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Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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gesehen, und ich war in dem Glauben aufgewachsen, dass dies bei armen, unterdrückten Menschen so sei.
    Abartigkeiten, Promiskuität, Pornographie waren ganz natürlich in der Welt, in der ich gelebt hatte, und wuchsen wie Pilze in unserer finsteren, schmutzigen Gegend.
    Aber die gewundenen und hässlichen Straßen, auf denen die Gedanken von Menschen entlangwanderten, kannten offenbar keine Schranken. Charles’ Mutter hatte ihn auf eine andere Art gequält und missbraucht, aber das Ergebnis war das gleiche.
    »Wie schrecklich«, murmelte ich. »Sagte denn sein Vater nichts dazu?«
    »Nein. SeinVater hatte sie kurz nach Charles’ Geburt verlassen.«
    »Ich kann ihm das nicht zum Vorwurf machen«, murmelte ich. Ich überlegte einen Augenblick. »Trug er immer noch diese Gummiunterhose, als du ihn kennen lerntest? Als du ihn küsstest?«
    Sie nickte und wurde dann knallrot.
    »Was ist?«
    »Schwöre, dass du es nie einer Menschenseele erzählen wirst«, bat sie.
    »Ich tratsche nicht, aber wenn du möchtest, schwöre ich.«
    »Er ließ mich an einer Seite des Zimmers stehen und
stellte sich auf die andere Seite. Dann zog er seine Hose aus, um mir die Gummiunterhose zu zeigen, und dann zog er die herunter, um mir zu zeigen, wie schnell er …«
    »Was?«, schrie ich fast. Sie musste schlucken.
    »Wie schnell er wuchs und immer weiter wuchs und dann ejakulierte, als er ihn berührte.«
    Einen Augenblick saß ich mit offenem Mund da.
    »Er hat das vor dir getan?«
    Sie nickte.
    »Das ist ja völlig abartig.«
    »Ich bin weggelaufen«, gab sie zu. »Es ängstigte mich.«
    »Ich glaube, ich wäre auch weggelaufen.« Ich zog eine Grimasse bei der Vorstellung. »Er war dein einziger Freund?«
    »Gewissermaßen«, sagte sie. »Danach sahen wir uns nicht mehr viel. Ich hatte das Gefühl, er hatte seiner Mutter erzählt, was passiert war, und sie hatte ihm verboten, mich zu sehen.«
    Sie wirkte so niedergeschlagen, weil sie mir die Geschichte erzählt hatte, dass ich sofort das Thema wechselte und sie dazu brachte, über andere Dinge zu reden wie Fernsehen und Kino, Bücher, die sie gelesen hatte, und Orte, an denen sie gewesen war. Von der Geschichte war mir tatsächlich richtig schlecht geworden, und ich wollte sie auch vergessen.
    Als sie mir Fragen über das Leben im Ghetto stellte, merkte ich, dass ich die positiven Seiten übertrieb. Es klang fast so, als hätte ich eine wundervolle Welt verlassen, um in diesem großen Haus mit all den reichen Leuten zu leiden und auf eine Privatschule zu gehen. Als sie ging, schaute sie mich neidisch an, und ich hatte das Gefühl, als ob das Haus und mein neues Leben mich korrumpierten, mich auch
verwandelten zu einer von denen, die Geheimnisse und Lügen in ihrem Herzen aufbewahren.
    Spät am Morgen traf Großmutter Hudson wie ein Wirbelsturm ein. Ich hörte, wie ihre Stimme die Wände erbeben ließ, sobald sich die Haustür öffnete. Die Krankenschwester, Mrs Griffin, stand neben ihr und versuchte, ihren Arm zu halten. Sie war eine große dunkelhaarige Frau, die kräftig genug wirkte. Aber Großmutter Hudson weigerte sich, sich auf irgendjemanden oder irgendetwas zu stützen.
    »Wo sind denn alle?«, rief sie.
    Ich kam aus meinem Zimmer gelaufen und eilte die Treppe hinunter. Merilyn rannte aus der Küche.
    »Willkommen zu Hause, Mrs Hudson«, sagte ich.
    »Ma’am«, sagte Merilyn nickend.
    Großmutter Hudson schaute sich wütend um, warf einen Blick in das Wohnzimmer und ging dann den Flur entlang zum Speisezimmer.
    »Mrs Hudson, ich möchte, dass Sie nach oben gehen, ins Bett«, sagte Mrs Griffin.
    »Einen Augenblick«, erwiderte Großmutter Hudson und scheuchte sie mit einer Handbewegung weg. Mrs Griffin schaute erst mich an und dann Jake, der strahlte und den Kopf schüttelte.
    »Haben Sie diesen Esstisch, seit ich weg war, einmal abgewaschen?«, wollte Großmutter von Merilyn wissen.
    »Ja, Ma’am.«
    »Sieht nicht so aus. Auf den Fensterverkleidungen liegt Staub. Die müssen Sie absaugen, nicht nur mit einem Federwisch darauf herumfegen. Davon wird der Staub nur aufgewedelt. Ich glaube, das habe ich Ihnen schon tausendmal gesagt.«

    »Ich habe Staub gesaugt«, versicherte Merilyn. Großmutter Hudson machte ein barsches Geräusch und schaute dann in die Küche.
    »Wenn da irgendetwas nicht stimmt, ist das nicht meine Schuld, Mrs Hudson. Rain hat die Küche auch benutzt. Sie hatte gestern Abend sogar einen Gast zum Abendessen und hat ihr Dinner selbst gekocht«, enthüllte

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