Die Homoeopathie-Luege
Mitglieder der GWUP in ihrer Zeitschrift Skeptiker , in ihrem GWUP-Blog, auf Tagungen und bei Aktionen nicht müde, die Homöopathie rundweg als Humbug und Hokuspokus zu bezeichnen. Entsprechend ablehnend steht die Skeptiker-Gemeinde der Homöopathie-Forschung gegenüber. Der GWUP-Vorsitzende Amardeo Sarma vergleicht sie »mit der Frage, wie viele Engel auf eine Messerspitze passen«.
Viel Spaà hatte die Skeptiker-Gemeinde vor einiger Zeit, als Mitglieder in mehr als 20 Ländern eine homöopathische Arzneimittelprüfung der brachialen Art durchführten. In der Aktion »10:23« schluckten sie in der Ãffentlichkeit Unmengen von Kügelchen in der Potenz D23, in der kein Wirkmolekül mehr zu erwarten ist. Da nach der homöopathischen Lehre im Gesunden schon wenige Kügelchen heftige Reaktionen auslösen, hätten die Skeptiker reihenweise tot umfallen müssen â es sollen aber alle überlebt haben. Die Homöopathen reagierten verschnupft. Ihr Vorwurf: Die Skeptiker-Aktion sei in höchstem MaÃe unwissenschaftlich.
Bei den Gralshütern der Evidenz
Unterstützung in ihrem Bemühen, die Diskussion offenzuhalten, bekommt die Homöopathie hingegen nicht nur von einzelnen Forschern wie Linde und Jonas, sondern auch von einer Institution, die als eine der strengsten Hüterinnen der evidenzbasierten Medizin gilt: der Cochrane Collaboration, die in ihren sogenannten Cochrane Reviews medizinische Verfahren bewertet. Die Cochrane Collaboration, die auf Archie Cochrane, einen der Pioniere der evidenzbasierten Medizin, zurückgeht, ist eine mittlerweile weltweit agierende Institution, die mit ihrer strengen Methodik beim Analysieren hochwertiger wissenschaftlicher Studien zum Sinnbild für das Streben nach der medizinischen Wahrheit geworden ist. Wenn einer der inzwischen über 4600 Cochrane Reviews den Nutzen eines Verfahrens bescheinigt, kommt das einem Ritterschlag gleich.
In fünf Cochrane Reviews werden Studien zum Einsatz der Homöopathie analysiert, und zwar gegen chronisches Asthma, Demenz, Aufmerksamkeitsschwächen, die Nebenwirkungen von Krebsbehandlungen und für das Auslösen von Wehen. Unter dem Strich kommt die Homöopathie bei der Cochrane Collaboration denkbar günstig weg: Zunächst dürfen die Anhänger der Homöopathie es bereits als Zugeständnis an eine mögliche Wirksamkeit werten, dass die Cochrane Collaboration sich der Lehre Hahnemanns überhaupt annimmt. Was noch besser ist: Der Review zur Krebstherapie findet sogar positive Effekte. Für eine homöopathische Ringelblumen-Creme gegen Hautentzündungen sowie für eine Mundspülung des Komplexmittels »Traumeel S« gegen Mundentzündung gebe es »vorläufige Daten, die die Effektivität unterstützen«. Vielleicht nicht uninteressant in diesem Zusammenhang ist der alternativmedizinische Hintergrund aller Reviewer: Sie stammen vom Royal London Homoeopathic Hospital, der British Medical Acupuncture Society und dem Royal London Hospital for Integrated Medicine, und ein Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift Complementary Therapies in Medicine . Und selbst in den Reviews, die keine Effekte finden, ist teilweise nur von »gegenwärtig wenig Belegen« die Rede, was man im Umkehrschluss so verstehen kann, dass es jetzt immerhin ein paar Belege gibt und später vielleicht noch mehr. An keiner Stelle heiÃt es, die Wirkung homöopathischer Arzneien sei unmöglich. Und vor allem: Jeder Review fordert weitere Forschungen.
Der Leiter des Deutschen Cochrane Zentrums Gerd Antes sieht die spezifische Wirksamkeit homöopathischer Arzneien auf einer Skala von 0 wie »unmöglich« bis 100 wie »sicher« klar bei 0. Trotzdem gibt es für ihn keine Alternative zum Vorgehen der Cochrane Collaboration und zu den Prinzipien der EbM, da man prinzipiell nie völlig ausschlieÃen könne, dass morgen ein neues Naturgesetz entdeckt wird, das die alten hinfällig macht. Antes: »Man kann die Homöopathie nicht als Sonderfall behandeln und nur für sie das gesamte empirische Grundgerüst auÃer Kraft setzen.«
Wenn Homöopathen Arbeiten wie die Cochrane Reviews über- oder missinterpretieren, sei das zwar bedauerlich, so Antes. Man könne jedoch dagegen angehen und auf entsprechende Gedankenfehler oder Schwächen der Studien hinweisen. Obwohl Antes Studien zur Wirksamkeit der Homöopathie nicht
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