nicht wirkten, solchen gegenüber, bei denen homöopathische Arzneien sehr wohl zum Erfolg geführt hätten. Auch im Fazit argumentiert er nach dem Motto: Die einen sagen so, die anderen so. Indem Lüdtke kritische Studien unumwunden zugibt, erscheint er glaubwürdig, was dann auch seinen Aussagen über die vermeintlichen Wirksamkeitsbelege mehr Glaubwürdigkeit verleiht.
Eine äuÃerst geschickte und erfolgreiche Strategie: Denn während andere alternative Verfahren wie Geistheilen im kollektiven Bewusstsein unter Esoterik abgespeichert und von »seriösen« Ãrzten mit spitzen Fingern an die Heilpraktiker durchgereicht werden, genieÃt die Homöopathie weiterhin Anerkennung in der Wissenschaft. Die Folge: »Homöopathie« wird in den Medien ständig im Zusammenhang mit »Professor« und »Universität« genannt und findet sich in Ratgebern und Magazinen stets im Premiumsegment der alternativen Heilmethoden. Das erlaubt es Medizinern, dem Wunsch ihrer Patienten nach »sanftem Heilen« mit seiner Mystik und seinem Klimbim nachzugeben, ohne das Schmuddelimage eines Quacksalbers befürchten zu müssen. So bleibt die Homöopathie â im wahrsten Wortsinn â in aller Munde, und der Markt, der um die Marke Homöopathie im Lauf der Jahrzehnte entstanden ist, prosperiert.
Widerstand gegen Paramedizin
Kaum einer in der Wissenschaft begehrt öffentlich dagegen auf. Das war nicht immer so. Vor allem in den Jahren 1992 und 1993 wehrten sich Wissenschaftler gegen die Ãbergriffe der Homöopathie: So stemmten sich die Mitglieder der Medizinischen Fakultät der Universität Marburg gegen Pläne, die Homöopathie in das Medizinstudium einzuführen. In ihrer legendären »Marburger Erklärung zur Homöopathie«, die mit 16 Jastimmen, drei Enthaltungen und ohne Gegenstimme angenommen wurde, heiÃt es: »Der Fachbereich Humanmedizin der Philipps-Universität Marburg verwirft die Homöopathie als eine Irrlehre. Nur als solche kann sie Gegenstand der Lehre sein. ⦠Ihr Wirkprinzip ist Täuschung des Patienten, verstärkt durch Selbsttäuschung des Behandlers. ⦠Wir behaupten keineswegs, dass die von uns vertretene Wissenschaft alles erforschen und erklären kann; wohl aber versetzt sie uns in die Lage zu erklären, dass die Homöopathie nichts erklären kann. ⦠Wenn unsere Universität sich dazu zwingen lieÃe, den Lehrgegenstand âºHomöopathieâ¹ in neutralem Sinne anzubieten, würde sie ihren Auftrag verraten und ihre geistige Grundlage zerstören.«
Ferner unterschrieben 43 Ãrzte sowie Vertreter anderer naturwissenschaftlicher Disziplinen eine vom Berliner Professor für Gerichtsmedizin Otto Prokop und dem Züricher Pharmakologie-Professor Wolfgang Hopff formulierte Erklärung, in der die Homöopathie als »Schildbürgerstreich« bezeichnet wurde. Nicht ganz so pointiert bezog der Beirat der Bundesärztekammer Stellung: Es sei nicht gelungen, »unter Anwendung international anerkannter wissenschaftlicher Prüfverfahren den Nachweis zu erbringen, dass sich homöopathische Arzneimittel zur sachgerechten Therapie organischer Krankheitsbilder eignen«.
Danach aber ebbte der Widerstand ab. Heute sind es vor allem die engagierten und ein wenig einsamen Streiter der GWUP, der »Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaften«, die unverdrossen gegen die Alternativmedizin anrennen. So werden die
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