Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
Erfahrungen an meiner Schule profitieren, und mit Mrs Hudson als Wohltäterin haben Sie große Vorteile«, sagte er.
Ich nickte. Ich wollte nicht undankbar erscheinen. Es war einfach die Vorstellung, in ein anderes Land zu gehen und so weit weg von Mama zu sein, während ich versuchte, etwas zu tun, von dem die Leute nur träumten. Was würde Roy sagen? Und Mama?
Ich konnte es nicht abwarten, Mama ans Telefon zu bekommen und ihr alles zu erzählen. Ich ging nach dem Abendessen nach oben und versuchte immer wieder anzurufen. Das Telefon klingelte und klingelte, aber wieder hob niemand ab. Warum hatte Mama die ganze Zeit nicht versucht mich anzurufen, fragte ich mich. Vielleicht hatte sie sich doch entschieden, etwas für Ken zu tun. Ganz gleich, wie schlecht er war, sie hatte immer noch ihre Erinnerungen, und sie war nicht der Mensch, der einfach jemanden endgültig abschrieb. Ich beschloss, jeden Abend anzurufen, bis ich mit ihr gesprochen hatte.
Ich wollte weiterlernen für meine Abschlussprüfungen, aber meine Gedanken schweiften immer wieder ab zu der Diskussion beim Abendessen. War ich wirklich so gut? Warum war Großmutter Hudson so entschlossen, dass ich das tun sollte, so entschlossen, dass sie sogar anbot, mit mir nach England zu reisen und dafür zu sorgen, dass ich gut untergebracht war?
Vielleicht hoffte sie nur, mich loszuwerden. Vielleicht hatten sie und meine Mutter beschlossen, damit würde Victoria sich zufrieden geben und das würde mich von Brody fern halten.
Wenn ich so weit weg war, konnten sie das Geheimnis meiner Identität bewahren. Es war gar nicht so, dass ich Talent besaß. Es war einfach eine bequeme Lösung. War es falsch, so zu denken? Wie schrecklich, mir so etwas anzutun. Mich wegzuschicken, um zu versuchen, etwas zu werden, das ich nie werden konnte. Das konnten sie doch nicht machen, oder? Aber wie konnte ich überhaupt jemandem glauben, der behaglich in einem Bett voller Lügen schlief?
Ich hätte Großmutter Hudson verzweifelt gerne vertraut, geglaubt, dass sie sich jetzt wirklich etwas aus mir machte. Sie hatte mich schließlich in ihr Testament aufgenommen, nicht wahr?
Oder war das alles nur Betrug? Sollte das dazu dienen, mein Vertrauen zu gewinnen, um mich dann voller falscher Hoffnungen wegzuschicken? Beni hatte mir immer vorgeworfen, ich sei zu naiv, glaube den Leuten zu viel. Hatte sie Recht? War ich ein Narr und ein leichtes Ziel ohne jemanden wie Roy, der auf mich aufpasste?
Die Fragen prallten in meinem Kopf umher wie Tischtennisbälle.
Als ich meine eigenen Schwächen in Bezug auf Menschen überdachte, musste ich auch an Corbette denken. Seit unserer privaten Feier hatte er mich nicht angerufen. Er hatte sich nicht einmal erkundigt, wie es mir am Tag danach ging. Jeden Tag nach der Schule rechnete ich damit, ihn zu sehen, aber er kam nie herüber vom Sweet William. Hatte er mich nur ausgenutzt? Vielleicht war ich eine Närrin. Das brachte mich auf den Gedanken, nicht zu schnell einer Sache zuzustimmen, selbst wenn es sich um eine vermeintlich goldene Gelegenheit handelte.
Bevor sie sich an diesem Abend zurückzog, kam Großmutter Hudson zu meinem Zimmer. Ich lernte Mathe und hörte nicht einmal, dass sie geklopft hatte und dann die Tür öffnete.
»Rain«, sagte sie, und ich drehte mich um.
»Oh, Entschuldigung. Ich kämpfe gerade mit einem Problem.«
»Ich auch«, sagte sie. »Ich war beim Abendessen enttäuscht von dir. Mr MacWaine tat mir einen großen Gefallen, als er zu deiner Aufführung kam und dich auf diese Weise für seine Schule vorspielen ließ. Es ist nicht übertrieben, dass vermutlich Tausende von jungen Leuten liebend gerne diese Chance geboten bekämen. Ich hatte noch nie den Eindruck, dass du undankbar bist, aber heute Abend...«
»Ich weiß das zu schätzen. Es ist nur … ich würde gerne zuerst mit Mama darüber sprechen. Bitte«, bettelte ich.
»Ich verstehe. Ja, vermutlich ist das richtig«, gab sie zu. »Schließlich ist diese Frau dein ganzes Leben eine Mutter für dich gewesen. In Ordnung, ruf sie sofort an und besprich es mit ihr.«
»Ich habe sie angerufen, aber niemand meldet sich«, sagte
ich. »Allmählich mache ich mir Sorgen.Vielleicht ist sie zurückgegangen, um meinem Stiefvater zu helfen, der wegen bewaffneten Raubüberfalls verhaftet worden ist.«
»Verhaftet?« Sie überlegte einen Augenblick. »In Ordnung. Gib mir die Telefonnummer und die Adresse, und ich kümmere mich darum, dass wir morgen mit deiner Mama in
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