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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Nestor sein, der nicht geführt zu werden braucht, der Andere führt.«
    »Ich bin noch jung, aber – ich will's, Lindenberg, ich will's! Wie stärkt mich des Vaters Testament; allein jedesmal, wenn ich es überlese, wenn diese Honigworte wie Balsam auf mein Herz träufeln, steigen auch neue Zweifel auf, wie starre Klippen, die dem Schiffer den Weg versperren. O allmächtiger Gott, es ist so viel was ich thun muß, und ich bin doch nur ein Mensch. Lies, lies es wieder, dies kostbare Document des weisesten, des größten, des edelsten Mannes seines Jahrhunderts.«
    »Lesen, gnädiger Herr? Ich kann es auswendig. Erlaubt mir vielmehr, auf dieses heilige Pergament meine Lippen zu drücken, als ein Gelöbniß, daß, was in meinen schwachen Kräften steht, ich treu daran halten will.«
    »Küsse diese Stelle.«
    »Ist nicht eine so viel werth wie die andere?«
    › Vergiß nicht mein Sohn, den Adel im Zaum zu halten; denn sein Uebermuth verübt das meiste Böse. Strafe sie, wenn sie die Gesetze übertreten, und laß nicht zu, daß sie irgend, wer es sei, wider Gebühr beschweren .‹
    »Großer, seliger Johannes, es ist ein schmerzliches Wort!«
    »Das Dich nicht drücken kann. Du bist nicht wie die Andern. Setze Dich zu mir. Wie hat mich nach Dir verlangt, Lindenberg, wieder einen Menschen zu sehen, unter diesen Halbmenschen, mit ihm sprechen zu können, wie mir um's Herz ist, und der meine Sprache versteht.«
    »Eure kurfürstlichen Gnaden sandten, wie ich höre, so eben nach dem Abt Trittheim, ich begreife –«
    »Davon nachher.«
    »Hätten wir doch diesen herrlichen Mann am Hofe festhalten können. Ich begreife, daß es ihm hier nicht wohl zu Muthe war, aber er hätte seine Abneigung überwinden sollen, aus Ehrfurcht und Dankbarkeit für seinen fürstlichen Wohlthäter und Schüler.«
    »Was sollte er hier?« rief der Fürst, und ein innerlicher Schauer schien seiner Herr zu werden. Unwillkürlich hatte er wieder nach der Schrift seines Vaters gegriffen, und drückte die Finger auf die Stelle, welche lautet: ›Ich hinterlasse Dir mein Sohn, ein großes Land; allein es ist kein Deutsches Fürstenthum, in dem mehr Zank, Mord und Grausamkeit im Schwange gehn, als in unserer Mark .‹
    »Aber ich will ihnen in die Ohren mit Posaunenton rufen, daß ich wach bin, weil sie denken, daß ich schlafe. Mir ist nicht bange, ich kenne sie alle und ihre Tücken, worauf sie bauen, ich will sie auffinden, in ihren Gelagen und Schlupfwinkeln, in ihren Nestern und Spelunken, bei Tag und bei Nacht; ich will die Straßen fegen und die Burgen auskehren. Die Großmächtigen sollen vor mir zittern und die Wölfe will ich aus dem Schafpelz jagen, den sie übergehangen. Ich will ihnen Allen zeigen, daß ich sie nicht fürchte, noch ihr Geschrei, denn ich bin ihr Herr.«
    Er war aufgesprungen und maß wieder mit stolzen Schritten das Zimmer, sichtlich durch die Erinnerung an ein jüngstes Erlebniß aufgeregt.
    »Ist es erhört, ist es denkbar nur«, fuhr er fort, »dieser Räuberanfall in meiner nächsten Nähe, gleichsam unter meinen Augen, wo der Hauch meines Mundes hinreicht, wo die Hufe meines Rosses den Boden kaum betreten, mir zum Hohn, dem Lande zur Schmach, der Gerechtigkeit, die ich pflege, zum Aergerniß. Ein gemeiner, elender, blutiger Straßenraub! Es ist mir, als hätte der Raubmörder an alle Bäume geschrieben, unter denen ich fortritt: ›Wehe dem Lande, dessen König ein Kind ist.‹ Aber sie irren sich.«
    »Mein Durchlauchtigster Herr meint den Anfall von vorgestern an dem Juden, von dem ich hörte.«
    »Heute, Lindenberg; es sind noch nicht vierundzwanzig Stunden um.«
    »Der Jude, Euer Gnaden soll –«
    »Es ist kein Jude, Du mußt Dich ja des Krämers entsinnen, der uns in Saarmund am Zoll seine Waaren ausbreitete. Ich kaufte davon. Es ist mein Geld, die Beutel, noch von meinem Seckelmeister versiegelt, riß die verfluchte Hand des Diebes fort.«
    »Wenn ich es nicht aus so glaubwürdigem Munde hörte, sollte ich es kaum glauben. Jetzt entsinne ich mich auch dieses Krämers. Er war im grünen Wams, richtig! Sein Gesicht, ich bekenne, flößte mir schon damals wenig Zutrauen ein, und ich sah ihm auf die Finger, als ihm das Geld aufgezählt wurde. Aber ich muß mich doch getäuscht haben. Also es war kein Jude!«
    »Ich hasse die Juden, Lindenberg, und denke auch diesen ungläubigen Wucherern einen Daum auf's Auge zu setzen, wenn ihre Zeit kommt, denn sie sind und bleiben Verräther an dem Blute, unseres Herrn und

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