Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Bloß probiren, Junker, weiter nichts, damit die Frölein sehen, wie es sitzt. – Ei der Tausend, und wie angegossen, wie zugeschnitten für Euch. Nun häckeln wir's nur ein bischen fest und dann die Knieschnallen.«
Junker Hans Jochem hatte probirt. Ueber die knappen Drilchhosen waren die weitgebauschten Tuchhosen mit Leichtigkeit gefahren, und der Handelsmann hatte sie mit fertigen Händen zugenestelt.
»Nein so schön und fürnehm sahen wir unseren Junker doch noch niemals,« sagten die Mägde, und Alles trat zurück, ihm Platz zu machen, und seine Wangen glühten einen Augenblick im Abendroth, wie der Saum der Purpurschlitzen, die sich öffneten und schlossen.
Als er schüchtern gefragt, was sie wohl gelten thaten, hatte der Krämer: Pah! gerufen, sie würden auch nicht das römische Reich kosten. Unversehens, meinte Hans Jochem, war er an's Fließ getreten und hatte sich unversehens im Wasser beschaut. So hatte ihm nie ein Kleid gestanden. Und er dachte: Ei, und wenn's auch eine Mark ist! »Frag' ihn aber genau, Hans Jochem, der Hedderich ist ein Schelm,« hatte Mühmchen Agnes ihm besorglich zugeflüstert. Und das Wort war nun ausgesprochen, das alle Freude vergällte, und eiskalt und schwer bauschten sie ihm um die Hüften und schienen den armen Thor auszulachen. »Fünfzig Ellen Zeug verschnitten!« fuhr der Krämer fort. »Und Flamländisches, vom Feinsten, wie es nur in's Land gekommen, und die Schlitzen von mailändischer Seide und die Schnallen von Venedig. Ein Paar Mark ist gar kein Geld dafür!« –
»Ach armer Hans Jochem!« hatte Agnes leise geklagt.
Der ist mir sicher, hatte Klaus Hedderich gedacht. »Wer wird von jungen Leuten baar bezahlt nehmen. Im Stock zu Havelberg, da liegt mein Schilling gut aufgehoben, und nur ein Wort vom gnädigen Vormund, so zahlt er auch drei Mark für's Warten.«
Wie sollte Junker Gottfried zahlen wollen für ein Paar Pluderhosen, er, der – Welche niederschlagenden Wetterwolken zückten da um Alle. Wär's doch für ganz Hohen-Ziatz eine Ehre, so dachte der Meier, so dachte der Knecht. Und der unterste leibeigene wendische Mann, der mit den Schweinen unter einem Dache verkehrte, der nie sich unterstehen dürfte, mit seinen Bastschuhen über die Schwelle zu treten, wo die Herrschaft saß, er dachte auch so. Er hätte sich auch freuen müssen und hätte sich gefreut, wenn das hübsche Ziehkind von Hohen-Ziatz das Leibstück gewann. Was hatte er vom Junker? Der sah ihn nicht an, wenn er auf's Roß stieg. Einmal, als er nicht schnell genug bei Seite sprang, hatte er ihm mit der Gerte einen Riß gegeben, der durch die Schwielenhaut drang, und viel fehlte nicht, hätte er ihn übergeritten, aber der Junker gehörte doch zum Haus. Des Hauses Ehre war auch des armen Leibeigenen Ehre. Eigene hatte er nicht.
Das dachten die Andern, Hans Jochem aber nestelte an dem Bund, und ihm zur Qual hatte der Krämer den Riemen so fest verhakt, daß er's gar nicht loskriegen konnte.
Bald darauf hatte es aber ganz anders ausgesehen. Da stand der Krämer nicht mehr auf seinem Wagen, wie ein Herr der Herrlichkeit. Sie hatten ihn heruntergerissen und schrieen ihn an, und er hob umsonst die Hände und betheuerte umsonst seine Unschuld. Die Mägde hatten am Fließ an einem der bunten Tücher, die er als echt verkauft, die Probe gemacht, und: »es ist falsch!« schrieen die wüthenden Dirnen und die Knechte wiederholten: »er verkauft falsche Waare!« Das nasse Tuch schlug ihm um's Gesicht, daß es gelb und roth wurde. Vor Schrecken war der Anne Susanne der Silberring, den der Großknecht Christoph für sie gekauft, aus der Hand gefallen, und der ein Brautring werden sollte, zersprang am Stein, auf den er fiel; und das Silber war zusammengelöthet Blei. Nun schien es um den Krämer Klaus Hedderich gethan. Vergebens lag er auf seinen Knien und versprach Buße, vergebens rief er, er selbst sei von den Nürnberger Herren betrogen' worden, vergebens versprach er, schöne bessere Waare dafür, ein Goldringlein, das des Kurfürsten Goldschmidt selbst prüfen solle, für das Wollentuch eins von echter Seide. Vergebens rief er den Junker Melchior an, seiner sich anzunehmen, vergebens den Burgfrieden von Hohen-Ziatz und die Gerechtigkeit der edlen Herren von Bredow, vergebens den Junker Hans Jochem, er wolle ihm die Hosen lassen um den halben Preis. Er war ein ganz verlorener Mann. Zum Galgen mit ihm! schrie es. Da waren die Pferde ausgespannt, da war sein Karren umgestürzt, die Riemen gesprengt
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