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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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bleibst hier.« Brazil stand auf. »Ich komme mit deinem Wagen zum Vordereingang, und du springst rein. Kapiert?« Er mußte an West denken, und seine Wut kehrte zurück.
    Brazil sah sich um, als erwarte er jeden Moment eine Schießerei. Zwar war er auf alles gefaßt, doch er kannte auch seine Grenzen. Überall saßen diese groben Kerle, tranken Bier und aßen fritierten Fisch mit Sauce Tatar, Cocktailsauce oder Ketchup. Ihre Blicke ruhten auf Axel und Brazil. Axel hatte begriffen, daß es klug von Brazil war, den Wagen zu holen und damit vorzufahren. »Ich zahle inzwischen die Rechnung«, sagte Axel. »Das Dinner geht auf mich.«
    Brazil wußte sehr genau, daß die beiden großen Typen in ihren Overalls in diesem Augenblick bereits auf dem spärlich beleuchteten Parkplatz auf die beiden Schwulen warteten. Daß sie von ihm und seinem Lebenswandel einen falschen Eindruck hatten, machte Brazil nicht viel aus, aber er hatte nicht die geringste Lust, sich die Scheiße aus dem Leib prügeln zu lassen. Er dachte rasch nach, wobei sein Blick auf die Empfangsdame in der Raw Bar fiel. Sie saß an einem Tisch, rauchte und schrieb die Tagesgerichte von morgen auf eine Tafel.
    »Ma'am«, sprach er sie an. »Könnten Sie mir wohl bei einem ernsthaften Problem behilflich sein?«
    Sie sah ihn skeptisch an und änderte fast unmerklich ihre Haltung. So etwas sagten Männer jeden Abend zu ihr, nachdem sie jede Menge Bier intus hatten. Das Problem war stets dasselbe und leicht zu lösen, wenn sie nichts dagegen hatte, für etwa zehn Minuten durch die Hintertür des Restaurants zu verschwinden und ihre Jeans fallen zu lassen.
    »Und welches?« Sie schrieb weiter, ohne dem Trottel weitere Beachtung zu schenken.
    »Ich brauche was Spitzes«, sagte er.
    »Was genau?« Sie sah erneut zu ihm auf. »Etwas zum Schreiben?«
    »Nein, Ma'am. Ich meine eine Stecknadel oder eine Nähnadel und etwas zum Sterilisieren«, erklärte er ihr.
    »Wofür?« sie runzelte die Stirn und öffnete ihre dicke kunstlederne Handtasche.
    »Für einen Splitter.«
    »Ach so!« Jetzt hatte sie verstanden. »Ist ziemlich unangenehm, so was. Hier kann man sich überall einen reinziehen. Sekunde, Herzchen.«
    Sie angelte ein durchsichtiges Plastikkästchen mit Nähutensilien aus der Tasche und zog eine Nadel heraus. Das Kästchen hatte sie aus dem letzten Hotel, in das sie ein reicher Typ mitgenommen hatte. Sie reichte ihm eine Flasche Nagellackentferner. Er tauchte die Nadel in das Azeton. Dann ging er mutig zur Eingangstür. Natürlich lauerten die beiden Kerle neben ihrem Wagen. Als sie Brazil entdeckten, kamen sie langsam auf ihn zu. Er stach sich mit der Nadel schnell in den linken Zeigefinger, dann rechts in Zeigefinger und Daumen, quetschte so viel Blut heraus, wie möglich und schmierte es sich auf Stirn und Wangen. Dann schlug er die Hände vor sein Gesicht und tat, als taumele er. »Oh, Gott«, jammerte er und wankte die Stufen hinunter. Er fiel gegen das Geländer, stöhnte und hielt sich sein blutiges, verletztes Gesicht, ein abstoßender Anblick.
    »Scheiße.« Rizzo war jetzt bei ihm und wich zurück. »Verdammt, was ist denn mit dir los?«
    »Mein Vetter, da drinnen«, sagte Brazil schwach.
    »Meinst du die Tunte, mit der du da zusammengesessen hast?« fragte Shifflet.
    Brazil nickte. »Genau der, Mann. Der Scheißkerl hat AIDS und hat mich mit Blut bekotzt! Können Sie sich das vorstellen? Oh, Gott.« Er wankte eine weitere Stufe hinunter. Shifflet und Rizzo gingen aus dem Weg.
    »Es ist mir in die Augen gelaufen und in den Mund! Sie wissen, was das heißt! Wo ist hier das nächste Krankenhaus, Mann? Ich muß ins Krankenhaus. Können Sie mich hinfahren? Bitte.« Brazil wankte weiter und stolperte fast gegen die beiden. Shifflet und Rizzo rannten, was das Zeug hielt. Sie sprangen in ihren Nissan Hard Body XE, Steine wirbelten durch die Luft, als sie auf ihren durchdrehenden, überdimensionierten Reifen davonbrausten.

Kapitel 25
    Am nächsten Abend, es war Montag, genoß auch Blair Mauney III ein gutes Dinner in der Queen City. Wie immer, wenn die Geschäfte ihn in die Zentrale riefen, aß er bei Morton's of Chicago. Er war Stammgast in diesem erstklassigen Steakhaus mit seinen bunten Glasscheiben. Es lag neben dem Carillon und gegenüber der First Presbyterian Church mit ihren ebenfalls farbigen Fenstern. Nur waren die älter und prächtiger, besonders bei Dunkelheit. Mauney fühlte sich einsam und hatte Lust auf Gesellschaft. Mauney brauchte keine

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