Die Hosen Des Herrn Von Bredow
wollten, wenn der Fürst abgespeist, denn die Halle war das einzige Gemach in der Burg, wo ein Fürst zur Noth nächtigen konnte, vor dem Wasser, das Alles überschwemmt hatte. Ja, für Alles hatte sie gesorgt, nur nicht für sich. Da saß sie, die Hände auf ihren Knieen, und nun erst sah sie sich selbst. Es war noch Alles, wie es gewesen, der Rock auf dem Rücken verknotet, die Aermel aufgekrämpt, die Haare – mit einem Aufschrei stürzte sie fort, denn schon kehrte der Fürst über die Zugbrücke zurück.
Der junge Fürst, der noch vorhin so freundlich und leutselig gewesen, saß stumm und mit bewölkter Stirn an der hellen Tafel. Mundeten ihm die Speisen, schmeckte ihm der Wein nicht, vermißte er den Wirth ihm gegenüber, oder war das Sonnenlicht seiner Laune mit der Sonne am Horizont untergegangen? – Er wird auch müde sein, dachten sie in der Halle. »Seit der Geschichte mit dem Lindenberger,« flüsterte sein Büchsenspanner zum Gesinde draußen, »ist er allabends so, wenn es dunkelt.«
»Mein gnädiger Herr wird's Euch zu Lieb und Dank wissen, gnädige Frau,« führte der Ritter von Holzendorf für seinen Fürsten das Wort, »daß Ihr Euch so angelegen sein laßt, ihn mit Ehren und Gutem zu bewirthen. Wir treffen's nicht überall so, wenn wir in der Jagd in ein Haus einfallen. Man nimmt da gern vorlieb, was man findet, Ihr aber tragt vom Besten auf, und ist's doch fast so stattlich alles hier, wie zu einer Hochzeit.«
Das machte die Edelfrau erröthen, denn sie hatte ihr Brokatkleid angezogen, mit dem sie an den Altar getreten war, und auf dem Kopf saß schön gepufft die Flügelhaube von damals. Aber auch darauf sah der Fürst nicht. Den Leuten in Burg Hohen-Ziatz schien das fast noch merkwürdiger, als vorhin seine Leutseligkeit. Und wenn die Gestrenge ihm so mit tiefem Knicks das Backwerk reichte, oder auf der Silberschale den feinen Wein zum Nachtisch, nickte er wie in Gedanken, und hatte es kaum an die Lippen gebracht, da er es wieder hinsetzte.
»Daß ich auch nicht einmal einen einzigen anständigen Menschen meinem Herrn zu Tisch setzen konnte, das ist, was ich mir mein Lebtag nicht verzeihen werde,« flüsterte die Burgfrau zum Begleiter des Fürsten; ihn selbst anzureden wagte sie nicht mehr. »Aber wo sollten wir hinschicken. 'S ist ja keine vernünftige Seele hier herum.«
Joachim erhob sein Gesicht aus dem Arm, in den er es gestützt.
»Wo ist der junge Mensch! Der Bursch, den ich im Walde traf, und der mich auf den Richteweg führte? Ich sehe ihn nicht mehr.«
Frau von Bredow hatte ihn vorsorglich in ein unweit gelegenes Vorwerk geschickt, um ihre Tochter Eva abzuholen. Mit großen Herren ist nicht gut zu spaßen, hatte sie gedacht, und wenn er ihn auch nicht hängen ließ, so liegen doch zwischen dem Hängen und Spaßen Dinge, über die man nicht spaßen muß. Nun war er zwar schon zurückgekehrt, aber sicher ist sicherer, dachte sie, und ihr gutes Herz erlaubte ihr eine Lüge.
»Ach, durchlauchtigster Herr, der ist sehr müde, er kommt heut von weit her. Da erlaubte ich ihm –«
»Müde zu bleiben,« unterbrach Joachim lächelnd und warf das Handtüchlein auf den Tisch. »Da erlaubt meine freundliche Wirthin es Ihrem Gast wohl auch, sintemal er mit Eurem Vetter in einem Falle ist. Morgen, Frau von Bredow, führt ihn mir vor. Wir haben ein Gespräch zu Ende zu bringen, das seltsam genug im Walde anfing.«
Und wieder sah der Fürst vor sich nieder, mit der Hand auf den Tisch gestützt, als träten abermals ernste Gedanken vor seine Seele.
»Beliebt es meinem gnädigen Herrn?« weckte ihn eine feine, wohlklingende Stimme. Er fuhr mit einem Seufzer auf und sah ein liebliches Mädchen vor sich stehen, in der einen Hand eine silberne Schüssel, in der andern eine silberne Kanne: ein weißes Linnentuch hing über ihrem Arm. Indem sie Wasser in die Schaale goß, überzog Stirn und Wangen eine helle Röthe.
Joachim tauchte die Finger in die Schale und netzte sie, wie mit Wohlgefallen, in dem Wasserstrahle, den die Jungfrau darüber träufelte. Er sah ihr freundlich in das blaue Auge, aber es war kein Liebesblick.
»Möge der Strahl der Gnade so klar auf Dich und mich perlen, als dieses Wasser über meine blutige Hand.«
»Sie ist nicht blutig, gnädigster Herr!« Aber ihr Gesicht ward blutroth, daß sie sich das zu sprechen unterstanden.
»Nicht, Jungfrau? Mir scheint doch, der Fleck will nicht abgehen.«
»Wahrhaftig, sie ist rein. Das ist nur der Wiederschein vom Fackellicht,
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