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Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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machen. Macht mich diese geringe Unzulänglichkeit zu einer Närrin?«, fragte sie.
    »Ich habe dir schon einmal gesagt und ich sage es dir wieder, Großmutter Hudson, ich bin keine Diebin.«
    Ihre Lippen umspielte wieder dieses kleine Lächeln.
    »Wir werden sehen. Dreh zweimal nach rechts und stoppe bei zehn. Dann zurück auf zwei und nach rechts bis zwölf. Ganz oben auf dem Stapel Papiere liegt ein Dokument in einem hellgelben Aktenordner. Bring mir das, bevor Victoria herkommt. Und ich will nicht, dass jemand davon erfährt. Hast du mich verstanden?«
    »Ja.«
    Merilyn kam herein; sie trug ein Tablett mit Tee und Keksen.
    »Was haben Sie gemacht, den Tee aus Richmond kommen lassen? Ich habe vor Stunden darum gebeten.«
    »Es waren keine zwanzig Minuten, Mrs Hudson.«
    »Hmm«, sagte Großmutter Hudson. »Stellen Sie ihn hierhin. Na los.«
    Merilyn beeilte sich und trat dann zurück. Großmutter Hudson befühlte die Teekanne.
    »Sie ist nicht heiß genug«, sagte sie.
    »Sie war kochend heiß, Ma’am.«
    »Vielleicht vor zwanzig Minuten. Holen Sie mir heißes Wasser.«

    »Ja, Ma’am«, sagte sie und warf mir einen zornigen Blick zu.
    »Nun?«, sagte Großmutter Hudson zu mir gewandt. »Worauf wartest du?«
    Ich eilte aus ihrem Schlafzimmer, die Treppe hinunter zum Safe. Bildete ich mir das nur ein, oder war Großmutter Hudson noch griesgrämiger als zuvor zurückgekehrt? Ich dachte, sie sollte sich besser fühlen. Merilyn tat mir Leid.
    Als ich an der Küche vorbeiging, schaute ich hinein und sah, dass Mrs Griffin sich selbst ein Sandwich und Kaffee machte. Sie sah aus, als murmelte sie vor sich hin. Nachdem ich das Arbeitszimmer betreten hatte, schloss ich die Tür leise und ging dann zum Bild von Mr Hudson. Behutsam hängte ich es ab und begann den Knopf am Safe zu drehen. Es klickte, ich öffnete den Tresor und griff hinein. Ich sah, dass Schmuck, Papiere und etwas, das wie eine Geburtsurkunde aussah, darin lagen. Ich fand das Dokument, das sie haben wollte, schloss den Safe, hängte das Porträt sorgfältig wieder auf und verließ das Arbeitszimmer. Ich schaute nicht auf das Dokument. Es war sehr dick. Als ich mich der Treppe näherte, ging die Haustür auf und Victoria kam herein. Instinktiv senkte ich das Dokument nach unten und hielt es so dicht an mich, dass es nicht zu sehen war.
    »Wie geht es meiner Mutter?«, wollte sie wissen, ohne mich zu begrüßen.
    »Sie sieht gut aus«, sagte ich. »Die Krankenschwester hat sie zu Bett gebracht, und sie trinkt jetzt Tee.«
    »Wo ist die Krankenschwester?«
    »Beim Mittagessen«, sagte ich.
    »Das wird sie vermutlich die meiste Zeit tun. Ich weiß sowieso nicht, wieso wir eine voll ausgebildete Krankenschwester
brauchen. Eine Schwesternhelferin hätte doch auch gereicht.«
    Sie schickte sich an hinaufzugehen.
    Großmutter Hudson wollte, dass ich ihr das Dokument brachte, bevor Victoria eintraf, daher war ich mir sicher, dass sie nicht wollte, dass ich es ihr jetzt hereinbrachte. Stattdessen ging ich in mein Zimmer. Leise schloss ich die Tür und setzte mich mit klopfendem Herzen an meinen Schreibtisch. All diese Intrigen machten mich nervös. Obwohl ich mich bemühte, diesen Drang zu unterdrücken, starrte ich den Ordner mit neugierigen Augen an und ließ die Papiere herausgleiten. Behutsam öffnete ich das Dokument und las es.
    Es war der letzte Wille meiner Großmutter.
    So ordentlich wie möglich schob ich die Papiere zurück und legte sie beiseite. Dann öffnete ich meine Tür einen Spaltbreit, damit ich hören konnte, wenn jemand vorbeiging, und wartete, bis ich hörte, wie Victoria ging. Ich packte den Ordner und kehrte in Großmutter Hudsons Schlafzimmer zurück.
    Erwartungsvoll schaute sie mich an, und ich hielt ihr das Dokument entgegen.
    »Hat Victoria gesehen, dass du es geholt hast?«
    »Nein.«
    »Gut«, sagte sie. »Gib mir das Telefon.«
    »Solltest du dich jetzt nicht ausruhen, Großmutter?«
    »Was ich aus der ganzen Geschichte gelernt habe, ist, dass ich mich bald genug für immer ausruhen werde«, sagte sie entschlossen. »Und ich gehöre nicht zu den Leuten, die gerne etwas unerledigt lassen. Gib mir das Telefon.«
    Ich tat, worum sie mich gebeten hatte. Mit einer Handbewegung entließ sie mich, während sie ihr Gespräch führte.

    Reiche Leute sind zu kompliziert, dachte ich, und eine Weile sehnte ich mich tatsächlich zurück nach The Projects, wo ich in meinem Zimmer saß und mir nur Sorgen darüber machte, was ich zum Abendessen kochen

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