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Die Horde - Die Schlacht von Morthûl

Die Horde - Die Schlacht von Morthûl

Titel: Die Horde - Die Schlacht von Morthûl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ari Marmell
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ist.«
    Der Druide schuf Gewissheit, indem er einfach in den Gang trat. »Kommt ihr?«, rief er über die Schulter. »Dies muss die Bibliothek sein! Wenn Emmet noch lebt, befindet er sich bestimmt an diesem Ort!«
    Die Korps-Mitglieder folgten ihm argwöhnisch, eins nach dem anderen, gingen sehr leichtfüßig und sahen sich immer wieder misstrauisch um. Trotz der Tatsache, dass es nicht an Staub mangelte und seit Jahrhunderten niemand diesen Gang benutzt hatte (mit Ausnahme vielleicht vom verrückten Emmet), gab es keinen Schimmel an den Wänden, und es roch auch nicht nach Moder. Der Korridor war geruchlos und ohne Alter.
    »Immer wachsam bleiben, Jungs und Hündin«, sagte Cræosh, als sie die zweite Tür erreichten. »Zur Seite, Kurzer.« Der Ork hob ein Bein und gab der Tür einen Tritt, auf den ein Streitross stolz gewesen wäre.
    Holz knackte und knirschte, und das Portal schwang auf. Cræosh sprang sofort nach vorn, die Hand am Griff des Schwerts und dichtauf gefolgt von Katim. Die anderen schlossen sich ihnen an. Was sie sahen, beeindruckte sogar die unter ihnen, die kaum lesen konnten.
    »Viele Bücher«, sagte Jhurpess kurz und bündig.
    »Donnerwetter. Ich wusste gar nicht, dass du bis ›viele‹ zählen kannst, Naturbursche.«
    Kugeln schwebten unter der Decke, leuchteten ohne sichtbares Feuer und erfüllten den Raum mit fast schmerzhaft hellem weißem Licht. Wände voller Bücherregale, doppelt so hoch wie die Trollin, erstreckten sich Dutzende von Metern weit. Ein enormer Hartholztisch reichte fast durch die ganze Länge des Raums, und auch er wies Regale auf.
    Alle Regale waren bis zum Bersten gefüllt: Bücher in Leder oder Holz gebunden, manche aufs Geratewohl zusammengenäht oder zwischen zwei Deckel gestopft, einige klein wie die Handspanne eines Menschen, andere große wie ein schwerer Schild, geschrieben in mehr Sprachen, als dem Korps jemals zu Ohren gekommen waren. Cræosh hätte nie gedacht, dass es in ganz Kirol Syrreth und den Verbündeten Königreichen zusammen so viele Bücher gab.
    Gimmol quiekte glücklich und lief zu den nächsten Regalen. Die anderen, von all den Büchern weniger beeindruckt, blieben geistesgegenwärtig genug zu bemerken – obwohl es ein wenig länger dauerte als sonst –, dass sie in der großen Bibliothek nicht allein waren. Am anderen Ende des kolossal langen Tisches saß ein älterer Mann, in ein Gewand gehüllt, das dem Josiahs ähnelte. Sein Haar sah aus, als wäre es einmal ein Vogelnest gewesen, und Wangen und Kinn schienen seit Wochen kein Rasiermesser gesehen zu haben. Zitternd saß er da, in den blutleeren Händen ein kleines Objekt aus Holz, dem seine gemurmelten Worte galten.
    Er sah die Neuankömmlinge im gleichen Moment, in dem sie ihn bemerkten, woraufhin er aufstand und lauter und mit mehr Nachdruck zu sprechen begann. Es klang nach dem Beginn eines Zaubers.
    »Wenn er nicht sofort aufhört«, wandte sich der Ork an Josiah, »stopfen wir ihm das Maul.«
    Der junge Akolyth näherte sich dem älteren Druiden und streckte ihm wie flehend die Hand entgegen. »Emmet!«, rief er. »Ich bin’s, Emmet!«
    Der andere Druide schien ihn nicht zu hören.
    »Wir haben dich gesucht, Emmet«, fuhr Josiah fort und ging langsam am Tisch entlang. »Ich habe dich gesucht, und ohne die Hilfe dieser freundlichen Leute hätte ich dich nicht finden können.« Er lächelte, aber sein Lächeln war zu breit und wirkte viel zu gekünstelt. »War es nicht nett von ihnen, mir dabei zu helfen, dich zu finden? Du solltest dich bei diesen Leuten bedanken, Emmet.«
    Cræoshs Nackenhaare richteten sich auf, als er plötzlich das sehr deutliche Gefühl bekam: Hier ging etwas ganz und gar nicht mit rechten Dingen zu.
    »Was machst du da, Josiah?«, rief Gork, der hinter Cræosh stand.
    Der Akolyth achtete nicht auf ihn. »Und jetzt, da wir dich gefunden haben, Emmet, musst du gehen. Leb wohl, Emmet.«
    Ein seltsames Geräusch ertönte, wie von langsam zerreißendem nassem Pergament, und karmesinroter Staub rieselte, als sich die ausgestreckte Hand des jungen Druiden plötzlich öffnete. Eine hölzerne Ranke kam aus ihr hervor, von Blättern besetzt. Sie schlug Emmet mitten ins Gesicht, als er sich abwenden wollte, zerfetzte Haut, zerschmetterte Knochen und durchdrang den Kopf des älteren Mannes. Selbst dann kam die Ranke, inzwischen voller Blut und Schleim, nicht zur Ruhe, zuckte zur gegenüberliegenden Wand und verharrte erst, als sie sich dort in ein Bücherregal gebohrt

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