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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sind«, warnte Brazil den ungeduldigen alten Mann, aus dessen Radio in höchster Lautstärke Country-Musik tönte.
    Brazil stellte drei Absperrkegel vor den Dart. In dem Moment, als er die anderen zum Zurücksetzen bewegen wollte, fielen sie klappernd um wie Kegel auf der Kegelbahn. Song war überzeugt, die dahinschleichenden Wagen des Trauerzuges würden ihn schon zu seinem Haushaltswarenladen durchlassen.
    »Das könnte dir so passen«, dachte Chad Tilly, Direktor des Bestattungsunternehmens Tilly Family Mortuary. Es war berühmt für seine klimatisierten, plüschmöblierten, dämmerigen Trauerräume und seine hochwertigen Särge. Unglücklicherweise stand sein großes Inserat auf Seite 537 des Branchenbuchs direkt neben einer Anzeige für Pilz- und Schwammbekämpfung. Immer wieder mußte Tillys Sekretärin Anrufern erklären, daß sie zwar im Bestattungswesen auch mit Moder und Verfall zu tun hätten, in Fällen von Mauernässe in Kellern aber nicht weiterhelfen und auch Sickergruben nicht auspumpen könnten.
    Tilly hatte schon an so vielen Trauerzügen teilgenommen, daß er sie schon nicht mehr zählen konnte. Er war ein ehrfurchtseinflößender Geschäftsmann, der es nie zu seinen eleganten Anzügen und goldenen Ringen gebracht hätte, wenn er sich hätte die Butter vom Brot nehmen lassen. Auf gar keinen Fall würde er diesen jämmerlichen kleinen Verkehrssünder in seinem verbeulten blauen Dodge durchlassen. Zu diesem Zweck meldete er sich über Funk beim ersten Wagen des Trauerzuges. »Flip«, sagte er. Flip war der zweite Mann seiner Firma.
    »Ich höre, Boß.«
    »Steigen Sie auf die Bremse da vorne«, verlangte Tilly.
    »Meinen Sie das ernst?«
    »Ich meine es immer ernst«, antwortete Tilly. Und damit blieb die ganze schwarze Karawane mit ihren eingeschalteten Scheinwerfern stehen. Der Dart hatte keine Chance mehr, den Boulevard zu überqueren. Das verwirrte Song für einen Moment. Ein Cop nutzte den Augenblick, die Tür aufzureißen und den unbelehrbaren alten Mann aus dem Wagen zu ziehen. »Flip«, sagte Tilly erneut in sein Funksprechgerät, »es kann weitergehen.« Stillvergnügt lachte er in sich hinein.
    Hammer war weit weniger vergnügt, als sie nach dem Essen Lippenstift auflegte und ihren zänkischen beiden Deputy Chiefs zuhören mußte, die sich benahmen wie rivalisierende Geschwister. »Das Streifenwesen ist mein Ressort«, verkündete Goode im Carpe Diem, und das in einem Ton, als betrachte sie den Namen des Restaurants als eine persönliche Aufforderung. »Und er wird nicht mit uns Streife fahren. Gott allein weiß, was da noch alles in der Zeitung erscheinen wird. Wenn Sie so scharf auf ihn sind, soll er doch mit Ihren Leuten fahren.«
    Hammer nahm die Puderdose heraus und warf einen Blick auf die Uhr.
    »Die Ermittlungsabteilung kennt keine Hospitanten, die nur mal so mitfahren. Das gibt es nicht«, gab West zurück. »Es wäre gegen die Grundsätze des Departments. Das war schon immer so.«
    »Und auf diesen Kerl trifft das nicht zu?« fragte Goode.
    »In Streifenwagen sind Volunteers und andere Begleitpersonen mitgefahren, solange ich hier bin«, erinnerte West sie ungeduldig. Hammer zog ihr Portemonnaie heraus und prüfte die Rechnung. »Langsam drängt sich mir die Vermutung auf, daß hier vielleicht auch persönliche Aspekte eine Rolle spielen«, fuhr Goode fort. West wußte genau, worauf dieses miese Flittchen hinauswollte. Es hatte sich bereits herumgesprochen, daß Andy Brazil gut aussah, West dagegen nicht gerade für viele Dates bekannt war. Es kursierte die Theorie, sie habe sich einen Jungen als Spielzeug gesucht, weil sie keinen Mann bekam. Doch sie hatte sich schon vor langer Zeit angewöhnt, derartigen Tratsch einfach zu ignorieren. »Es geht hier wohl eher darum, daß Volunteers normalerweise keinen Deputy Chief begleiten, der seit Urzeiten keine Festnahme mehr vorgenommen oder einen Strafzettel ausgestellt hat. Wahrscheinlich ist er mit jemandem wie Ihnen da draußen nicht einmal sicher.«
    »Wir haben bereits einige Situationen besser gemeistert als irgendwer von der Streife«, entgegnete West.
    Hammer hatte jetzt genug. »Wir werden folgendes machen«, bestimmte sie. »Virginia, ich bin einverstanden, daß Sie mit ihm Streife fahren. Ich halte es für eine interessante Option, die uns neue Erkenntnisse bringen könnte. Vielleicht hätte ich selbst schon vor langer Zeit so etwas machen sollen.«
    Sie legte Geld auf den Tisch. West und Goode taten es ihr nach. Hammer sah

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