Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht
Schätzchen«, flüsterte sie. »Schau. Der Vorhang geht auf.«
Ich nickte. Es war zu spät.
»Fangen wir an«, sagte ich zu mir und trat vorwärts ins Licht, auf die Bühne, als erwartete ich, wiedergeboren zu werden.
KAPITEL 1
Ein großes Abenteuer
G roßmutter Hudson saß mit einem Ich-habe-esdir-ja-gesagt-Lächeln am Frühstückstisch, als ich von dem Telefongespräch mit meiner Mutter zurückkehrte.
»Und?«, fragte sie, als ich schweigend dasaß. Ich wusste, sie wollte hören, dass sie Recht gehabt hatte. Aus Trotz ließ ich sie warten. Mein Zögern war auf meinen eigenen Schmerz zurückzuführen. Ganz gleich, wie tapfer ich mich gab, ich war enttäuscht.
»Sie kommt nicht«, sagte ich schnell mit niedergeschlagenen Augen. »Sie sagt, der Generalstaatsanwalt habe sie zum Essen eingeladen. Ich soll sie anrufen, wenn du dich unterstehen solltest, Pläne zu schmieden, mich nach England zu begleiten.«
»Genau deshalb sollte ich fahren«, sagte Großmutter Hudson wie ein bockiges kleines Mädchen. »Hast du alles gepackt?«
»Ja.«
Sie ließ einen langen weißen Umschlag zu mir herübergleiten.
»Was ist das?«
»Extra Taschengeld. Ich erwarte nicht, dass meine
Schwester dir irgendetwas kaufen wird, das du benötigst. Es ist ein Scheck. Sobald du angekommen bist, bittest du Leonora, dich zu ihrer Bank zu bringen und ihn gutschreiben zu lassen. Du weißt natürlich, dass das Geld in englische Pfund gewechselt wird?«
»Ja.«
»Du musst dir den Wechselkurs merken, damit du weißt, was die Dinge kosten. Natürlich sprechen sie die gleiche Sprache«, fuhr sie fort, »aber es gibt viele Unterschiede. Meine Schwester ist anglophil geworden. Sie hat einen britischen Akzent, obwohl es noch gar nicht so lange her ist, dass ich sie dabei erwischte, eher wie eine Amerikanerin zu reden. Ein bisschen Umgewöhnung ist nötig, aber das gehört mit zum Abenteuer.« Sie machte eine Pause, lehnte sich zurück und seufzte. »Ich wünschte, ich wäre in deinem Alter. Und könnte irgendwo hinreisen. Ich habe das Gefühl, an diesen Stuhl gefesselt und von meinem eigenen verräterischen Herzen eingekerkert zu sein«, stöhnte sie.
»Du hast mir oft erzählt, dass du viel gereist bist und dass du es genießt, dich nicht mehr irgendwohin schleppen zu müssen«, erinnerte ich sie.
»Ja, wir reisten sehr oft, bis Everett krank wurde.« Sie hielt inne, schaute einen Moment nachdenklich drein und grinste mich dann schief an. »Niemand hat dir aufgetragen, dir jedes Wort zu merken, das ich in diesem Haus äußere, und es mir dann wieder an den Kopf zu werfen.«
Ich lachte sie an, und sie lächelte kopfschüttelnd. Dann wurde sie wieder ernst.
»Ich sollte dir ein wenig über meine Schwester Leonora und ihren Mann Richard erzählen«, sagte sie und rutschte auf ihrem Sitz nach vorne. »Du weißt bereits, dass er Anwalt ist, und Leonora wird dir als Erstes erzählen, wie bedeutend er ist. Sie wohnen in einem vornehmen Stadtteil von London, Holland Park. Ich bin nur zweimal dort gewesen, einmal zu Besuch und einmal … zu einer Beerdigung.«
»Einer Beerdigung?«
»Sie verloren ihr einziges Kind Heather. Sie war damals sieben Jahre alt.«
»Wie schrecklich.Woran ist sie gestorben?«
»Sie wurde mit einer fehlerhaften Herzklappe geboren und durch Operationen ließ sich das Problem nicht lösen. Eines Morgens stellten sie fest, dass sie im Schlaf gestorben war. Es war sehr traurig.«
»Was hast du deiner Schwester über mich erzählt?«, fragte ich.
»Was alle anderen auch glauben. Es ist besser für uns, es dabei zu belassen. Meine Schwester ist nicht so liberal eingestellt wie ich. Im Augenblick glaubt sie, dass du dort wohnen und bei der Hausarbeit helfen wirst, während du die Schauspielschule besuchst. Da sie ein Hausmädchen, eine Köchin, einen Butler und einen Chauffeur haben, wird es für dich bestimmt nicht viel zu tun geben. Sie wird gewiss nicht auf ihr Dienstmädchen verzichten und dir ihre
Pflichten übertragen. Eine große Anzahl von Dienstboten zu haben ist in London ein viel zu wichtiges Statussymbol.«
»Ich habe keine Angst vor harter Arbeit, Großmutter.«
»Das weiß ich.« Sie lächelte, dann wurde ihr Gesicht wieder düster, als sie hinzufügte: »Nicht die Arbeit wird hart sein. Ich wäre jedoch nicht einverstanden gewesen, dich hinüberzuschicken, wenn ich nicht das Gefühl hätte, du würdest dort gut zurechtkommen, Rain Mr MacWaine wird sich gut um dich kümmern, und ich hoffe, dass ich eines
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