Die Hosen Des Herrn Von Bredow
könnte ausgehen, dann säßen sie ganz im Dunkel. ›Ach‹, sagte sie, ›dann leucht' ich mit meinen Augen, ich habe Katzenaugen.‹ Den beiden Herren war's doch nun ein bischen unwirsch, zumal, da sie immer tiefer in die Elsen und in die Brüche mußten, und gar kein Weg mehr unter ihren Füßen war. ›Wer bist Du denn, wo kommst Du denn her?‹ rief endlich der Britzke, da die Alte sich auf eine der trockenen Palten im Moor niedergesetzt, und schnaufte wie nach Luft. ›Kennt Ihr mich denn nicht?‹ rief das Weib. ›Ich bin ja die alte Pracherfrau, die humpelt durch's Land, und sammelt, was die Leute zu viel haben. Wovon soll unsereins leben? Gestern war ich in Kemnitz, da hatte die gnädige Frau Wäsche. Da hat mir der liebe Gott manch Hemde und manchen Strumpf bescheert. Sie hatten ja viel zu viel.‹ – ›Warst Du nicht in Hohenauen auch?‹ fuhr der Hagen drein, denn er war von Hohenauen, wie der Britzke von Schloß Kemnitz, und dem Britzke war schon die Ader geschwollen bei der Frau ihren Worten, denn mit der Wäsche bei ihm zu Haus war's richtig, seine Frau durfte sich aber nicht unterstehen, auch nur ein Tüchlein fortzuschenken. Also hatte es die Alte aufgerafft. – ›Freilich war ich auch in Hohenauen‹, kicherte sie böslich. ›Ach da hab' ich erst hübsche Sachen eingepackt. Das war ein gesegneter Tag.‹ – Nun mußte der Hagen den Britzke ordentlich festhalten, daß er nicht lospolterte: ›Warte nur bis Lehnin, lieber Bruder. Hier hat sie uns, das Diebsmensch; da haben wir sie. Ich lasse sie peitschen.‹ – ›Mit den Hunden hetzen‹, kreischte der Britzke. – ›Das steht dann bei uns,‹ meinte der Hagen. ›Jetzt aber laß nichts merken, bis wir raus sind.‹ Aber die Alte hatte Alles gemerkt. Wie sie nun wieder vor ihnen lief, und die andern dicht hinter ihr her, warf sie ein Stück aus dem Korbe, und dann noch eins und so streute sie links und rechts in den Moor die feinsten Hemden, Tücher, Strümpfe und Laken. Dem Britzke kribbelte es in den Fingern, daß er's auflange. Das schönste, feinste Weißzeug ging so verloren. Aber der Hagen kniff ihn in den Arm: ›Bei Leibe nicht, das ist ja ihre Tücke. Wenn wir uns dabei aufhalten, entwischt sie uns. Nur darauf los!‹ Und so ritten sie darauf los, bis sie nicht weiter konnten, bis der Moor um ihre Augen spritzte, und das helle Wasser den Thieren bis an die Halfter ging. Ja ihr Schreien hörte Keiner als die Hexe. Die hielt ihre Laterne hoch: ›Nur ein bischen weiter noch, Ihr lieben Herren, da findet Ihr's wieder fest unter Euch.‹ Der Britzke riß auch sein Pferd noch einmal los, bis Mann und Roß in ein tiefes Loch stürzten: ›Hilf mir, Bruder Hagen!‹ schrie er, bis am Hals im Wasser. ›Hilf Dir selber!‹ rief es wieder aus allen Waldecken, und es lachte wie zehntausend Teufel. Da seht Junker, das ist der Mittelsee. Dahin hatte sie die beiden Herren verlockt, und nun ging der Mond auf und mitten auf dem See fuhr ein Kahn, ohne Ruder und Segel, ganz von selbst, und drinnen ein weißer Bock, der meckerte. Und den Kahn und den Bock drin sieht man noch oft, Mittags, bei hellstem Sonnenschein über den See fahren; kein Wind bläst, und kein Mensch rudert.«
»Und die beiden Herren, Ruprecht?«
»Sind ertrunken und erstickt. Keine Seele hat sie wiedergesehen, und sie liegen noch im Moor. Da wagt sich auch kein Mähder hin, auf die falsche grüne Decke. Der Storch selber, wenn er sich niederläßt, wippt er sich erst mit den Flügeln, traut dem Frieden nicht.«
»Mann und Roß, das ist schrecklich.«
»Der Hagen hatte noch Zeit drei Vaterunser zu beten, und rief zum heiligen Rochus, seinem Patron, und davon mag's gekommen sein, daß sein Pferd sich durcharbeitete, nämlich in den See, es schwamm rüber, und dann fuhr es durch den Wald wie der Satan, und stand nicht eher still, als vor der Klosterpforte. Da wieherte es und schlug mit den Hufen dran, daß der Abt und die Mönche in Todesangst waren. Und davon erfuhren sie's, was vorgegangen war, und der Abt ließ Seelenmessen –«
»Konnte denn das Pferd sprechen?«
Der Knecht Ruprecht sah ihn groß an: »Solch ein Pferd Junker! – ein Pferd, mein' ich – nun Junker, das mein' ich, ist gottlos so zu fragen.«
»Herr Gott, was ist das!« rief Hans Jürgen.
Es schnaufte heran, durch die Büsche knisterte es, und ein wildes Pferd mit schnaubenden Nüstern, funkelnden Augen und zottigen Mähnen fuhr wie im Nu an ihnen vorüber. Laub und Erde stoben unter seinen
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