Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
Windschutzscheibe und mußte feststellen, daß der Fall immer größere Dimensionen annahm. Der Junge trottete gelangweilt dahin. Ab und zu blieb er stehen, sah sich um oder beobachtete den vorbeifließenden Verkehr. Mungos Spannung nahm zu, als er Blondie auf Shena zugehen sah, die älteste Nutte der Gegend.
    Sie hatte sich auf den Holzstufen eines heruntergekommenen Holzhauses in Positur gestellt und trank aus einer Colaflasche. Shena versuchte, die letzte Nacht abzuschütteln und sich für die kommende bereitzumachen. Blondie ging auf sie zu, als würden sie einander kennen. Er sprach sie an. Sie zuckte mit den Schultern, gestikulierte und scheuchte ihn dann ärgerlich mit einer Handbewegung fort, als wäre er eine lästige Taube. Aha, dachte Mungo. Dieser Knabe entwickelt sich hier draußen langsam zu einem territorialen Problem. Er ging weiter zu den Revieren anderer Nutten. Wahrscheinlich köderte Blondie vor allem Männer, vielleicht ein paar Frauen, verkaufte ihnen Drogen, verleitete sie zu Verbrechen wider die Natur und wurde damit reich.
    Mungo war überzeugt, daß er bei weiteren Nachforschungen herausfinden würde, daß Blondie in der Drogenhierarchie ziemlich weit oben stand und wahrscheinlich sogar direkte Verbindungen nach New York besaß. Ein Zusammenhang mit den Schwarze-Witwe-Morden war ebenfalls denkbar. Mungo nahm seine Video-Kamera zur Hand und bannte den vermutlich bestaussehenden Stricher mit den bestgeschnittenen Gesichtszügen auf Film. Außer im Kino hatte er solche Vertreter dieses Gewerbes noch nicht gesehen. In großer Eile fuhr Mungo ins Polizeihauptquartier zurück.
    West hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan. Sie hatte alles versucht, Niles zur Ruhe zu bringen, damit er nicht ständig miaute und mit den Vorderpfoten trampelte. Sie hatte ihn so oft von ihrem Bett hinuntergeworfen, daß ihre Schulter lahm geworden war. Sie hatte mit ihm wie mit einem erwachsenen Menschen gesprochen und ihm verständlich zu machen versucht, daß sie erschöpft sei und ihren Schlaf brauche. Sie hatte ihn angeschrien, bedroht und aus dem Zimmer ausgesperrt. Als West am Morgen mit Verspätung aus dem Haus eilte, lag er bequem und zufrieden schnurrend auf seiner Lieblingsfens terbank. Als Mungo dann noch mitten in eine Zusammenkunft des Geister-Kommandos platzte, empfing sie ihn nicht sonderlich freundlich.
    »Das hier ist eine Sitzung«, ließ sie ihn wissen. »Und ich habe hier etwas, das sie interessieren könnte.« Stolz hielt er sein Videoband hoch. »Mit Sicherheit ein Ganove, vielleicht sogar mehr. Könnte sogar unser Killer sein oder wenigstens in den Morden mit drinhängen.« Mungo war außer Atem, als wäre er mit dem Rad hergestrampelt.
    Seit West ihre Chefin das letztemal gesehen hatte, war es ihr nicht mehr gelungen, Hammer telefonisch zu erreichen. Daher bat sie sie jetzt über Funk um Rückruf.
    »Ich will keine falschen Hoffnungen wecken«, sagte West zu ihr. »Aber es klingt ziemlich vielversprechend.«
    »Beschreiben Sie ihn«, sagte Hammer.
    »Weiß, männlich, etwa ein Meter siebzig, fünfundsechzig Kilo, blond, enge schwarze Jeans, enges Polohemd, NikeSchuhe. Schleicht um die Fünfte und Trade Street herum. Hält nach bestimmten Wagen Ausschau und redet mit Nutten. Wollte offensichtlich im Presto über die Qualität von Drogen und deren Quellen in der Gegend reden, so hörte es sich jedenfalls an. Noch etwas«, fuhr West fort. »Und das beunruhigt mich besonders, Chief. Ist Ihnen Poison ein Begriff, alias Addie Jones?«
    »Ja.« Hammer hatte keinen blassen Schimmer.
    »Sie saßen eine ganze Weile zur selben Zeit im Cadillac Grill. Als sie ging, folgte er ihr unmittelbar darauf. Dann haben sie sich getrennt, und jeder ging seiner Wege.«
    »Wo ist diese Videoaufnahme?« wollte Hammer wissen.
    »Die habe ich.«
    »Haben Sie sie sich schon angesehen?«
    »Bei verdeckten Operationen benutzen wir die handlichen JVC Grax 900 Camcorder. Mungo besorgt gerade einen VHSAdapter. Er muß jede Minute zurück sein.«
    »Kommen Sie her damit. Wir sehen es uns zusammen an.«

Kapitel 19
    Im Büro des Bürgermeisters saß Brazil ungeduldig auf der Kante einer Couch. Er machte sich Notizen über seine Umgebung und beobachtete Ruth Lafone, die Sekretärin, die immer wieder Telefonate entgegennahm. Andy Brazil tat ihr ein wenig leid, denn sie wußte, man würde ihn ebenso in die Enge treiben wie andere vor ihm. Erneut klingelte das Telefon. Ruth nahm ab und lächelte. Sie war freundlich und hatte Respekt

Weitere Kostenlose Bücher