Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
Schluchzern brach. Dann war alles ruhig. Ich schaute zu Beni hinüber, um zu sehen, ob sie auch gelauscht hatte, aber sie schlief fest. Ich lag lange wach, bevor ich wieder in einen ruhelosen Schlaf versank. Beni wachte am nächsten Morgen vor mir auf und knallte mit der Badezimmertür, um mich zu wecken. Es hörte sich an wie ein Feuerwerkskörper unter dem Bett, so dass ich aus dem Schlaf hochschreckte. Schnell wusch ich mich und zog mich an.
Roy stand am Kühlschrank, Beni schlürfte Kaffee und knabberte ein Milchbrötchen, Mama brütete über ihrer eigenen Tasse Kaffee, als ich schließlich hereinkam. Alle schauten mich an, aber keiner sprach. Ein tiefes unheilvolles Schweigen lastete auf dem Zimmer, als läge im Nebenraum jemand im Sterben. Schließlich lächelte Beni und sagte: »Die Prinzessin hat sich erhoben.«
»Wenn sich hier jemand für eine Prinzessin hält, bist du das«, fuhr Roy sie an.
Mama stöhnte bei der Aussicht auf einen morgendlichen Streit unter uns und ließ den Kopf noch tiefer hängen. Ihr Stöhnen kam tief aus ihrem Innersten, vom Grunde ihrer Seele. Roy und ich wechselten einen besorgten Blick, und sogar Beni wirkte ein wenig reuevoll.
»Was ist los, Mama?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf und holte dann tief Luft.
»Er ist hingegangen und hat etwas sehr Schlimmes getan«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was daraus werden wird.«
»Was hat er getan, Mama?«, fragte ich atemlos.
Ganz langsam schaute sie auf.
»Er ist zu diesen Leuten gegangen und hat mehr Geld verlangt. Zumindest behauptet er das«, fügte sie hinzu.
»Was für Leute?«, fragte Roy.
»Rains Familie, was glaubst du denn?«, sagte Beni. Roy schaute sie finster an und wandte sich dann an Mama.
»Der produziert doch nur heiße Luft, Mama. Er würde nie versuchen, diese Leute zu erpressen«, sagte Roy.
»Oh, man kann nie wissen, was er tun wird, Roy«, sagte sie mit vor Erschöpfung strotzender Stimme. Sie lehnte sich zurück und starrte die Schlafzimmertür an. »Er ist ein Wildpferd, das man nicht zähmen kann. Ich habe es versucht, Gott weiß, ich habe es versucht.«
»Warum hast du ihn denn dann geheiratet?«, fragte Beni und stand auf. Sie setzte ihre Tasse so heftig in der Spüle ab, dass sie beinahe zerbrach.
Mama schaute von Roy zu mir und lachte Beni dann aus.
»Warum ich ihn geheiratet habe? Schau dir mal an, wer sich da zum Richter erhebt. Habe ich es dir nicht tausendmal gesagt, Mädchen? Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst«, zitierte Mama.
»Ich habe keine Angst davor, gerichtet zu werden, Mama«, rief Beni, der Tränen in die Augen traten. »Ganz gleich, was du hörst.« Sie schaute zu mir.
»Beni ist kein schlechtes Mädchen, Mama«, sagte ich.
»Du brauchst dich nicht für mich einzusetzen, Rain«, fuhr Beni mich an.
»Warum sollte sie sich nicht für dich einsetzen? Und du solltest dich für sie einsetzen. Ihr seid Verwandte«, sagte Mama. »Du darfst nie etwas anderes denken. Hörst du, Beni? Beni!«, fauchte sie, als Beni wegschaute. »Hörst du?«
»Ja, Mama. Wir sind verwandt«, wiederholte Beni, aber mit einem Gesicht, als hätte sie in einen faulen Apfel gebissen.
»Gut. Gut«, sagte Mama. Sie holte tief Luft. »Denk daran«, riet sie ihr, »jemand wie dieser Mann, den ich geheiratet habe, wartet an jeder Ecke auf dich. Vertrau ihm nicht zu schnell. Pass auf, dass du nicht in noch mehr Situationen gerätst, die du bedauern wirst, Beni.«
Beni starrte mich mit schief gelegtem Kopf an, die Augen misstrauisch zu Schlitzen zusammengekniffen. Ich beschäftigte mich mit meinem Frühstück. Auf dem Weg zur Schule, als Roy weit genug weg war, fragte sie mich jedoch, ob ich Mama je erzählt hatte, was ihr wirklich auf der Party passiert war.
»Nein, natürlich nicht«, protestierte ich. »Wie kannst du so etwas glauben, Beni?«
»Du kommst mit Mama besser klar als ich. Du redest häufig mit ihr, und ich weiß nicht worüber, Rain.Vielleicht stellst du dich so hin, dass du besser bist als ich.«
»Das würde ich nie, Beni. Du solltest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich das nicht würde.«
»Ich weiß nichts über niemanden«, murmelte sie, als sei ich diejenige gewesen, die das Geheimnis meiner Geburt all die Jahre gehütet hatte.
Sobald wir in die Schule kamen, ließ sie mich alleine und ging zu ihren Freundinnen, selbst zu denjenigen, von denen sie wusste, dass sie sie hintergangen hatten. Konnten wir je wieder Schwestern sein, fragte ich mich.
Ich konnte
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