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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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heruntergezogen. Im leise gestellten Fernseher lief ein alter Film mit Spencer Tracy und Katherine Hepburn. Atemlos flüsterte sie ins Telefon, während sie den Dildo herauszog, und stieß langsam hervor, was sie ihm zu sagen hatte. »Ich habe dich Auto fahren sehen. Wie du die Gänge wechselst. Rauf und runter, immer schneller...«
    Die Macht, die sie über ihn hatte, war die erregendste Erfahrung in ihrem sonst so bedeutungslosen Leben. Ihn so zu erniedrigen, war überwältigend. Sie hatte ihn unter Kontrolle wie einen Fisch im Aquarium, einen Hund oder ein Auto. Wenn er verwirrt am anderen Ende der Leitung schwieg, hämmerte ihr Herz wie wild. Katherine Hepburn trat in einem Satinneglige ins Schlafzimmer. Was für ein Körper. Sie haßte sie und würde wegzappen, hätte sie eine Hand frei.
    »Mach's dir selbst«, beehrte Brazil sie mit seiner Gegenwart. »Meine Erlaubnis hast du.« Aber die Schnalle brauchte keine Erlaubnis.
    Packer ließ Brazils neuesten und einfach meisterhaften Artikel auf dem Bildschirm durchlaufen.
    »Das ist wirklich großartig!« Jedes einzelne Wort versetzte Packer in Ekstase. »Eine brillante Arbeit! Verrückter Wilder Westen. Gefällt mir sehr!«
    Packer stand von dem Stuhl auf, den er sich herangezogen hatte. Er stopfte sich das weiße Hemd in die Hose. Seine Hände bewegten sich um den Bund seiner Hose, als gehörten sie zu einer Puppe.
    Seine rotschwarzgestreifte Krawatte hätte nicht langweiliger sein können.
    »Geben sie ihn zum Satz. Das wird der Aufmacher«, sagte Packer.
    »Wann?« Brazil war aus dem Häuschen. Er war noch nie auf der ersten Seite gewesen.
    Am selben Abend hatte Brazil seinen ersten Einsatz bei einem Verkehrsunfall. Er war uniformiert und hatte ein Klemmbrett mit den erforderlichen Formularen in der Hand. Die Sache erwies sich als weitaus komplizierter, als er gedacht hatte. Dabei handelte es sich nur um einen Bagatellschaden von weniger als fünfhundert Dollar. Eine Frau war mit einem Toyota Camry auf der Queens Road gefahren, während ein Mann in einem Honda Prelude ebenfalls auf der Queens Road unterwegs war, und zwar in diesem unglücklichen Stadtteil, in dem zwei verschiedene Straßen gleichen Namens einander kreuzen.
    Die Schnalle saß nicht weit vom Unfallort entfernt in ihrem Aerovan und hatte im Polizeifunk Brazils Stimme gehört. Also tastete sie sich langsam zur Unfallstelle vor, um mit ihrem Wagen nun selber einen Unfall zu inszenieren. Der junge Mann in seiner dunkelblauen Uniform gestikulierte und zeigte auf etwas. Sie behielt ihr Opfer im Auge, als sie an gelben, flackernden Warnlichtern auf der Fahrbahn vorbeifuhr und auf der Queens in westlicher Richtung die Queens kreuzte.
    Die Tatsache, daß zwei Straßen denselben Namen trugen, könnte man dem unnatürlich rasanten Wachstum der Stadt zuschreiben. Es erinnerte an Eltern, die ihren Kindern die eigenen Vornamen geben ohne Rücksicht auf Geschlecht oder die praktischen Auswirkungen. Auch konnte es, wie etwa bei George Foreman, vorkommen, daß die ersten drei Kinder denselben Namen trugen und sich nur durch den Zusatz einer Ziffer unterschieden. Queens und Queens, Providence und Providence, Sardis und Sardis. Die Liste konnte beliebig fortgesetzt werden, und Myra Purvis würde sich nie darin zurechtfinden. Sie wußte nur, daß sie von der Queens Road West in die Queens Road East einbiegen und dann der Queens Road folgen mußte, um zur Orthopädischen Klinik zu gelangen, wo sie ihren Bruder besuchen wollte.
    Und genau das hatte sie in ihrem Camry vorgehabt, als sie jene Gegend, irgendwo um den Edgehill Park, erreichte, die sie noch nie gemocht hatte. Es war dunkel geworden, was die Fahrt noch erschwerte. Mrs. Purvis war Geschäftsführerin in dem mexikanischen Restaurant La Paz am Fenton Place. Der Samstagabend war lebhaft gewesen, und sie hatte gerade ihre Schicht beendet und war müde. Es war absolut nicht ihre Schuld, daß dieser schwer erkennbare Prelude an der Kreuzung Queens und Queens mit ihr kollidiert war. »Haben Sie denn das Stoppschild nicht gesehen Ma'am?« fragte der junge Cop und wies auf das Zeichen.
    Das war zuviel für Myra Purvis. Letzten Februar war sie siebzig geworden, und so etwas mußte sie sich nicht gefallen lassen. »Nein, ist es in Braille-Schrift?« fragte sie schlagfertig zurück. Der weiße Wirbelsturm am Ärmel dieses Dreikäsehochs in Blau erinnerte sie an den Mop, mit dem sie früher ihren Küchenboden gewischt hatte. Wie hatte das Ding noch mal geheißen? Jeannie,

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