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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Zugerichtet wie er war, konnte er doch noch ein Lamento erheben und seinen Räuber, wie so ein Kerl das versteht, beschreiben.«
    »Wie beschrieb er ihn?«
    »Nun, daß es kein Zweifel ist, es war der Hohen-Ziatzer. Der Schafskopf in seinem verrosteten Panzerhemd, dran noch seine Farben und in der alten Büffelhaube, die kein Mensch in der Mark mehr trägt als er, darin bei hellem Licht und auf solcher Straße einen Krämer werfen! So Einen muß man nun als Seinesgleichen gelten lassen. Er war noch pfiffig genug, daß er nicht gleich nach seinem Nest kehrt machte, sondern that, als ritte er nach Potsdam; da haben ihn die Marktleute gesehen und erkannt. Von da ist er vermuthlich im Walde eingeschwenkt und nach seinem Sumpfloch heimgeritten. Nicht wahr, 's geht Euch wie mir im Kopf rum?«
    »Aber der Kurfürst, wie erfuhr er es?«
    »Ich sagte Euch ja schon, wir blieben die Nacht in Potsdam und jagten heute früh dort. Da kam die Mähre denn brühsiedend warm zu uns. Das quikte und schrie, wie wenn ich heiß Wasser auf eine Tonne von Mäusen gieße: ›Gerechtigkeit, Gewaltthat! großer Kurfürst!‹ Mir gellen noch die Ohren.«
    »Sprach der Kurfürst den Krämer, ich meine den Juden persönlich?«
    »Nein. Von den Katzenköpfen und dem Schnüren hat er das Fieber gekriegt. Aber der Schreiber hatte seine Aussage zu Protocoll genommen dort in Baumgartens Fährhaus. Darauf ließ der Kurfürst den Vogt von Potsdam nach Ziatz reiten, und der Vogel war in seinem Nest gefunden.«
    »Wird der Krämer – ich meine der Jude dran glauben müssen?«
    »Das glaube ich nicht. Der Markgraf will ihn morgen selbst verhören. Aber der Ziatzer wird es. Das ist 'ne verdrießliche Sache, Wilkin. Wird uns wieder 'nen Brei einrühren. Der Götz hat den Ruf eines Ehrenmannes. Heißt es nun, selbst der hat dem Kitzel nicht widerstehen können, welche Litanei geht da von Neuem gegen den Adel los!«
    »Laß ihn doch klug sprechen! Je mehr er in das Sprechen kommt, um so mehr gefällt er sich darin und um so weniger thut er. Wenn ihr klug wäret, locktet Ihr ihn sogar zum Reden, Ihr hörtet ihm mit Bewunderung zu, und wenn Ihr noch klüger wär't, antwortet Ihr mit dem Widerhall dessen, was Ihr gehört. Ist das so schwer, Phrasen auswendig zu lernen, die uns hundert Mal vorgesagt werden? Das ist das Kunststück der Weisheit, die in der Welt gelten will.«
    »Aber es ist nicht klug von uns, ihm auf so dumme Weise zum Reden Anlaß zu geben,« sagte Otterstädt. »Solch' ein Pfuscher im Handwerk! Wär's nicht sein guter Name, er verdiente den Henker. Himmel und Hölle, das ganze Havelland kocht und brennt.«
    »Wäre das so schlimm?« sagte der Andere, als die Thür zum inneren Zimmer sich öffnete und der Kämmerer hinaus rief:
    »Der Geheimrath von Lindenberg!«
    Der Kurfürst stand vor seinem Schreibtisch, ein edler, schöner, junger Mann, auch ohne das fürstliche Gewand, das an seine ritterliche Gestalt sich schmiegsam fügte. Er las an einem entfalteten Pergament, dem man es ansah, daß er es nicht zum ersten Male geöffnet, daß er nicht zum ersten Male darin las. Er küßte die Schrift: »Ich will es, seliger Geist meines Vaters! Ich hab's gelobt und will es auch halten.«
    Er schritt einige Mal im Zimmer auf und ab, indem er die Worte, die er eben gelesen, mit lauter Stimme wiederholte.
    › Deinen Fürstenthron wirst Du nicht besser befestigen, als wenn Du den Unterdrückten hilfst, wenn Du den Reichen nicht nachsiehst, wo sie die Geringen überwältigen, und wenn Du Recht und Gleich einem Jeden angedeihen lässest 2 .‹
    »Erhabene Worte eines erhabenen Fürsten!« sprach der Geheimrath, sein Baret mit gekreuzten Armen auf die Brust drückend, indem er sich tief neigte; es schien mehr vor dem Pergament, das jetzt auf dem Tisch lag, als vor seinem Herrn, der sich in den Armstuhl niedergelassen hatte.
    »Es sollen nicht Worte bleiben, es sollen Thaten werden. Traust Du es mir zu, Lindenberg?«
    » Werden ? Gnädigster Herr, ich meine, Sie sind es schon.«
    »O es liegt vor mir wie eine Wüste, nein wie ein Gebirge. Wenn ich die höchste Kuppe erklimme, war es nur ein Hügel, vor dem neue Ketten, Felsen, Riesengebirge sich endlos weit ausdehnen. Wer führt mich durch diese Schlangenwindungen, durch diese Lawinen den graden Weg?«
    »Ihr selbst! Wie Eures Vaters Vater ein Achilles war an Kraft, wie man Euren Vater Johannes, weil seine weise Rede wie Honig von den Lippen floß, einen Cicero nannte, werdet Ihr an Klugheit und Erfahrung ein

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