Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
und Corbette lag auf dem anderen Sofa. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war fast halb drei Uhr morgens!
»Corbette!«, rief ich und setzte mich auf. Er öffnete nicht die Augen. Ich zog die Schuhe an und stand auf, und zwar so schnell, dass mir einen Augenblick lang schwindelig war. Sobald das vorüber war, ging ich zu ihm und schüttelte ihn heftig.
»Aaah.« Er öffnete die Augen. »Was ist los?«
»Es ist fast halb drei.Warum hast du mich nicht geweckt?«
»Tatsächlich?« Er rieb sich die Augen und schaute auf die Uhr. »Ach ja.«
»Das ist nicht komisch. Bestimmt machen sie sich Sorgen um mich.«
»Warum? Es ist doch ein großer Abend«, meinte er lässig. Er sah aus, als wollte er nicht aufstehen.
»Du musst mich sofort nach Hause bringen, Corbette. Wir haben auch die Premierenfeier verpasst! Das ist schrecklich.«
Er öffnete die Augen und lächelte.
»Nicht alles«, widersprach er.
»Bring mich nach Hause, Corbette«, verlangte ich.
»Okay, okay. Mein Gott, für eine tote Frau bist du aber ganz schön energisch«, witzelte er, aber ich war nicht in der Stimmung für Scherze.
Er brachte mich wieder auf dem Weg über die holprigen Seitenstraßen nach Hause. Als wir zu Hause ankamen, war mir ganz übel.
»Danke für den schönen Abend«, sagte er.
»Gute Nacht, Corbette.«
»Nacht«, sagte er, ohne zu versprechen, mich anzurufen. Er fuhr ab, bevor ich auch nur die Treppe erreichte. Es war so dunkel und still. Ich hatte ein unheilvolles Gefühl, als ich die Tür öffnete. Als ich zur Treppe ging, kam Sissy aus der Küche. Sie trug einen Bademantel.
»Warum sind Sie noch auf, Sissy?«, fragte ich.
»Ich habe Mrs Hudson versprochen, dass ich warte, bis Sie nach Hause kommen«, erklärte sie.
»Oh.«
»Und ich habe eine Nachricht von Mr Brody für Sie«, fügte sie hinzu. »Er wartete bis ungefähr ein Uhr.«
»Er ist abgefahren?«, fragte ich überrascht.
»Ja. Er sagte mir, ich sollte Ihnen mitteilen, er hätte auf seine Mutter hören sollen.«
Ich hatte das Gefühl, unter eine eiskalte Dusche zu treten.
Sie vertrieb die Müdigkeit und weckte mich für die trübe Realität dessen, wo ich war und wer ich sein sollte. In mir zersprang etwas wie dünnes Eis.
Ich verwandelte mich in genau das, was ich so verachtete: eine Lügnerin. Brody tat mir Leid, wie er durch die Nacht fuhr, angetrieben von der Enttäuschung, die er gehofft hatte, vermeiden zu können.
Vor langer Zeit gab sich meine Mutter einem Mann hin, als sie ein Leben ihrer eigenen Fantasien lebte und mich damit verurteilte, auf die gleiche falsche Art zu leben, mich von einer Illusion zur nächsten zu bewegen, bis mir nichts blieb als die Erinnerung an mich selbst.
KAPITEL 19
Freude und Schmerz
D ie Auswirkungen der Theateraufführung und meiner Vorstellung dauerten bis in die folgende Woche an.All meine Lehrer, die zugeschaut hatten, wiederholten ihre Glückwünsche, und Mrs Whitney kam extra aus dem Verwaltungsgebäude herüber, um mich in Mr Bufurds Unterricht aufzusuchen und mir persönlich zu gratulieren. Und dann überraschte Großmutter Hudson mich mit der Ankündigung, dass Conor MacWaine zum Abendessen kam, um mit mir über meine Zukunft zu sprechen. Ich hatte keine Ahnung, was das heißen sollte, bis er mir gegenübersaß und sagte: »Ich finde, Sie könnten Karriere als Schauspielerin machen.«
»Tatsächlich?«
Ich schaute zu Großmutter Hudson, die das Gesicht nicht verzog und ernst blieb.
»Ich glaube wirklich, dazu bin ich nicht gut genug«, sagte ich.
Großmutter Hudson knurrte beinahe.
»Ich finde, Mr MacWaine hat ein wenig mehr Erfahrung und ein wenig mehr Einblick, Rain. Er ist der Direktor einer angesehenen Schauspielschule, und zu deiner Information, die Schüler an seiner Schule müssen vorspielen und die meisten werden abgelehnt. Stimmt’s nicht, Conor?«
»Ja.
Ich schaute ihn wieder an.
»Manche Menschen haben eine natürliche Begabung dafür«, fuhr er fort. »Man kann es Talent nennen aus Mangel an einem besseren Begriff. Sie haben ein instinktives Gespür für den richtigen Augenblick, für Pose und Einstellung. Natürlich müssen sie auch die natürlichen Gaben von Stimme und Erscheinung besitzen.
Als ich erfuhr, dass dies tatsächlich Ihre erste und einzige Erfahrung auf der Bühne war, war ich beeindruckt. Ich sage Ihnen, Sie verfügen über einen bestimmten Ausdruck, der ein bemerkenswert starker Punkt sein kann, wenn Sie entsprechend angeleitet und weiterentwickelt werden.
Die
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