Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten
der Beamte, der für die Schulschwänzer zuständig ist, mich nach Hause. Ich konnte den Vorfall nicht vor Mama geheim halten, weil sie mit mir in die Schule gehen musste. Sie würde sich freinehmen müssen, und das machte es noch schlimmer. Roy fand
heraus, was passiert war, und kam nach Hause, bevor er zu Slim ging. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte.
Er lächelte.
»Ich habe gehört, du hast ihr ein dickes Ei an der Stirn verpasst.«
»Das ist keine große Leistung. Schau doch nur, was ich für einen Ärger gemacht habe.«
»Besser, sie hacken nicht mehr auf dir herum«, drohte er mit vor Zorn blitzenden Augen.
Ich schloss die Augen und schaute beiseite. Brachte ich jeden in Schwierigkeiten? War das mein Schicksal?
Mama war natürlich völlig außer Fassung, aber sie machte sich mehr Sorgen darüber, dass ich angegriffen worden, als darüber, dass ich suspendiert worden war. »Es ist hier nicht mehr sicher für uns«, murmelte sie. Sie beklagte sich bei Ken, aber er konnte oder wollte nur wenig tun. Er hatte noch nicht einmal einen neuen Job, viel weniger die Möglichkeit, mit der Familie umzuziehen.
Drei Tage später begleitete Mama mich zur Schule und sprach mit Mr Morgan. Sie verlor zwei Stunden Lohn und verlangte gereizt, dass die Schule mehr tat, um mich zu beschützen. Im Endeffekt gab es nicht viel, was die Schule tun konnte.Was mir als Nächstes passierte, ereignete sich außerhalb des Schulgeländes.
Nicole hatte zu viel Angst, mich in der Schule zu belästigen. Mr Morgan hatte gedroht, sie von der Schule zu weisen, wenn sie das nächste Mal in Schwierigkeiten geriet, aber sie wollte sich so verzweifelt an mir rächen, dass ich dieses sehnsüchtige Verlangen in ihrem Blick sah, jedes Mal wenn sie mich anstarrte. Ich hätte vorsichtiger sein sollen, aber mein eigenes Schicksal war mir fast gleichgültig.
Nicole und ihre Freundinnen warteten auf ihre Gelegenheit. Sie folgten mir eines Nachmittags, etwa eine Woche später, nach Hause. Ich hörte nicht, dass sie hinter mir herkamen, bis sie fast bei mir waren. Ich hört nur meinen Namen, drehte mich um und wurde mit einem kleine Kanister Benzin überschüttet.
Ich schrie auf, Nicole kam nonchalant auf mich zu und warf ein entzündetes Streichholz auf mein Kleid.
»Jetzt wollen wir dich ein bisschen dunkler machen, Fräulein Etepetete«, rief sie.
Mein Kleid fing Feuer, und ich rannte hysterisch davon. Das zog die Aufmerksamkeit aller auf sich, ein Wachdienstmann an einem Bürogebäude auf der anderen Straßenseite rief mir zu, ich sollte mich auf einem kleinen Rasenstück wälzen. Ich befolgte seine Anweisung, aber meine Oberschenkel waren so schlimm verbrannt, dass ich in die Ambulanz des Krankenhauses musste. Vom Krankenhaus aus benachrichtigten sie Mama bei der Arbeit, und als sie eintraf, war ich bereits verbunden und lag behaglich auf einem Bett in einem der Untersuchungszimmer. Sie hatten mir etwas gegen die Schmerzen gegeben.
Der Polizist draußen erzählte ihr, was passiert war, und der Dienst habende Arzt erklärte ihr meine Verletzungen. Es bestand die Möglichkeit, dass ich Narben an den Beinen zurückbehalten würde.
Als sie zu mir hereinkam, weinte sie. Sie eilte zu mir und hielt meine Hand.
»Es ist alles in Ordnung, Mama. Mir geht es gut.«
»Du hättest getötet werden können!«, rief sie. Sie schüttelte den Kopf. »Sie werden nicht aufhören. Ich kenne sie. Hass ist ihr Lebenselixier.« Sie richtete sich auf und presste
die Lippen aufeinander. »Dich werde ich nicht auch noch an die Straße verlieren«, verkündete sie. »Sie werden keine Gelegenheit mehr bekommen, dich zu verletzen.«
»Wie meinst du das, Mama?«, fragte ich.
»Ich habe ein Kind hier verloren. Ich werde nicht noch eins verlieren. Oh nein.«
»Du wirst mich nicht verlieren, Mama«, sagte ich.
Ihr Gesichtsausdruck änderte sich nicht. Ich hatte sie noch nie so entschlossen erlebt. Ihre Augen waren aus kaltem grauem Stein. Sie strich mir die Haare aus dem Gesicht, starrte auf mich herunter und schüttelte sanft den Kopf.
»Ich weiß, dass du nie aufhören wirst, dir die Schuld zu geben, Rain. Du wirst hier nie mehr in Sicherheit sein, Kind. Und du wirst nie wieder in den Spiegel schauen und dich wohl fühlen, solange du hier bist.«
»Was sollen wir denn tun, Mama?«, fragte ich mit klopfendem Herzen.
»Es geht nicht darum, was wir tun werden, Rain. Es geht darum, was du tun wirst.«
»Ich? Was werde ich denn tun?«
»Du kehrst zu deinem eigenen
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