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Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten

Titel: Die Hudson Saga 01 - Haus der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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rasch.
    »Hi, ich bin Rain Arnold«, antwortete ich.
    »Ja, Mrs Whitney erwartet Sie.« Sie nahm meinen Ordner
entgegen. Warum konnte das Mädchen am Empfang ihn nicht bei ihr lassen, fragte ich mich. Jeder hier musste seine kleine Aufgabe haben.
    »Nehmen Sie doch Platz«, forderte sie mich auf und erhob sich, um in das Büro zu gehen.
    Ich saß auf dem Ledersofa und schaute mir das Dogwood-Jahrbuch des vergangenen Jahres an. Abgesehen von der üppigen Aufmachung unterschieden sich die Fotos nicht besonders von irgendeinem anderen Jahrbuch, das ich gesehen hatte.Allerdings waren auf den meisten Bildern nur Mädchen zu sehen. Ich stellte fest, wie viele AGs und Aktivitäten es gab, wie die Mädchen mit all den anderen Mädchenschulen in fast jeder Sportart konkurrierten, einschließlich Reiten, Schwimmen und Fechten. Fechten? Das war wie eine Vorbereitung auf den Film.
    Das Theater wirkte so groß und professionell. Im vergangenen Jahr hatten sie ein Musical aufgeführt, Der König und ich. Mir fiel auf, dass die Jungen der Produktion vom Sweet William stammten. Sie hatten auch Das Tagebuch der Anne Frank aufgeführt. Ich kannte und liebte dieses Buch. Ich erinnerte mich daran, dass ich Beni Passagen daraus vorgelesen hatte, die so tat, als interessiere sie das nicht, aber trotzdem zuhörte und schließlich so viele Fragen stellte, dass ich sie dazu brachte, es auch zu lesen.
    »Mrs Whitney möchte Sie jetzt sehen«, sagte Susan von der Tür.
    Ich stand schnell auf und ging in das Büro. Dieses war ziemlich groß, aber sehr ordentlich und wohl organisiert, eine Wand bedeckten Plaketten und Urkunden, Bilder wichtiger Politiker und Sponsoren, an einer anderen Wand hingen zwei Ölgemälde, von denen jedes Dogwood, den
See und die wunderschönen Gartenanlagen aus einer anderen Perspektive zeigte.
    Mrs Whitney wirkte wie eingesperrt hinter ihrem großen Ahornschreibtisch. Mich überraschte, wie klein sie war, nur etwa einen Meter fünfundfünfzig. Bestimmt wog sie nicht mehr als fünfundvierzig Kilo. Ihr blaugraues Haar war mit einer kleinen Welle in der Mitte gelegt, aber ihr Haar war so dünn, dass an einzelnen Stellen die Kopfhaut durchschimmerte. Sie trug schlichte goldene Ohranhänger, ein dunkelblaues Kostüm und eine teuer wirkende Golduhr. Mir fiel auf, dass sie einen Ehering, aber sonst keine Ringe anhatte.
    Was ihr an körperlicher Größe mangelte, machte sie durch Haltung und Stimme wett. Sie hatte ein Auftreten, das ganz eindeutig keinen Unsinn duldete, eine Festigkeit in Blick und Gesicht, die so viel Mumm und Kraft signalisierten, wie ich sie niemals bei einer Frau erlebt hatte. Ich hielt sie für Anfang sechzig, fand aber später heraus, dass sie bereits siebzig war und keinen noch so flüchtigen Gedanken daran verschwendete, sich zur Ruhe zu setzen. Sie war, wie ich bald erfahren sollte, die Personifikation von Dogwood. Es war ihre Schule, die sie eines Tages einer neuen Schulleiterin übergeben musste, und noch war sie nicht in der Stimmung, das auch nur in Betracht zu ziehen.
    »Nimm doch bitte Platz«, sagte sie und richtete ihre dunkelblauen Augen auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. Ich setzte mich schnell. »Danke, Susan«, sagte sie und nickte der Sekretärin zu, die daraufhin die Tür schloss.
    Eine ganze Weile betrachtete Mrs Whitney mich einfach. Ich war fast so weit, sie zu fragen, warum sie mich so eindringlich anstarrte, aber ich hatte nicht den Mut, auch nur
eine Silbe von mir zu geben. Sie hatte so eine Art, mit den Augen Befehle zu erteilen, einen mit ihrer entschiedenen Haltung zu beherrschen.
    »Ich bin mir deiner Situation voll bewusst«, begann sie. »Mrs Hudson und ich sind enge Freundinnen, und Mrs Hudson ist eine wichtige Geldgeberin für Dogwood.«
    Mrs Whitney trug nur eine Spur Lippenstift und etwas Puder auf den Wangen. Ihr Kinn war spitz, und die Haut war bis zu den Ohren so straff gespannt, dass die Gesichtsknochen sich daran zu reiben schienen, wenn sie sprach. Ihre Stirn war so zerknittert wie eines von Kens Hemden, und die Falten um ihre Augen und ihren Mund waren wie scharfe dunkle Schnitte. Wenn auch ihr Gesicht alterte, ihr Verstand tat das nicht. Sie sah aus, als könnte sie jederzeit aus ihrem alten Körper herausspringen und jedermann zu allem herausfordern.
    Ich war wirklich beeindruckt.
    »Sobald Sie heute durch diese Tür gehen, ist dieser Teil unserer Unterhaltung begraben und vergessen, es sei denn, Mrs Hudson selbst kommt wieder darauf zu sprechen. Haben Sie

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