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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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um das Hirschkalb. Ihre Kleider bauschten auf, und dick ward sie von hinten wie ein Mondkalb mit 'nem Jungen, daß uns schon bang ward, die Hex' hätt' Euch mit sammt Sporen, Wams und Stiefeln verschluckt! Denn von Euch sahen wir doch auch gar nichts. Wir haben sieben Paternoster für Eure Seele gebetet. – Wenn Ihr's nur wirklich seid, und kein Gesichte!«
    »Beruhigt Euch, Herr von Krauchwitz,« sprach der Ritter. »Unser junger Freund sieht zuweilen die Dinge mit eigenen Augen an.«
    »Wenn er einen Spaß treiben will, dann ist's nicht der rechte Ort,« sagte Melchior verdrießlich. »Nicht Jeder sieht den Stein, über den er fallen wird. Wir sind hier am Lieper Eck, wo ich immer sagte, daß es nicht geheuer ist. Sie Alle wollten's besser wissen. Der Tag hat's bewiesen und nun ist's Nacht. Dort kommt die Brücke, seht Euch vor, wenn Ihr hinüber reitet.«
    Sie hatten sich dem freien Platze genähert, der vor wenigen Stunden noch der Tummelplatz so vieler Munterkeit gewesen. Jetzt herrschte eine Todtenstille; der Wind hatte sich gelegt, es rauschte nur noch in den Kiefernwipfeln und flüsterte in den Büschen. Nur vereinzelte Krähen, aufgescheucht durch den Stahlklang der Reiter, flatterten von ihren Aesten und schauten neugierig herab, wer sie in ihrem Schlaf gestört. Nur die Unken sangen unbekümmert und ununterbrochen ihr melancholisches Lied.
    Der Anführer des kleinen Trupps schien seine vorigen Sorgen und Bedenklichkeiten abgeschüttelt zu haben. Er hielt vor der Brücke, die aus rauhen Birkenstämmen grob gezimmert war, still, schaute sich mit der Besonnenheit eines erfahrenen Mannes um, der vor einer wichtigen Unternehmung Erde, Luft und Wind prüfen will.
    »Dies wäre also der Ort, wo Ihr den Krämer zuletzt saht. Nun gilt's die Fährte zu verfolgen. Hier sind Kreuzwege. Wenn er gesagt, daß er nach Brandenburg wollte, brauchen wir es nicht blind hinzunehmen. Auch möglich, daß er die Brücke verschmäht hat und durch eine Fuhrt übers Wasser ging. Es ist also nötgig, den Boden zuvor zu prüfen. Wer von uns steigt vom Pferde?«
    Es verstand sich, daß der Ritter Lindenberg durch die Frage sich selbst ausschloß. Auch war Hans Jochem schnell vom Roß, derweil der Junker auf dem seinen in mäßigem Trabe einen Kreislauf versuchte.
    »Was ist das?« rief der Ritter, als Peter Melchior grad auf etwas zusprengte, das jenem im ungewissen Sternenschimmer verdächtig vorgekommen war, ohne daß er erkennen mochte, was es sei.
    »Ein Strick!« rief Peter Melchior. »Ein Strick zum Hängen und zum Knebeln, je nachdem.«
    »Ihr seid sehr aufgeräumt, Herr von Krauchwitz.«
    »Nur der Strick, Herr von Lindenberg, thut's. Auf solchem Ritt muß man Alles mitnehmen. Die Nacht schenkt uns, was uns Noth thut und wir doch vergaßen.«
    »So hinter Euch auf's Pferd damit, und lacht nicht so abscheulich.«
    Die Fährte war gefunden; sie ging über die Brücke, verlor sich aber drüben bald wieder im Haidekraut, so daß die Reiter zunächst ihre ganze Aufmerksamkeit der Spur widmen mußten. Die Geisterstunde war darüber verstrichen. Mit der Erwartung schien auch die Lebenskraft der Genossen wieder erwacht. Bei einem Köhler hatten sie die letzte Nachricht eingezogen, die es ihnen unzweifelhaft machte, in welcher Richtung der Krämer weiter gefahren. Sie mußten ihn nach Verlauf einer Stunde auf dem Wege treffen, welcher sich längs einem der weit einbuchtenden Havelseen nach der Fähre hinzog, mittels der man auf der Straße von Brandenburg nach Potsdam übersetzt.
    »Der Ort ist gut,« sagte Lindenberg. »Der Schwieloch hat steile Waldufer und viele Krümmungen. Was hilft dem Schurken seine Pfiffigkeit, daß er den einsamsten Bergweg suchte!«
    »Hinter'm Berge wohnen auch Leute,« fiel Peter Melchior ein.
    »Die da wohnen, werden ihn nicht hören, Lieber. Der alte Ferge, der Baumgarten, ist immer taub in der Nacht, wenn man ihn ruft. Doch denk ich, wir treffen ihn schon früher. Der Sand steht. Noch Bedenken?«
    »Die Stunde ist schon gut.«
    »Und was denn nicht?«
    »Der Ort auch, ja und nein. Die flache Haide aber wäre mir lieber. In einem schmalen Wege zwischen See und Berg kann er uns nicht entwischen –«
    »Und wir auch nicht,« fiel lachend Hans Jochem ein, »wenn Leute kämen. Wohin sollte Peter Melchior Reißaus nehmen! Mit den Rossen kann man nicht die Berge 'nauf. Wir müßten grad in den See. Schwimmt Euers? Und der Kerl ist ein Hexenmeister, das ist auch gewiß.«
    Der Spott hat seine Wirkung verfehlt.

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