Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
zu springen – schienen von der finsteren Tiefe beeindruckt zu sein.
Von einer Tiefe, wie sie unter dem weichen Boden von Ymmeth Thewl eigentlich gar nicht existieren konnte. Aber Gork hatte in letzter Zeit so viel Magisches erlebt, dass er die Naturgesetze inzwischen für nicht mehr hielt als einen gut gemeinten Rat.
»Ich glaube, dies wäre ein wirklich guter Zeitpunkt für eine Erklärung«, schlug Fezeill vor. Alle sahen Josiah erwartungsvoll an. Doch der ließ sich Zeit mit der Antwort. Zunächst sah er sich hingerissen um, und einige Tränen des Staunens rannen ihm über die Wangen.
»Symbolik«, sagte er schließlich und wiederholte damit ein Wort, das Königin Anne benutzt hatte. »Sowohl sakrale als auch mystische. Die vier Elemente, die vier Winde, die vier Jahreszeiten. Erde, Sonne, Mond und Sterne. Kindheit, das Erwachsensein, Alter und Tod. Der größte Teil der druidischen Ikonografie ist kreisförmig, aber in den wichtigsten, heiligsten Mustern erscheint die Vier. Oh, ich hätte nie zu hoffen gewagt, dies zu sehen …«
»Na schön, Symbolik«, brummte Cræosh ungeduldig. »Wunderbar. Aber dies alles …« Er vollführte eine vage Geste, als sei den anderen nicht klar, was er meinte. »… scheint mir ein bisschen übertrieben zu sein.«
»Dies war das Zentrum einer der größten Druidensekten«, schnaubte Josiah und richtete sich stolz auf. »Für einen solchen Schrein kommt nichts Geringeres als Herrlichkeit infrage!«
»Was ist falsch an Gold auf einem schlichten Altar?«, klagte Gork. »Ich mag Gold auf einem schlichten Altar …«
»Hier befindet sich irgendwo der verborgene Zugang zur Bibliothek der Alten«, sagte der Druide. »Wir müssen ihn nur finden.«
Es dauerte nicht lange, denn der Laufsteg war nicht völlig leer. An jeder seiner vier Ecken gab es eine frei stehende Tür, hinter der sich jedoch nichts befand, von der schwarzen Tiefe einmal abgesehen.
»Allmählich reicht’s mir«, grollte Gork in einem Ton, der sich nicht sehr von dem des Orks unterschied.
»Die alten Druiden müssen krank im Kopf gewesen sein«, wandte sich Cræosh an Josiah. »Diese ganze Sache kann nur das Ergebnis eines richtig schrägen Sinns für Humor sein. Haben sie ihre heiligen Symbole vielleicht geraucht ?«
Der Akolyth lächelte nur. »Es ist noch viel wundervoller, als ich es mir vorgestellt habe!«, flüsterte er.
»Wie bitte?«, fragte der Ork.
»Ja, finde ich auch: Wie bitte?«, fügte Gork hinzu.
»Öffnet die Tür«, sagte Josiah.
»Äh, hallo? Jemand zu Hause?« Cræosh klopfte dem Druiden an die Stirn. »Da ist nichts hinter der Tür, Mensch! Das sehe ich, ohne das verdammte Ding zu öffnen!«
Josiah blieb unbeeindruckt. »Öffnet die Tür«, wiederholte er.
Gork und Cræosh glotzten.
»Welche?«, fragte Gimmol schüchtern.
»Ich schätze, das spielt keine Rolle. Vierer-Muster, erinnert ihr euch? Vermutlich führen alle Türen zum selben Ort.«
Gork und Cræosh glotzten auch weiterhin. Katim hatte es schließlich satt, stapfte zur Tür und riss sie weit auf. Sofort verschwanden die Türen in den anderen drei Ecken des Laufstegs.
»Natürlich«, sagte Katim und schaute durch die Tür, die sie geöffnet hatte. Dahinter erstreckte sich ein Flur, ausgelegt mit einem braunen Teppich und nur wenige Meter lang. In einer Nische in der rechten Wand stand eine Statue, eine kleinere Ausgabe derjenigen, die sie oben zertrümmert hatten. Der Flur endete an einer weiteren Tür mit der geschnitzten Darstellung eines großen Baums.
Langsam, die Hand am Griff des Schwerts, näherte sich der Ork, blieb dicht vor der Tür stehen und beobachtete den kurzen Flur. Dann drehte er den Kopf und sah an der Tür vorbei in die finstere Tiefe.
»Habe ich schon darauf hingewiesen, wie sehr ich Magie inzwischen hasse?«, fragte er.
Katim klopfte ihm auf die Schulter, wartete, bis er zur Seite getreten war, und schwang ihre Chirrusk . Sie schnüffelte, suchte mit allen Sinnen nach Hinweisen auf Täuschung und warf das mit dem Haken ausgestattete Ende der Kette in den Gang. Es landete mit einem dumpfen Pochen auf dem dicken Teppich. Langsam zog sie die Chirrusk zurück, wobei der Haken eine tiefe Furche in der groben Wolle und der dicken Staubschicht darauf hinterließ.
»Der Boden scheint real genug zu sein«, sagte sie.
»Es sei denn, deine Kette ist in Wirklichkeit in die Tiefe gefallen«, erwiderte Gork. »Vielleicht hat uns ein Trugbild vorgegaukelt, dass der Haken auf dem Boden liegen geblieben
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