Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
aus einem nahen Wäldchen, und allein die Pferde bewahrten sie davor, durchbohrt zu werden. Von Jahren des Kampfes feingeschliffene Reflexe – beziehungsweise von jahrelanger konstruktiver Feigheit, wie bei Gork – sorgten dafür, dass sie aus den Sätteln sprangen und hinter ihren Rössern in Deckung gingen. Und so fingen sich die armen Tiere die Pfeile ein, wieherten schmerzerfüllt, fielen und traten im Todeskampf.
Als der zweite Pfeilschwarm den Himmel verdunkelte, kamen die Korps-Soldaten hinter den toten oder sterbenden Tieren zum Vorschein und stürmten los, gefolgt von den anderen Soldaten der Kolonne. Die Angreifer ließen ihre Bögen fallen und traten ihnen entgegen.
Sie trugen weder Uniformen noch irgendwelche Insignien, aber Cræosh hielt es für offensichtlich, dass es Dororams Männer waren. Es war ein gezielter Angriff auf die Kolonne; Dororams Leute mussten gewusst haben, wann und so sie unterwegs sein würde.
Jemand hatte General Falchions Reiseroute verraten.
Falchion höchstpersönlich führte den Gegenangriff an und schlug wild mit seinem krummen Schwert um sich. Er achtete überhaupt nicht auf die Gefahr, der er sich aussetzte, steckte Schläge ein, die einen anderen Mann mit gebrochenen Knochen zu Boden geschickt hätten. Doch Falchion zögerte nicht ein einziges Mal, wurde nicht langsamer, ließ sich von nichts aufhalten.
Schließlich gewannen sie, mussten für den Sieg aber einen hohen Preis bezahlen. Abgesehen vom Dämonen-Korps und dem General hatte die Kolonne aus sechzig Männern bestanden. Als der letzte Angreifer fiel, standen nur noch acht von diesen sechzig, und nur sieben von den am Boden liegenden Soldaten konnten gerettet werden. Die Angreifer hatten perfekt geplant – die Hälfte von Falchions Männern war dem ersten Pfeilhagel zum Opfer gefallen.
Jetzt lehnte Cræosh am Karren mit den Vorräten und blickte übers Schlachtfeld. Das Korps hatte den Kampf mehr oder weniger unversehrt überstanden. Sollen sie über uns sagen, was sie wollen, wir sind auf jeden Fall ein verdammt zäher Haufen. Er fühlte tatsächlich so etwas wie Stolz.
Einige Dutzend Meter entfernt wanderte Gork von Leiche zu Leiche und plünderte nach Herzenslust. Er nahm nur kleine Gegenstände, die niemand vermissen würde, größtenteils Geld und Schmuck, und er machte keinen Unterschied zwischen Freund und Feind. Dies war der schöne Teil eines jeden Kampfes, und der Kobold summte leise vor sich hin.
Bis ihn eine Hand von den Beinen riss und gegen den nächsten Baum warf. Ihm blieb die Luft weg, sein Kopf dröhnte, und gestohlene Schätze fielen aus den erschlaffenden Händen. Gork schaute hoch und erkannte drei Trolle, die sich als Silhouetten vor der Mittagssonne abzeichneten. Er blinzelte und versuchte, beide Augen gerade auszurichten, woraufhin aus drei Katims eine wurde.
»Was fällt dir ein?«, stieß Gork hervor und verzog das Gesicht, als die eigene Stimme des Dröhnen in seinem Kopf noch verstärkte.
Katim bückte sich und brachte ihr Gesicht ganz dicht an das des Kobolds heran. Am liebsten wäre Gork vor ihrem stinkenden Atem zurückgewichen. »Glaubst du nicht … dass es langsam … reicht?«
Gork drängte den Schmerz beiseite und gab sich unschuldig. »Wovon redest du da?«
Die Trollin knurrte, und Gork zuckte zusammen, wodurch sein Kopf erneut gegen den Baum stieß. »Spiel mir nicht den Dummen, kleiner … Dieb. Du weißt genau … wovon ich rede.«
»Es ist reiner Zufall«, behauptete Gork.
»Du hast ihnen von den … Patrouillen erzählt. Von den Patrouillen … die später angegriffen wurden.«
»Ich habe nur erwähnt, dass ich gehört hätte, sie wären hier irgendwo unterwegs. Vom Wo und Wann wusste ich nichts. Wie also hätte ich ›ihnen‹ das sagen sollen?«
»Sobald er wusste … wonach es Ausschau zu halten gilt … kann es nicht mehr so schwer gewesen sein … die Patrouillen zu finden.«
»Zufall«, betonte Gork noch einmal.
»Viermal?«
Gork wandte den Blick ab.
»Und was ist mit dem Kampf … der hier gerade stattgefunden hat?«
»Dororams Männer haben einfach nur die Gelegenheit genutzt, Soldaten des Leichenkönigs anzugreifen«, protestierte Gork, aber es klang selbst für seine eigenen Ohren lahm.
»Sie griffen an … weil sie wussten … dass diese Kolonne von General Falchion höchstpersönlich angeführt wurde. Menschen … sind nicht so dumm oder fanatisch … dass sie ihr Leben wegwerfen … nur um irgendeine feindliche Kolonne anzugreifen.«
Gork
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