Die Hosen Des Herrn Von Bredow
und die Päcke und Kasten und Kisten rollten. Sie zerrten und stießen ihn, und die Peitschenschnüre der Knechte konnten gar noch nicht an ihn kommen vor den ergrimmten Mädchen, die mit ihren Fäusten und Nägeln gegen den gottvergessenen Betrüger eiferten.
Daß sie ihn gehängt hätten, will ich nicht meinen, aber schlimm wär's ihm ergangen, wenn nicht der Junker Peter Melchior sein Wort darein gesprochen. Er meinte, was es ihnen hülfe, so sie dem Mann die Haut gerbten oder ihn aufhingen mit den Händen an die Kiefer, oder in den Sumpf steckten bis an's Kinn; dann kämen doch Andere und zögen ihn raus, und man wisse nicht, was danach käme, wobei der Junker nach dem Waldweg zwinkerte, den die Burgfrau gegangen. Sie sollten ihn laufen lassen oder zum Teufel jagen. Ja, je eher man solchen falschen Kerl los würde, desto besser; dann könne man sich an seine Sachen halten und zusehen, ob in dem Plunder was sei, um den Schaden gut zu machen.
Ehe er sich's versah, saß nun der arme Krämer auf dem Gaul, ehe er noch ein Valet sagen konnte seinem Kram, sah er ihn nicht mehr.
So war es geschehen, und der Junker Hans Jochem sah auf seine schönen Hosen nieder, in deren Carmoisinpuffen die Abendsonne mit Wohlgefallen sich zu fangen schien, und er dachte, die hat der Mann nun vergessen, und zugleich dachte er, wie mag der Mann nun zu seinem Gelde kommen, und dann kam noch ein Gedanke, der machte sein Gesicht so roth wie die Puffen. Es klang ihm mit einem Male wie des Dechanten Stimme aus dem Dornbusch: »Da sieht man abermals Gottes Fingerzeig und sichtliche Fügung, er hat dich betrügen wollen, und nun ist er betrogen. Wollte den doppelten Preis, was sie kosten, und nun hat er nichts!« So lispelte es ihm zu, oder der Junker glaubte es, aus dem Dornstrauch, durch den ein gelbes Licht von der untergehenden Sonne streifte, und es ging ein seltsam Zittern und Knistern darin um, wie wohl zuweilen der Wind thut. Aber derselbe Wind schüttelte in den Wipfeln des Baumes, daran Hans Jochems Spieß stand, und der Spieß, der nicht fest stand, rüttelte. Da schien es ihm, als ob der Spieß flüstere: »Schäme Dich, Hans Jochem. Du bist ein Edelmann und kein Dieb. Ja, wenn Du ihn geworfen hättest, den schlechten Kerl, in den Graben mit ihm und einen blutigen Kopf, wenn er raisonnirte, dann hättest du's ehrlich nehmen mögen, mit guter Sitte, und kein guter Mann hätte zu dir sagen können, du seist ein Dieb. Aber so du sie behältst und hast nichts für gegeben, nicht Streiche, nicht Geld, das kann das Bettelmensch auch und der Zigeunerbub, die hängt man, und die Hand wird unehrlich, die sie anrührt!«
So sprach's im Busch und so im Baum zu Hans Jochem, und er stand wie eingewurzelt und hörte noch nichts von dem Donnerwetter. Mit der einen Hand nestelte er am Gurt und mit der andern streichelte er die schönen Carmoisinpuffen. Da flüsterte ihm wieder etwas in's Ohr: »Thu sie los, lieber Hans Jochem, thu sie los, es thut nicht gut. Ach, heilige Agnes, da ist sie, schon,« seufzte die kleine blasse Agnes.
Es frommt nicht, zu viele Ungewitter zu malen, nicht für den Maler, nicht für den Dichter. Wer immer Sturm und Nacht vorbringt, von dem meint man wohl, daß er das liebe Sonnenlicht nicht ertrage und vor der stillen Luft sich fürchte.
Und wir haben noch von so vielen Unwettern zu erzählen.
Also, es hatte gedonnert und gewettert, und wer denkt sich nicht wie, der unsere Frau von Bredow kennt, und wie ein Kornfeld mit geknickten Aehren standen sie blaß umher und ließen die Köpfe sinken. Nun hatte sich Frau Brigitte umgesehen, wer dem Krämer nachreiten sollte und ihr Auge fiel auf Hans Jochem. Der ist nicht der Schlimmste, dachte sie, er ist von gutem Blute.
Wie sollte Hans Jochem auf's Pferd! Der konnte nicht reiten, das sagte der erste Blick; aber rasch hatte die Edelfrau nach dem Nächsten sich umgeschaut, der's konnte: »Hans Jürgen!« Hans Jürgen ward auch blutroth, und er hatte doch keine Pluderhose an. Eva sah erschreckt die Mutter an, die auch roth war, aber vor Zorn. »Auf's Pferd!« Wo stand auch gleich ein gesatteltes Pferd bereit?
Ein Kärnergaul trabt dem andern am besten nach. Hans Jürgen mußte auf das Thier ohne Bügel und Sattel. Alt war es, hochbeinig und mehr Knochen als Fleisch, und ein Ritt war es, der durch Mark und Nieren ging. Zu anderer Zeit hätten sie aus Herzenslust gelacht; wer sich aber fragte, ob er lieber Hans Jochem war, der zurück blieb, oder Hans Jürgen, der fort
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