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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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durch seine Ankunft, und kreiste über ihm. Aber unter sich sah er – den Karren, den er so wohl kannte, die Gäule und den Krämer. So weit sein Auge spähte, so sehr sein Ohr sich anstrengte, keine Menschengestalt, kein Fußtritt, für das Opfer kein Beistand. Nur der Hund auf dem Wagen schüttelte sich, als Hedderich abgesprungen war. Den Krämer fror, er rieb die Hände und krümmte sich, mit etwas beschäftigt, was der Junker im Dämmerlicht nicht deutlich sehen konnte.
    Hans Jochem pulste es auf der kalten Erde wie ein Feuerstrom durch die Adern. Er allein, wenn er jetzt hinabkletterte, sprang, schoß, er konnte den Schuft, ehe er sich's versah, werfen, binden, er allein machte die Sache fertig, wozu Drei sich verschworen. Mochten sie dann nachher kommen und brummen, was that es! Sie konnten ihren Antheil fordern, den gönnte er ihnen. Ihm blieb die Ehre. Es brannte und prickelte ihn. »Meinethalben mögen sie selbst wählen.« Er lachte bei der Vorstellung, wie Peter Melchior den Kopf stecken werde in die Packen und mit zitternden Fingern das Beste bei Seite werfen, wie er mit neidischen Blicken verfolgen werde, was auf die Part der Anderen fiel; wie dem Ritter Lindenberg die Zornader auf der Stirn schwoll. Ja mochten sie Alles behalten! Wie könnte er sie dann anschauen, wie sich wieder auf's Pferd schwingen, wie nachlässig im Sattel sitzend, zu ihnen sich umschauend und die Hand vor'm Mund, sprechen: »Seid ihr bald fertig, ich bin müd.« Oder: »Theilt nur wie es Euch gefällt, ich will nach Haus.«
    Und zu Haus dann, er wollte auch nichts für sich behalten, alles verschenken und das Beste seiner Muhme Eva. Da würde sie doch mal ein freundliches Gesicht machen, und wie ihn ansehen! Und wenn nicht – Er strich über die Lippen, wo künftig der Bart wachsen sollte. »Dann giebt's auch noch schönere Mädchen, als Eva Bredow. Der Waschteufel ist auch in ihr, wie in ihrer Mutter!« dachte er. »Pfui, die rothen Hände lieb ich nicht.« Der Ritter wollte ihn nach Berlin nehmen. »Das sind ganz andere Fräulein da auf den Banketten, weiß, und die gelben langen Locken, die meisten tragen auch Handschuhe.« Er erschrak fast, wenn er sich Eva dachte mit den rothen Händen, wie sie von der Wäsche kamen. Und die Schuhe trugen sie auch nicht mit so dicken Sohlen. Wie flog die Bertha Wedel im Tanze und die Mathilde Burgsdorf, und wie gafften Alle die Adelheid Marwitz an, als der junge Kurfürst, der so selten tanzte, sie aufforderte. Wenn er mit Eva da wäre, die würde der Kurfürst nicht aufgefordert haben. – Wenn er mit seiner Braut da wäre, das dachte Hans Jochem, die müßten Alle ansehen und ihn darum neiden. Das ist ja der Spaß am Hofe. Ueber den angenehmen Gedanken hätte er im Augenblick fast alle anderen Gedanken vergessen.
    Aber der Ritter Lindenberg, wie würde er es aufnehmen, wenn er ihm den Spaß verdürbe! Der mächtige, vornehme, Herr würde es ihm nicht vergessen. Ei was schadete es! – Junker Hans Jochem, wie schwoll dein Muth! Den Ritter von Lindenberg zum geheimen Feinde, und mit ihm wolltest du es aufnehmen! Er führt dich nicht bei Hofe ein. Dachtest du, wie du dich selbst einführen wolltest?
    Der Hund unten witterte Menschennähe. Er streckte den Hals, er bellte, langsam, spürend. »Still, Luder!« rief der Krämer. Der Hund gehorchte nur ungern. Sein verhaltenes Geheul dauerte fort, und der Krämer hastete sich. So waren ja die Augenblicke kostbar, der nächste schon konnte ihn verrathen, wenn sein Pferd wieherte. Es war ein Fingerzeig, daß er handeln solle. – Und doch: warum zögerte er? Schlug ihm das Gewissen? – Ein Verrath an der guten Kameradschaft? Aber wenn er es nicht that, wenn er zauderte, war das ganze Spiel vielleicht für ihn und die Andern verloren.
    Hans Jochem wollte aufspringen, als er einen empfindlichen Schmerz fühlte. Er fuhr mit der Hand nach dem Fuß; aber am Halse, am Ohr stach es wieder. Sein ganzer Leib war zerstochen. Er hatte sich in einen Ameisenhaufen gelegt, und die kleinen Thiere vergebens abschüttelnd, machte er die Bemerkung, daß Schmerzen, welche ein so verächtliches Gewürm hervorbringt, groß genug sein können, den Entschluß eines Mannes wankend zu machen. Die Ameisen, die, soviel er rieb, tödtete und schüttelte, nicht weichen wollten, retteten seinen Kameraden ihren Anteil an der Ehre der That, und ihn trieben sie auf sein Pferd.
    Er gab ihm die Sporen. Da fühlte er einen Biß an der Pulsader, der Zügel entglitt ihm; die Ameisen

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