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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Stadt.
    Der graue Steinbau der Myers Park Methodist Church erhob sich wie eine Festung vor dem Horizont. Goode hatte hier nie einen Gottesdienst besucht, kannte den Parkplatz allerdings sehr genau. Denn sie kam regelmäßig zu einem Ritual besonderer Art hierher. Brent Webb erwartete sie in seiner Pause nach den Sechs-Uhr-Nachrichten. In der hintersten Ecke des Platzes saß er unter einer großen Magnolie bei laufendem Motor in seinem Porsche. Wenn sie kam, stellte er den Motor ab. Dafür sprang sein eigener innerer an. Er stieg aus und sah sich um, als wolle er eine stark befahrene Straße überqueren. Dann setzte er sich zu Goode in den Miata. Sie sprachen selten, es sei denn, sie hatte eine inoffizielle Information für ihn. Ihre Lippen sogen sich fest, Zungen und Hände erkundeten sich gegenseitig. Es trieb sie immer weiter, dorthin, wo beide noch nie gewesen waren, ins Animalische und Ausgefallene. Jeder war überwältigt von der Leidenschaftlichkeit des anderen. Goode in Uniform, das weckte in Webb geheime Phantasien. Er riß ihr Handschellen und Pistole vom Gürtel. Wenn sie allein zu Hause war, sah sie ihn gern im Fernsehen und genoß jedes einzelne Wort, mit dem er heimlich auf sie anspielte oder sie in aller Öffentlichkeit zitierte. »Du weißt wohl schon von der Geschichte mit dem Sarg«, sagte sie atemlos.
    »Wessen Sarg?« fragte Webb. Er war nie auf dem laufenden, war stets darauf angewiesen, daß ihm jemand Informationen besorgte oder zu ihm durchsickern ließ. »Ach, schon gut.«
    Sie atmeten schwer im Takt der Songs der Pointer Sisters. Auf den Vordersitzen war ihnen der Schaltknüppel im Weg. Sie wichen ihm aus, so gut es ging. Die Skyline der City mit dem US-Bank Corporate Center, war nicht weit. Der hochaufragende Bau leuchtete durch die Windschutzscheibe herein und entsprach ganz Webbs erregter Stimmung. Er hakte ihren BH auf, obwohl er nie genau wußte, warum er sich diese Mühe überhaupt machte. Schließlich mußte er nur ihre Krawatte sehen, ihren Polizeikoppel, und schon wuchs seine Erregung.
    Officer Jenny Frankel erregte etwas anderes. Sie war jung und liebte ihren Beruf noch hingebungsvoll. Problemfälle waren genau das, was sie suchte. Sie wünschte sie sich herbei und betete manchmal sogar darum. Und nun entdeckte sie in der hintersten Ecke des Parkplatzes an der Myers Park Methodist Church zwei abgestellte Fahrzeuge. Die Proben des Kirchenchors hatten gestern stattgefunden, und die Anonymen Alkoholiker trafen sich erst am Donnerstag. Doch Drogendealer gab es schließlich überall. Nun drohten sie, sich auch hier breitzumachen. Aber verdammt, ohne mich, sagte sie sich. Sie wollte die Stadt ihren anständigen und hart arbeitenden Bewohnern zurückgeben. Dieses Ziel würde sie bis zu ihrem letzten Atemzug verfolgen.
    Sie kam im Schatten nahe genug heran, um auf dem Vordersitz des neuen, ihr irgendwie bekannt vorkommenden Miata Bewegungen feststellen zu können. Nach Haarschnitt und Umrissen mußten da zwei Männer miteinander beschäftigt sein. Sie gab die Kennzeichen der beiden Wagen durch und wartete geduldig, während die beiden da vorn sich küßten, streichelten, aneinander festsogen. Als die Antwort der Zulassungsstelle auf ihrem Monitor auftauchte, und Deputy Chief Goode und Brent Webb als Halter der Wagen nannte, machte sie sich hastig aus dem Staub. Nur ihrem Sergeant, mit dem sie mehrmals in der Woche ein Bier trinken ging, erzählte sie, was sie beobachtet hatte. Auch der Sergeant gab die Information nur einem einzigen Menschen weiter, und so machte sie unter dem Siegel der Verschwiegenheit die Runde.
    Brazil hatte einen langen Tag hinter sich, doch nach Hause wollte er noch nicht. Nach seinem Einsatz als Verkehrsregler hatte er sich für seine Acht-Stunden-Schicht beim Observer umgezogen. Es war inzwischen fast ein Uhr morgens. Die Nachtschicht war ruhig gewesen. Eine Zeitlang hatte er sich bei den Druckmaschinen herumgetrieben und zugeschaut, wie die Zeitungen ihrer letzten Bestimmung entgegeneilten - als Unterlage in Hundekisten oder in Recyclingtonnen. So genau er auch die auf dem Fließband vorbeilaufende Titelseite kontrolliert hatte, die Verfasserzeile unter dem bescheidenen Beitrag, den er geliefert hatte, war nicht zu entdecken gewesen. Es war auch nur eine Meldung über einen Fußgänger gewesen, den man in Minthill überfahren hatte. Das Opfer war ein bekannter Trunkenbold, und so hatte Cuder, die Nachtredakteurin, nur wenige Zeilen darauf verwendet.
    Brazil stieg

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