Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Horde - Die Schlacht von Morthûl

Die Horde - Die Schlacht von Morthûl

Titel: Die Horde - Die Schlacht von Morthûl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ari Marmell
Vom Netzwerk:
überzeugen, dass es Zeit wurde, sich auf den Weg zu machen …
    Daran dachte er, als er dem geschäftigen Treiben des Marktplatzes den Rücken kehrte und zwischen den beiden Wachtürmen hindurchschlenderte, die das südliche Tor flankierten. Er fühlte die verächtlichen Blicke der Wächter, machte sich aber nichts daraus, denn er wusste: Wie viel Hohn und Spott die Menschen auch für ihn übrig hatten, er konnte alles zehnfach zurückgeben und hätte noch genug Verachtung übrig gehabt, um einen Greif zu erwürgen.
    Das Lager von Hrarks Clan befand sich etwa zehn Meilen westlich der Stadt, und während des langen Marsches lenkte sich Gork ab, indem er an all die Gründe dachte, warum Menschen weniger wert waren als Hundescheiße. Das hielt ihn auf recht angenehme Weise beschäftigt, als er Meile um Meile zurücklegte, bis er schließlich in Sichtweite des Lagers kam. Daraufhin schob Gork alle ablenkenden Gedanken beiseite und hielt Ausschau.
    Vor vielen Jahren, Schneestürmen und Blitzen war es ein kraftvoller Baum gewesen, voll grüner Blätter, die sich im Wind wiegten. Jetzt sah er aus wie eine hässliche tote Klaue, die sich den Wolken entgegenstreckte und um Erlösung flehte. Vielleicht bot er diesen Anblick schon seit Jahrhunderten und war zu einem festen Bestandteil der Landschaft geworden, wie die Schwefelberge im Süden und Osten. Deshalb hatte Hrark genau diesen Ort gewählt. Der tote Baum machte es leichter, das Lager zu finden. Viele Kobolde waren daran gewöhnt, in unterirdischer Dunkelheit zurechtzukommen, und das Leben an der Oberfläche fanden sie verwirrend und desorientierend.
    Gork hatte nie ein Problem damit gehabt, aber jetzt war er ein wenig beunruhigt, denn er sah fünf große Pferde am Stamm des toten Baums festgebunden. Kobolde ritten keine Pferde. Die Größenverhältnisse sorgten dafür, dass es oft unbequem war, in manchen Fällen sogar unmöglich.
    Gork duckte sich und kroch ganz langsam am Rand des Lagers entlang. Hier schob er sich hinter ein bisschen Gestrüpp, dort nahm ihn ein Schatten auf. Was auch immer auf dem Boden lag – Steine, Zweige, Reste von Büschen und Sträuchern –, für Gork hätte es genauso gut ein dicker Teppich sein können, denn er verursachte nicht das geringste Geräusch. Als er schließlich so nahe herangekommen war, dass er hören konnte, was in der Mitte des Lagers geschah, ließ er sich hinter einem geeigneten Strauch nieder und beobachtete. Seine Finger strichen wie von ganz allein über den Griff des Kah-rahahk -Dolches: eine schreckliche Waffe, mit gezackter Klinge und Spitzen auch an der Seite.
    Hrark, Patriarch des Clans und vielseitiger Mistkerl, stand fünf von Morthûls menschlichen Söldnern gegenüber. Seine Haut hatte einen leicht bläulichen Ton, wodurch er härter wirkte als die anderen Kobolde. Die Menschen überragten das kleine Geschöpf und wirkten in ihrem schwarzen Leder sehr gefährlich. Der Mann in der Mitte, ein weißhaariger Veteran mit einer langen, blitzförmigen Narbe am linken Arm, hatte das Gebaren eines Anführers, doch derzeit schien er sich darauf zu beschränken, moralische Unterstützung zu gewähren. Der Mensch, der das Sprechen – beziehungsweise Schreien – erledigte und sofort Gorks Aufmerksamkeit auf sich zog, war viel jünger, und seine schlechte Laune verdankte er vielleicht dem Umstand, dass er vor kurzer Zeit einen Finger verloren hatte.
    »… gehört mir!«, hörte Gork ihn rufen, als er sich schließlich auf die Stimmen konzentrierte. »Der kleine Mistkerl hat ihn genommen, und ich will ihn zurück, zum Teufel! Hast du kapiert, du kleiner Hurensohn?«
    Hrark sah hoch und schielte über das Ende seiner langen Nase hinweg. »Zuerst einmal, du großer Scheißhaufen, was schreist du mich so an? Ich höre besser als du mit deinen blöden kleinen Arschdingern, die du ›Ohren‹ nennst.« Die Ohren des Patriarchen – sie waren groß und dreieckig, erinnerten vage an die Ohren eines Hundes – richteten sich bei diesen Worten auf, als wollten sie ihnen Nachdruck verleihen. »Außerdem würde ich gern seinen Teil der Geschichte hören, bevor ich eine Entscheidung treffe. Das ist doch vernünftig, oder?«
    »Ich pfeife auf Vernunft!«, rief der Mensch, und er versuchte nicht einmal, seine Stimme zu senken. Zornig hielt er dem Kobold seine verbundene Hand vors Gesicht. »Siehst du das hier? Ich habe einen Finger an den kleinen Scheißkerl verloren! Zum Teufel mit der Vernunft, er soll dafür büßen!« Die andere

Weitere Kostenlose Bücher