Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
Einzelheiten zu hören.
Mama besaß keine Schlaftabletten und kannte auch keinen Arzt, der sie ihr verschreiben konnte. Sie bat Roy um etwas Whiskey. Ich stand in der Tür, wartete darauf, mit ihr zu sprechen, unsicher, wie ich anfangen sollte, voll panischer Angst, wie es sich anhören würde. Ken tobte vor seinem
imaginären Publikum in der Küche, als Roy Mama rasch ein halbes Glas hochprozentigen Alkohol eingoss. Sie sagte immer, es sei billig, sie zu einem Rendezvous einzuladen, weil ein einziger Drink ausreichte, um sie einzuschläfern. Ihretwegen hoffte ich, dass es stimmte.
Roy streifte mich auf dem Rückweg und reichte ihn ihr. Sie nahm einen langen Schluck, hustete, ließ den Kopf auf das Kissen fallen und schaute mit Augen wie aus zerbrochenem Glas hoch.
»Wo ist Rain?«, fragte sie Roy.
Er wandte sich an mich. Bis jetzt hatte er kein Wort zu mir gesagt, nicht einmal gefragt, wie es mir ging.
»Ich bin hier, Mama.«
»Erzähl mir alles«, befahl sie, und ich näherte mich dem Bett. Roy starrte mich weiter voller Schmerz und Verwirrung an.
Ich begann damit, zu beschreiben, welche schrecklichen Dinge Beni auf der Party widerfahren waren und dass sie so niedergeschlagen und verlegen war, dass niemand davon erfahren sollte.
»Sie wollte nicht ihren eigenen Fehler verbergen, Mama. Sie hatte Angst, dich aufzuregen und krank zu machen. Sie nahm mir das Versprechen ab, es so geheim wie möglich zu halten. Sie hoffte, dass nicht noch mehr passiert war, und versprach, sich zu benehmen.«
Ich musste heftig schlucken, bevor ich fortfuhr, zu beschreiben, wie sie erpresst wurde und wie Beni und ich erneut versuchten, Mama vor diesen üblen Nachrichten zu schützen.
»Hast du wirklich geglaubt, du würdest mit so einem Abschaum fertig?«, fragte Roy mich. Seine Worte bebten vor
Zorn. »Hast du wirklich geglaubt, du würdest von ihnen bekommen, was du wolltest?«
»Ich dachte, sie wollten nur unser Geld und sobald wir ihnen gezeigt hatten, dass wir es haben, würden sie Beni die Fotos geben, und wir könnten die Sache vergessen.«
»Oh, mein Gott«, stöhnte Mama. »Mein kleines Baby. O Gott, was sie ihr angetan haben.«
»Ich habe dir doch gesagt, sie sind gefährlich«, sagte Roy. »Warum bist du nicht zu mir gekommen?«
»Wir hatten Angst, du würdest dich selbst in Schwierigkeiten bringen oder verletzt werden«, sagte ich.
»Angst, dass ich verletzt würde? Schau dir doch an, was Beni passiert ist«, rief er, die Arme ausgebreitet. »Ich dachte, du wärst die Intelligente in der Familie.«
Ich fing wieder an zu weinen, und Mama streckte die Hand nach mir aus.
»Sie hatte nur die besten Absichten«, sagte sie.
Roy schaute beiseite und ging dann hinaus, als ich Mamas Hand nahm und mich von ihr nach unten ziehen ließ, um sie zu umarmen. Wir weinten beide bitterlich, dann stand ich auf und ging in mein Zimmer, damit Mama etwas schlafen konnte.
Ken brabbelte immer noch vor sich hin wie ein Mann, der einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Er hatte mit einer Flasche Gin angefangen, und ich wusste, dass es noch schlimmer mit ihm wurde, je mehr Alkohol er trank. Roy kam heraus und sagte ihm, er solle still sein.
»Mama braucht Ruhe«, sagte er.
»Mama? Was ist denn mit mir?«
»Du kannst zur Hölle fahren«, teilte Roy ihm mit.
»Was hast du gesagt, Junge?«
Oh, nein, dachte ich. Sie werden sich noch prügeln. Nicht jetzt, bitte, nicht jetzt.
»Du hattest eine Familie, und es war dir völlig gleichgültig, was das bedeutete. Warum sind wir denn hier, Daddy?«, fragte Roy. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit nannte er ihn Daddy. »Warum wohnen wir in diesem … diesem Projekt, hm? Warum leben wir hier umgeben von Gangs,Verbrechen und Dreck, hm? Warum arbeitet Mama im Supermarkt wie eine Schülerin? Warum haben wir all iese Rechnungen in der Schublade? Warum endete Beni tot in einem gottverlassenen, rattenverseuchten Lagerhaus, hm?«
»Für all das gibst du mir die Schuld?«, fragte Ken, die Stimme voller Überraschung und Selbstmitleid.
»Schaust du jemals in den Spiegel? Schaust du jemals in den Spiegel und siehst, was alle anderen dort sehen?«
»Rede nicht so mit mir. Ich bin … Ich bin …«
»Du bist was? Du kannst es nicht einmal sagen. Du bist niemandes Vater. Du weißt nicht einmal, was es heißt,Vater zu sein.Trink noch einen.Trink noch viele«, sagte Roy und ließ ihn allein. Er ging jedoch nicht in sein Zimmer. Er kam in meines und schloss die Tür hinter sich.
Ich lag auf dem
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