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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dem Greyhound gestolpert. Viel war ihr nicht in Erinnerung geblieben. Das letzte, das ihr noch einfiel, war ein reicher Typ in Atlanta, der einen Lexus fuhr. Sie war high gewesen, und er hatte zwanzig Dollar extra gezahlt, um auf ihr Gesicht zu urinieren. So lange sie nicht klar war, ertrug sie alles, und der Weg zu diesem Ort ohne Schmerzen waren die Drogen. Sea, ihr letzter Zuhälter, hatte sie eines Abends mit einem Kleiderbügel verprügelt, weil sie Krämpfe hatte und nicht anschaffen konnte. Zum xten Mal in ihrem Leben war sie fortgelaufen. In Charlotte war sie aus zwei Gründen gelandet: Sie wußte, wo die Stadt lag, und das Geld, das sie einer alten Lady mitsamt ihrer Handtasche abgenommen hatte, reichte nur bis hier.
    Addie Jones war so oft in ihrem Leben high gewesen, daß sie sich nicht mehr daran erinnerte, wann sie zum letzten Mal von jemandem bei ihrem Vornamen genannt worden war. Ihre paar Habseligkeiten hatte sie in einer Sporttasche der Atlanta Braves verstaut, die sie einmal einem Freier gestohlen hatte. Als sie damals die West Trade entlang auf den Presto Grill zugegangen war, hielt sie die Tasche mit beiden Armen fest umklammert. Auf dem All Right-Parkplatz gegenüber hatte Punkin Head in seinem Transporter gewartet. Er war auf Angeltour. Die meisten seiner guten Fänge entstiegen den Bussen, heruntergekommene Gestalten, die hier wie eine Ölpest an Land geschwemmt wurden. Ihre Geschichten waren nicht viel besser. Punkin Head wußte das so genau, weil er selbst einmal aus einem dieser Busse gekrochen war. Eine Viertelstunde später war sie dann in diesem dunkelblauen Lieferwagen gelandet, und Punkin Head wußte, er hatte wieder einen guten Fang gemacht. Er wollte das Mädchen nicht nur für sich. Auch die Kerle auf der Straße würden ganz wild sein auf ihren straffen sexy Körper, ihren lasziven Blick und die schwellenden Lippen. Punkin Head taufte sein neues Geschöpf Poison, und die beiden begannen mit ihrer feindseligen Übernahme des Reviers. Zuerst mußten andere Zuhälter ausgeschaltet werden. Dann fingen die Morde an, und überall wimmelte es von Cops. Poison hörte Geschichten von bösen Silvertops und etwas, das orange angemalt worden war, und auch von einer Spinne. Das alles machte ihr angst.
    »Was soll's denn sein?« fragte Remus Poison. Sie rauchte eine Zigarette und sah zum Fenster hinaus auf die Straße. »Speck«, sagte sie. Ihr Akzent war nicht mehr weiß, nicht einmal mehr amerikanisch.
    Remus hatte schon oft festgestellt, daß Nutten oder Stricher Akzent und Gebärden ihrer Besitzer annahmen. Schwarze Nutten hatten plötzlich eine weiße Stimmfärbung, weiße eine schwarze, weiße Stricher bewegten sich wie Spieler von den Harlem Globe Trotters unter dem Basketballkorb, schwarze nahmen den wiegenden Gang von John Wayne an. Daran hatte sich Remus im Laufe der Zeit gewöhnt. Er kümmerte sich um seine Küche und darum, daß sein Laden lief. Leben und leben lassen, war seine Devise. Er wollte keinen Ärger, und Poison ärgerte ihn wie ein kleiner Eispickel dicht vor seinem Auge. Sie hatte ein spöttisches Lächeln aufgesetzt, wie jemand, der wußte, daß der nächste Witz auf seine Kosten ging. Remus spürte, daß ein kaltblütiger Mord, auch an ihm, sie höchstens amüsieren würde.
    Brazil saß nun schon eine ganze Weile in seiner Nische und beobachtete die wenigen Gäste. Sein Tisch war noch immer leer, da niemand die Absicht zu haben schien, ihn zu bedienen. Er sah zu, wie die junge Prostituierte ihr Frühstück beendete. Sie legte Geld auf den Tisch und stand auf. Brazils Blick folgte ihr zur Tür. Zu gern hätte er sie angesprochen, aber er hatte Angst. Geheimnisvoll ging sie davon, und die Glocke an der Tür verstummte wieder. Dann stand auch Brazil auf. Ihm war gar nicht bewußt, daß er nichts bestellt hatte, und er ließ gedankenversonnen ein Trinkgeld auf dem Tisch. Er trat aus dem Imbiß, zog seinen Notizblock aus der Tasche und sah den Bürgersteig hinauf und hinunter. Er ging um den Block und warf einen prüfenden Blick auf den Parkplatz auf der anderen Seite der Fünften Straße. Sie war nirgends zu sehen. Enttäuscht schlenderte er weiter.
    Ein schwarzer Transporter mit dunkel getönten Scheiben fuhr langsam an Brazil vorbei, doch der bemerkte ihn kaum. Zu sehr war er in Gedanken damit beschäftigt, ein Schloß zu knacken, dessen Zahlenkombination er zwar mit Sicherheit kannte, die ihm aber im Moment nicht einfallen wollte.
    Mungo beobachtete Blondie durch die

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