Die Hosen Des Herrn Von Bredow
ihm.
»Schnell!« sagte Joachim. »Wenn Jemand einträte, könnte er denken, daß ich einen Sultan spielen wolle.«
»Durchlauchtigster Herr! so lag ich.«
»Das Uebrige magst Du stehend beschreiben.«
»So lag ich, als er mir den Stoß gegeben, von hinten; und eh' ich mich umdrehen konnte, war er vom Pferd und mir auf dem Rücken, daß ich glaubte, mir soll der Rückgrat brechen von seinen Knieen. Die Ringe von dem Eisenhemd sind noch auf meiner Haut zu sehen.«
»Das Eisenhemd ward eingebracht. Was weiter?«
»Die Hände hatte er mir auf dem Rücken gebunden, als ich noch lag und nicht wußte, wie mir war; mochte auch glauben, da ich gar nichts vorher gesehen, es seien ihrer mehr. Nun aber, da er mich knebeln wollte und die Knie ein weniges losließ, kam ich freier zu liegen, so wie jetzt, und da ich sah, daß er allein war, und mich ungebärdig hätte, fluchte er; denn, wenn er die Riemen einthun wollte, schloß ich die Kiefern zu, und wenn er die Hand fort hatte, schrie ich. Also, da er's mit den schweren Handschuhen nicht zwingen konnte, warf er sie ab, und nun er mir nahe kam, biß ich ihm in den Daumen bis auf's Blut. Das kann noch nicht vernarbt sein.«
»Ein neues Indicium«, sprach der Kurfürst etwas in seiner Schreibtafel notirend.
»Und da er mich nun geknebelt und hitzig war, von wegen was es ihm gekostet und von wegen dem Biß, der ihm weh that, gab er mir Katzenköpfe mit dem Eisenhandschuh, daß mir das helle pure Blut floß, und schüttelte mich an der Gurgel, und da sprang ihm das Kinnband und die Büffelhaube rutschte in den Hinterkopf. –«
»Auch diese fand man im Schilf.«
»Es war ja schon ziemlich hell, und wir sahen uns Gesicht gegen Gesicht.«
»Und Du getraust Dich ihn wieder zu erkennen?«
»Und hätte ich ihn da zum ersten Mal gesehen. Wer sich so sah, vergißt sich nicht. Aber wie ich schon sagte, allerdurchlauchtigster Herr und Kurfürst, ich habe ihn schon oft gesehen in Eurer Gnaden Gefolge.«
Der junge Fürst sah mit verschränkten Armen vor sich nieder und schüttelte unwillig den Kopf: »Verflucht der Gedanke, der edle Namen bestecken will, verflucht die Phantasie, die nach Opfern sucht, ohne andere Leitung, als eine krankhafte Lust, vielleicht eine stille Abneigung, die ein Fürst bekämpfen sollte, statt gierig nach Nahrung dafür zu suchen.«
Indem er unruhig einige Schritte auf und abging, fuhr er im Selbstgespräch so laut fort, daß der Krämer es hörte:
»Und am Ende doch nur ein Stallmeister, ein Büchsenspanner, dessen schillernder Rock diesem für Zeichen von Würde, galt.«
Hedderich schüttelte den Kopf: »Wir Geringe, durchlauchtigster Fürst, haben gelernt, die geputzten Diener von den großen Herren zu unterscheiden.«
»Und dessen bist Du gewiß, daß der Dich warf, nicht der Ritter Gottfried Bredow war?«
»So gewiß, Herr, die gebenedeite Jungfrau Maria in unbefleckter Empfängniß unseren Herrn und Heiland geboren hat. Das mögen seine Handschuh, seine Haube, sein Kettenhemd gewesen sein, er selbst war's nicht. Ich kenn' ihn gar gut, da ich alljährig wenigstens einmal nach Hohen-Ziatz komme.«
»Und doch lautet Deine Aussage anders im Protokoll des Schreibers vom Werder.«
»Gnädigster Herr Kurfürst, was so ein Schreiber schreibt, mag ganz gut sein, aber das ist's nimmer, was unsereins aussagt. Sie schreiben, was sie hören wollen, das weiß bei uns jedes Kind.«
Es trat ein Kammerherr ein und überreichte dem Fürsten ein versiegeltes Schreiben. Joachim öffnete und las es. Sein Gesicht drückte ein unverkennbares Erstaunen aus. Abwechselnd blickte er den Krämer und die Schrift an: »Lügst Du, oder dies Geständniß? Unmöglich! Wer könnte etwas eingestehen, was er nicht beging. Und alle Beweggründe mit logischer Ordnung aufgeführt. Hörst Du, Gottfried Bredow bekennt, daß er es war, der Dir nachjagte, Dich hinter Ferch einholte und warf. Er bittet um gnädige Strafe und will Dir Alles zurückgeben. Was sagst Du darauf?«
»Herr, mein Kurfürst,« sprach der Krämer, der sich aufgerichtet hatte und gebeugten Leibes auf das Papier schielte, wie auf eine Zauberrolle. »Da steckt der Teufel drin, wenn das drin steht.«
»Seine Namensunterschrift! Vom Voigt vom Mühlenhof beglaubigt.«
»Gnädigster Herr, werft das Papier fort.«
»Sein Wort gegen Deines. Er, ein Edelmann, klagt sich selbst an, Du willst ihn freisprechen. Die Präsumption ist, daß Niemand gegen sich selbst zeugt.« – Immer schärfer bohrten des jungen
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