Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
hatte, und selbst dann hielten sie nicht lange durch. Ithos gegenwärtige »Regentin« war allerdings schon länger im Amt als die meisten ihrer Vorgänger, ganze sechs Monate. Sie hatte damit keinen neuen historischen Rekord aufgestellt, aber ihre Amtszeit übertraf den Durchschnitt deutlich, woraus sich wiederum der Schluss ziehen ließ, dass die betreffende Ogerin alles andere als durchschnittlich war.
Sie hieß Belrotha, und als sie an diesem Morgen ihre Hütte verließ, fühlte sie sich quietschfidel. Sie streckte ihre fast dreieinhalb Meter große Gestalt und bewunderte den Glanz ihrer fleckigen, hämatom-violetten Haut im rosaroten Licht des Morgens. Dann kratzte sie sich mit einem rissigen gelben Fingernagel unter ihrem Yeti-Fell, drehte sich um und stapfte den Hang hinunter, der ihre Hütte vom eigentlichen Dorf trennte. Der Sonnenschein glitzerte hell auf dem Schwertgriff, der auf Belrothas Rücken unter dem Fell hervorragte.
Mehrmals hörte sie Grüße, die ihr galten, und die meisten von ihnen erwiderte sie mit einem Grinsen, das breite Zahnlücken zeigte, oder einem bösen Knurren – es hing von ihrer gegenwärtigen Meinung über das fragliche Individuum ab. Einige der Grüßenden waren, wie üblich, Bewohner von Itho, die ihren Rat suchten, denn Belrotha war nicht nur das nominelle Oberhaupt dieser Gemeinschaft, sondern galt auch als klügste Ogerin weit und breit. Allerdings gab es, was diesen Titel betraf, nicht besonders viel Konkurrenz. Andere, ebenfalls wie üblich, waren junge, ungebundene Männer, die hofften, die Gunst einer solchen Schönheit erringen zu können. Das ölig glänzende schwarze Haar, die wundervoll schiefen Zähne, von denen zwei noch das ursprüngliche Gelb aufwiesen, und solche Muskeln! Ein wahres Wunderkind – Belrotha war ein Segen und eine Wohltat für Itho: klug, schön und stark wie ein Drachensphinkter. (Das letzte Wort hatte sie vor einigen Jahren von einem Ork aufgeschnappt. Es hatte ihr damals gefallen, und es gefiel ihr noch viel mehr, seit sie wusste, was »Sphinkter« bedeutete.) Ein wahrhaft göttliches Wesen, zweifellos, ein Juwel unter den Ogern, und ein Vorbild für alle Ogerlinge.
»Belrotha!«, erklang eine Stimme bei einem nahen Schuppen. »Ich brauchen Rat!«
Widerstrebend trat die große Belrotha näher. Der Oger, der sie gerufen hatte, war älter als der Durchschnitt, was bedeutete, dass er vor Erreichen des mittleren Alters nicht gestorben war. Belrotha überragte ihn, und deshalb musste er den Kopf nach hinten neigen und zu ihr hochsehen. Dadurch rollte sich die wie Truthahnscheiße gefärbte Haut in seinem Nacken zusammen und wurde blass.
»Was du diesmal wollen?«, fragte Belrotha ungeduldig. »Dies zweites Mal, dass du mich nervst diese Woche, Worondek.« Es war sogar das dritte Mal, aber da sich beide nicht daran erinnerten, spielte es keine Rolle.
»Mir leidtut«, erwiderte der Oger in einem keineswegs bedauernden Ton. »Ich brauchen Rat.«
»Das du bereits gesagt hast.«
»Ja«, bestätigt Worondek. »Ladaviat wieder nicht tun ihre Arbeit.«
»Hmm«, brummte Belrotha. »Welche Arbeit sie diese Woche erledigen soll?« In einem für ihr Volk alles andere als typischen Gedankenblitz hatte Belrotha entschieden, dass alle Oger von Itho Aufgaben zu erledigen hatten, die jede Woche wechselten, damit niemand in einen Trott verfiel.
»Öh, ich mich nicht erinnern.«
Belrotha brummte erneut. »Nicht wichtig.« Sie holte aus und schmetterte dem kleinen Oger die Faust ins Gesicht. Die Wucht des Schlages hätte ausgereicht, einen kleinen Baum zu fällen. Worondek verlor nur das Gleichgewicht und einige Zähne, kam schnell wieder auf die Beine und ignorierte das Blut, das ihm über die Lippen strömte.
»Das dafür war, du dich immer beschweren bei mir«, sagte Belrotha. »Weil du nicht lernen, deine Probleme selbst lösen.«
»Es in Ordnung sein.«
»Du rufen Ladaviat hierher.«
Worondek wankte fort. Belrotha wartete ungeduldig, die Arme vor den großen Brüsten verschränkt, und klopfte mit einem in einer Sandale steckenden Fuß auf den Boden. Es dauerte nur wenige Momente, bis Worondek mit seiner widerspenstigen Frau im Schlepptau zurückkehrte, aber Belrotha hatte das Gefühl, eine Ewigkeit gewartet zu haben.
»Was du wollen?«, schnaubte Ladaviat und begriff nicht einmal, dass sie besorgt sein sollte. Andererseits: Ladaviat hatte die Idee eines »Oberhaupts« nie verstanden.
»Du zu arbeiten hast«, erwiderte Belrotha streng und fügte
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