Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
Vier- oder fünfmal mussten sie sich in einem Wald oder in einer kleinen Schlucht vor Spähern des Heeres verbergen. Einmal blieb ihnen nichts anderes übrig, als einen einzelnen Kundschafter zu töten, der zufälligerweise auf sie stieß, beziehungsweise über sie stolperte, besser gesagt: über Gork, im Dunkeln. Sie begruben den Leichnam, glätteten das Grab, so gut es ging, und marschierten sofort weiter, um ein ganzes Stück entfernt zu sein, wenn der Mann vermisst wurde.
Tagsüber schliefen sie, nervös und unruhig, meistens nicht länger als einige wenige Stunden. Sie wurden immer gereizter, und nach einer Weile lagen bei einigen von ihnen die Nerven so richtig blank.
Belrotha war natürlich besonders schlimm dran. Sie wich nie von Gimmols Seite, hielt den Blick fast immer auf ihn gerichtet – er ging jetzt neben ihr, da sie zu klein geworden war, um ihm den üblichen Platz auf ihrer Schulter zu bieten. Die Ogerin war so sehr daran gewöhnt, auf ihre Gefährten hinabzusehen, dass sie, wenn sie sprach, die Worte an ihre Stiefel richtete.
Kurz nach Sonnenuntergang des sechsten Abends auf der Straße begann sich der Verkehr zu verändern. Die letzten Soldaten und Vorratswagen der Streitkräfte waren vorbeigezogen, und die Nebenwege füllten sich stattdessen mit Bauern und Händlern. Die Korps-Mitglieder atmeten erleichtert auf, weil sie endlich außer Reichweite des gewaltigen Heeres waren und sich Shauntille näherten.
Das erinnerte Cræosh und die anderen daran, dass sie sich während der unangenehmen Reise nicht die Zeit genommen hatten, eine Lösung für eins der größten Probleme ihrer Mission zu finden, nämlich: Wie sollten sie auch nur einen Fuß in die Stadt setzen, ohne sofort ergriffen und in Stücke gerissen zu werden?
Sie rückten noch dichter zusammen, sprachen leise miteinander, entwickelten Ideen und Pläne und verwarfen sie wieder.
»Wo zum Teufel ist Naturbursche?«, fragte Cræosh plötzlich.
Das Korps blieb so plötzlich stehen, dass es fast über die eigenen Füße stolperte. Es gab noch genug Licht. Die Sonne war gerade erst untergegangen und tauchte den Horizont in ein grandioses rotes Glühen. Das Land zu beiden Seiten der Straße lag noch brach vom Winter – dort wuchs kein Getreide, nur Gras und Unkraut. Hier und dort blühten einige Wildblumen.
Cræosh trat in eine besonders hübsche Ansammlung dieser Blumen, als das Korps im hohen Gras ausschwärmte. Wenn Jhurpess etwas zugestoßen war, wenn er irgendwo in dem Gestrüpp lag, so fanden sie ihn vielleicht nie. Er wollte die anderen gerade zu sich rufen und sich mit ihnen beratschlagen, als plötzlich einige Meter entfernt der Kopf des Schrecklichen aus dem Gras kam. Cræosh hätte fast mit dem Schwert zugeschlagen und besagten Kopf vom Hals getrennt, bevor er Jhurpess erkannte. Und einige Sekunden später erwog ein Teil von ihm, trotzdem von seinem Schwert Gebrauch zu machen.
»Was bei allen Teufeln der Höllengruben machst du da?«, schrie Cræosh und dämpfte seine Stimme ein wenig, damit sie nicht zu weit trug. »Du schleichst dich einfach fort, und dann schleichst du dich an mich heran. Bei den Vorfahren, wolltest du dich vielleicht köpfen lassen? Wenn das dein Wunsch ist, hättest du nur fragen müssen!«
Als die anderen näher kamen, richtete sich Jhurpess langsam auf und zog sich Kletten, Blätter und sonstige Pflanzenteile aus dem Fell. »Ist Cræosh jetzt fertig mit zornigem Gebrüll?«
Der Ork sah ihn finster an. »Sagen wir, ich lege eine Pause ein, lang genug für eine Erklärung von dir.«
Der Schreckliche zuckte die Schultern. »Jhurpess nur mit dem Korps unterwegs gewesen ist und nicht viel getan hat.«
»Wie sonst auch«, brummte Gork.
»Dann Jhurpess seltsamen Geruch bemerkt hat. Wie von brennendem Holz.«
»Vielleicht ein Lagerfeuer«, vermutete Gimmol.
»Das Jhurpess auch dachte. Aber Geruch kam aus anderer Richtung, nicht von Straße. Jhurpess wusste, wenn sich ganzes Korps auf den Weg macht, dann es vielleicht gesehen wird. Deshalb Jhurpess brach allein auf.«
Katim lächelte, als sich Fassungslosigkeit in Cræoshs Gesicht ausbreitete. »Nur zu, sag es … Cræosh. Du weißt, dass es stimmt … und es wird an dir nagen … bis du es ausgesprochen hast.«
Für einen langen Moment starrte der Ork nur finster vor sich hin. Dann, nach einem tiefen Seufzen, wandte er sich dem Schrecklichen zu. »Das hast du dir wirklich gut überlegt, Jhurpess. Gut gemacht!«
Der Schreckliche strahlte.
»Trotzdem
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