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Die Hornisse

Die Hornisse

Titel: Die Hornisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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schaden. Es enthielt eine Mischung aus Mineralien, Vitaminen und beruhigenden Substanzen, die beim Inhalieren direkt ins Blut übergingen. Cahoon dachte an die Bedeutung dieses Beitrags seiner Bank zum Wohl der Menschheit und griff zufrieden nach seinem Mineralwasser.
    Auch die Menschen, die am Eastway Drive standen und auf die Freiheitsparade warteten, waren glücklich. Sie genossen die Atmosphäre von Optimismus und Lebensfreude, die die Shriners verbreiteten, wenn sie kostümiert im Zickzack auf ihren Gokarts vorbeifuhren, der Menge zuwinkten und alle gerührt an Kinderkrankenhäuser und andere Wohltaten denken ließen. Brazil befürchtete fast, die anderen Cops an anderen Kreuzungen könnten sich langweilen und ungeduldig werden, denn noch waren keine Gokarts und keine Festwagen in Sicht. Er suchte den Horizont ab und sah nichts außer einem Streifenwagen, der mit hohem Tempo auf ihn zukam. Neben ihm ertönte eine Hupe, und wieder schrie ihm jemand aus einem Wagen etwas zu. Diesmal war es eine wütende alte Frau in einem Chevrolet. So sehr Brazil sich auch bemühte, ihr entgegenzukommen, sie blieb so grob wie uneinsichtig. »Ma'am«, sagte er höflich, »Sie müssen wenden und den Shamrock Drive nehmen.«
    Sie zeigte ihm einen Vogel und röhrte davon. Inzwischen hatte ein hektischer und verunsicherter Cop mit seinem Streifenwagen Brazils Kreuzung erreicht.
    »Die Parade und ein Trauerzug werden versehentlich zur gleichen Zeit über dieselbe Strecke geführt«, erklärte hastig der Polizist.
    »Wie bitte?« fragte Brazil verblüfft. »Wie...?« Doch der Streifenwagen war schon wieder fort.
    »Es ist völlig egal, wen er von der Verkehrsregelung entlastet«, sagte Goode. Sie ließ ihr Essen jetzt in Ruhe, wohl in der Hoffnung, es würde auch sie in Ruhe lassen. »Ich will ihn nicht haben. Er ist ein Spion. CIA, KGB, was immer Sie wollen.«
    »Großer Gott, was soll denn nun dieser Blödsinn wieder?« West schob ihren Teller von sich.
    Hammer sah sich im Restaurant nach einem möglicherweise bekannten Gesicht um und schwieg. Ein Journalist, Bücherkolumnist beim Observer, und ein Leitartikler saßen beim Lunch, allerdings an getrennten Tischen. Hammer traute ihnen beiden nicht über den Weg. Auch Andy Brazil hatte sie noch nicht näher kennengelernt. Vielleicht wäre das ja keine so schlechte Idee. Schien ein interessanter Mann zu sein.
    Dann kamen die schwarz glänzenden Leichenwagen mit ihren eingeschalteten Scheinwerfern in Sicht. Brazil beobachtete das eindrucksvolle Herannahen des Zugs und versuchte zugleich, die Seitenstraße zu sperren und den Verkehr umzuleiten. Mit Präzision und Würde kroch die endlose Prozession vorüber, während Hunderte von Menschen auf die Shriners auf ihren Motorrollern warteten, Limonade tranken und winkten. Eigentlich hatten sie ja etwas anderes erwartet, als sie am Morgen zu diesem kostenlosen Spektakel aufgebrochen waren. Aber nun waren sie einmal da und nahmen mit, was ihnen geboten wurde.
    In einer Stretch-Limousine, einem schwarzen Lincoln Continental mit weißer Lederausstattung, Fernseher und Videorecorder, saßen der hinterbliebene ältere Bruder und eine ältere Dame, die Großmutter. In ihrem Sonntagsstaat starrten sie durch die getönten Scheiben. Die Menschenmenge, die die Straßen säumte, um den Toten die letzte Ehre zu erweisen, beeindruckte sie sichtlich. Viele Zuschauer hatten sich einen Imbiß und etwas zu trinken mitgebracht, Kinder schwenkten kleine Amerika-Fähnchen. Sie winkten fröhlich, und so sollte es schließlich auch sein, man sollte feiern, wenn jemand heimging in die liebenden Arme Chris ti. »Ich wußte gar nicht, daß Tyvola so viele Freunde hatte«, wunderte sich der Bruder und winkte zurück.
    »Und die ganze Polizei ist auch da.« Schüchtern winkte nun auch die alte Dame.
    Brazil pfiff auf der Trillerpfeife und wäre beinahe von einem alten Mann in seinem Dodge Dart überfahren worden. Er schien nicht begriffen zu haben, daß die ihm entgegengestreckten Handflächen eines Polizisten bedeuteten, daß er anzuhalten habe. Auch die noch immer vorüberziehende Karawane von Stretch-Limousinen, normalen Autos und Leichenwagen, allesamt schwarz und mit eingeschalteten Scheinwerfern, brachten Howie Song keine Erleuchtung. Inzwischen war Song schon zur Hälfte in die Kreuzung eingefahren, hinter ihm eine Reihe von Fahrzeugen, Stoßstange an Stoßstange. Ein Zurücksetzen war nur möglich, wenn alle anderen es auch taten. »Bleiben Sie stehen, wo Sie

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