Die Hosen Des Herrn Von Bredow
mochten vom Reiter auf das Pferd gekrochen sein. Es sauste mit vorgestrecktem Halse durch das Dickicht. Vergebens suchte der Reiter den Zügel wieder zu gewinnen; es kostete alle Anstrengung, sich nur auf dem Sattel zu erhalten, da das wild gewordene Thier eigensinnig an alle Bäume streifte.
So kam er herabgeflogen, mehr durch Zufall als inFolge seiner eigenen Lenkung nach dem Orte, wo er die Kameraden verlassen. Ein Reiter mit geschwärztem Gesicht hob den Arm. Beim Anblick desselben ward Hans Jochems Pferd scheu. Es bäumte sich, noch hielt er sich an der Mähne, aber das Roß war nicht mehr in seiner Gewalt. Der Ritter Lindenberg kam zu spät, den Zügel zu fassen; Mann und Roß sausten vorüber in den tiefsten Wald. Die Beiden sahen sich an.
»Warten wir auf ihn?« fragte Peter Melchior.
»Wenn Ihr Lust habt. Gute Reise!« antwortete der Ritter und zog die Stahlhandschuhe fester. »Die Wipfel lichten sich, die Hähne krähen, in zwei Stunden kommen die Marktleute vom Werder.«
»Vetter Lindenberg, wie Ihr auch seid! Ich reite ja mit.«
»Ich dachte, Ihr wolltet dem Jungen nachreiten.«
»Ich meinte nur, wenn ihm nur kein Unglück geschieht.«
»So holt einen Gelbschnabel der Teufel früher oder später.« – »Ist auch im Grunde besser, er ist noch zu jung. Wer weiß, ob er das Maul hält.«
»Von Euch wird er's nicht lernen.«
»Vetter Lindenberg, wenn was passirte, wenn was raus käme, ich meine nur – reinen Mund, Keiner weiß vom Andern!«
Der Ritter drehte sich im Sattel um: »Zum letzten, Herr von Krauchwitz, wenn Ihr Fieberschütteln habt, legt Euch in's Bett. – Ja oder nein?«
»Ja! o ja!«
»Von der Spitze an, mäuschenstill, die Trense fest, den Fuß im Steigbügel wie angenagelt, die Sporen weitab, den Athem angehalten.«
»Vetter!« flüsterte er vor der verhängnißvollen Spitze. »Möchte nur noch einmal absteigen.«
»Zur Hölle mit Euch, wenn Ihr nicht sitzen könnt.«
»Ich sitze ja schon. Aber Vetter –«
»Das Donnerwetter über Euer Gevetter!«
»Ich meine nur, zwei zugleich thut nicht gut. Er könnte Lunte riechen und schreien. Wenn Einer zuerst 'ran ritte, und ihm unter die Nase hielte, was er für ein Lump ist.«
»Dann braucht es keines Zweiten,« brummte der Ritter und hob sich im Sattel.
»Was wollt Ihr von mir?« fragte der Junker, als der Ritter den Arm nach ihm ausstreckte.
»Von Euch nichts als Euren Strick.«
Er warf ihn über den Sattel, und ohne seinen Kameraden noch eines Blickes zu würdigen, gab er dem Pferde die Sporen und flog um die Ecke.
Zehntes Kapitel.
Knecht Ruprecht im Walde.
Wir verließen Hans Jürgen, wie er ein Kreuz schlug, und der Schattengestalt, die ihm gefolgt war, ein:»Gelobt sei Jesus Christus!« entgegen rief. Aber der lange, hagere Spuk war davon nicht entwichen, und nun sehen wir ihn sogar an der Seite des jungen Menschen durch den dunklen Wald schreiten.
»Wo kommst Du her, Ruprecht?« hatte Hans Jürgen gefragt, als das Blut ihm wieder durch die Adern schoß.
»Aus'm Schloß, Junker,« lautete die Antwort, die Hans Jürgen sich freilich selbst geben können.
»Und wohin sollst Du?«
»In den Wald.«
Das konnte Hans Jürgen sich auch sagen, aber er fragte nicht weiter, denn Ruprechts Anwesenheit war ihm nicht ganz unlieb, wenn er es sich auch nicht gestand. Wahrscheinlich ging der Knecht nach dem Dohnenstrich und ihr Weg führte sie da auf eine ziemliche Strecke zusammen. Hans Jürgen sprach nicht und Ruprecht auch nicht.
Nun aber trennte sich der Weg. Hans Jürgen mußte links, rechts zogen sich die Dohnen hin. Eine »Gute Nacht, Ruprecht!« rief er und bog links um. – »Ei sie könnte schlimmer sein,« antwortete der Knecht und folgte ihm.
So konnte er nur nach den Holzschlägen gehen zum Mühlenbau. Dann mußte er aber jetzt links durch die Brüche sich wendet. Hans Jürgen winkte ihm einen Guten Morgen! zu und ging raschen Schritts gradaus. »Ist weit vom Morgen,« murmelte der Knecht, und als Hans Jürgen sich umwandte, war er wieder hinter ihm.
Es war ihm lieb, und es war ihm wieder nicht lieb. Knecht Ruprecht galt für einen finsteren, mürrischen Kumpan, der seine Schuldigkeit that, aber nicht mehr. Den Scherz liebte er nicht, auch bei andern, und manchem verdarb er ihn. Aber bös war er darum nicht; wußte er doch die schönsten Märchen zu erzählen. Und wenn man ihn nur darauf brachte, da ging es wie ein Uhrwerk los, Abends in der Volkstube, wenn das Gesinde beim brennenden Kienspahn am Spinnrade
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