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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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mich wohl,« sagte der Gefangene, »es war eine recht kitzliche Geschichte.«
    »Sie ward durch die Güte des damaligen Bischofs ausgeglichen, der der Meinung war, daß in zweifelhaften Sachen man der milderen Ansicht den Vorzug geben müsse. Glaubt Ihr, daß die Zeugen, welche vor den Thüren gelauscht, falsch geschworen haben?«
    »Es hieß so nachher. Das geistliche Gericht hat doch –«
    »Ich glaube, sie waren ganz im guten Glauben.«
    »Aber wer zum Teufel war denn eingestiegen?«
    »Vielleicht mein Schatten, vielleicht ich selbst. Wohl entsinne ich mich, daß ich in jener Nacht lebhaft an die arme Frau dachte. Sie hatte mir in der Beichte ihre unglückliche Lage vertraut. Mir war's, als hörte ich sie in der Nacht weinen und klagen, wer ihr Hülfe brächte gegen den rauhen, trunkenen Mann. Da wünschte ich recht lebhaft bei ihr zu sein, sie zu trösten. Versteht mich, alles nur im Traum. Aber über unseren Träumen schwebt der Menschenfeind, er saugt den Athem ein unserer Wünsche, unserer Gedanken. Ehe wir's uns versehen, da wir im Schlaf der Freiheit des Willens entbehren, sind wir ganz ihm anheimgegeben.«
    »Kann er uns auch fortschleppen, derweil wir noch in den Federn liegen thun?«
    Der Dechant nickte bedeutungsvoll, indem er mit den Augen zwinkerte: »Gehen nicht die Geister der Abgeschiedenen um, derweil ihre Körper noch fast blutwarm auf dem Todtenbette liegen!«
    Der Burgherr von Ziatz schauerte: »Und das Unsereins nichts gegen thun kann!«
    »Doch Ritter! Wir könnten, ja wir sollten uns auch im Schlaf bewachen. Mögt Ihr Euch denn Rechenschaft geben über Alles, was Ihr geträumt habt?«
    »Die sieben Nächte durch?«
    »Unstreitig waren die Gedanken auch im Schlafe bei dem, was Euch werth ist. Ich meine, das was Ihr nie von Euch laßt. Ihr seid nun von der ganzen Geschichte unterrichtet, wie es Euch heimlich entwandt, wie es gewaschen wurde, wie es zwischen den Fichten hing, vom Winde geschaukelt, wie es in dem Aufruhr vergessen ward, wie der Schelm es stahl und sich mit seiner Beute auf und davon machte. O die Gefühlssinne sind im Schlaf außerordentlich fein. Satan, der Euch keinen Augenblick verließ, lauschte Euch den Moment ab, wo Ihr im Traume aufführt, nach den Hosen grifft, auf den Schelm fluchtet, ihm nachsetztet, ihn bandet. Ihr habt's gethan, ob nun im Schlaf oder im Wachen, und ich meine, Ihr habt an und für sich nichts Böses damit gethan, aber vertreten müßt Ihr es als ein Ehrenmann.«
    »Wer schlief denn nun in meinem Bette?«
    »Weiß ich denn, wer in meinem schnarchte? Das sind so zarte Dinge, über die man nicht zu viel nachdenken muß. Hier ist der Platz zur Unterschrift.«
    Der Gefangene schrieb. Daß die Buchstaben ungleich und schief waren, durfte Niemand verwundern.
    »Dechant!« rief er. »Mir geht's im Kopfe rum, ich weiß nicht, wie mir ist. Aber – wenn sie nur ihre Seife nicht daran gehabt hätte, dann wäre auch die ganze Geschichte nicht gekommen. Ich weiß auch gar nicht, was die Frauensleute immer mit ihrem Waschen haben. Ich glaube, da steckt auch was vom Satan drin, wenn man immer Alles rein haben will. Ueberhaupt wenn Alles immer beim Alten bliebe, dann wäre nicht so viele schwere Noth in der Welt.«
    »Da sprecht Ihr eine tiefe Wahrheit,« sagte der Dechant, indem er rasch das Papier gefalzt und in die Brust gesteckt hatte. Er schloß den Freund in seine Arme und die Thür schlug hinter ihm zu.
    »Warum geht's denn nicht?« fragte Herr von Bredow in die Luft. »Da steckt auch gewiß der Gottseibeiuns hinter.«
    Herr Gottfried schien sich selbst zu wundern über das Selbstgespräch. Es war nicht seine Art. So reißen feste Ereignisse auch große Charaktere mit sich wie der Sturm die Eiche, deren Wurzeln er unterspült hat. Herr Gottfried dehnte sich, hielt die Hand an den Mund, und warf sich auf das Gefangenlager, wo der lang entbehrte schlaf ihn bald tröstend für alle Störungen und Plackereien umfing.
     
Fußnoten
     
    1 Friedrich der Große sagt:
Il reçut le surnom de Nestor comme Louis
XIII.
celui de Juste, c'est-à-dire sans que l'on pénétre la raison.
     
    2 Fast wörtlich aus der berühmten Predigt. Vom zuluderten Zucht ehrverwegenen pludrichten Hosenteufel. Vermahnung und Warnung. 2. Aufl.
     
    3 Worte der Predigt.
     
     
Fünfzehntes Kapitel.
Kläger und Günstling.
    In dem Kabinet des Kurfürsten waren nur der Krämer Hedderich und der Fürst. Dieser stand mit untergeschlagenen Armen; jener lag ausgestreckt auf dem Boden vor

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