Die Hüter der Nacht
weiteren Übung … anstatt wie Schulkinder Cops zu spielen.«
»Einer wäre fast gestorben, weil meine Befehle nicht klar genug waren.«
Al-Asi tat die Äußerung mit einem Schulterzucken ab. »Ich hörte, dass Sie den Inhalt Ihres Magazins auf Fasil abgefeuert haben. Fünfzehn Schuss. Drei Treffer. Nicht schlecht, unter den gegebenen Umständen. Eines Tages gehen wir mal auf den Schießstand. Ich werde Ihnen Tipps geben.«
»Im Augenblick bin ich wegen etwas anderem hier.«
»Was kann ich für Sie tun, Inspector?«
Ben eilte hinter al-Asi her aufs Spielfeld. Das Gras war weich und voll und nur an wenigen Stellen braun dank der israelischen Bewässerungsexperten, die ein unterirdisches Bewässerungssystem entwickelt hatten, um den Mangel an Regen wettzumachen.
»Ich habe einen Computer in meinem Wagen«, sagte Ben. »Die Festplatte wurde gelöscht. Ich hatte gehofft, Ihr Amt könnte helfen, sie wiederherzustellen.«
»Und wessen Computer ist das?«
»Der eines Jungen, der anscheinend zufällig Opfer bei einem Straßenverbrechen geworden ist.«
Al-Asi applaudierte seinen Spielern, als sie ihn in ordentlichem Gänsemarsch passierten. »Wenn Sie das Wort ›anscheinend‹ benutzen, beunruhigt mich das. Sie halten das Verbrechen nicht für Zufall, wie?«
»Die Mutter des Jungen hält es nicht für einen Zufall.«
»Ich kann mir vorstellen, dass es bei meiner Frau ebenso wäre, wenn es ihr helfen würde, damit fertig zu werden.«
»Die Mutter des Jungen hat ausgesagt, dass ihr Sohn sich seit ungefähr einer Woche seltsam benommen hat. Er hat vor irgendetwas Angst gehabt.«
»Wo wurde er umgebracht?«
»Auf dem Weg nach Israel. Er fuhr zur Arbeit.«
»Der Junge hat in Israel gearbeitet?«, fragte al-Asi überrascht.
»In Tel Aviv, glaube ich. Der Job wurde von der experimentellen israelisch-palästinensischen Gemeinschaftsschule bei Abu Gosh vermittelt, die der Junge besucht hat.«
»Ich habe mir diese Schule wegen meines ältesten Sohns angesehen und mir gesagt, dass ich genug Ärger habe, um ihn vor anderen Palästinensern zu schützen, ganz zu schweigen vor Israelis. Ich dachte, der Laden wäre geschlossen worden.«
»Noch nicht. Die Schule hat das Opfer auch mit seinem Computer versorgt.«
Al-Asi blieb mitten auf dem Spielfeld stehen. »Ist das eine offizielle Ermittlung, Inspector?«
»Was meinen Sie denn?«
Al-Asi klopfte ihm auf die Schulter und betrachtete ihn wohlwollend. »Wissen Sie, wozu ich Sie wirklich gebrauchen könnte? Als Assistenz-Trainer. Es gibt sehr viele Trainingsspiele durchzuführen und Mannschaften zu erkunden. Da fühle ich mich manchmal überfordert.« Der Sohn des Colonels lief herbei und umarmte ihn kurz, bevor er davonflitzte, um sich seinen Spielkameraden anzuschließen. »Besonders jetzt, nachdem ich diese zusätzliche Verantwortung übernommen habe. Sind Sie interessiert?«
»Ich weiß nicht viel über das Spiel.«
»Das kann ich Ihnen beibringen.«
»Da muss man eine Menge lernen, die Regeln und alles.«
Ben und al-Asi schlenderten weiter über das Spielfeld.
»Mein Team spielt auf vielen Plätzen. Man lernt immer dazu. Manchmal wissen Sie gar nicht, was Sie erwartet, bis Sie irgendwo hinkommen.«
»Ich werde darüber nachdenken. Da ist noch etwas anderes, Colonel. Die Mutter des ermordeten Jungen hat noch einen Sohn. Er sitzt in einem palästinensischen Gefängnis.«
»Wie heißt er?«
»Farouk Falaya.«
»Nie gehört.«
»Gut, denn ich möchte, dass seine Freilassung beschleunigt wird.«
»Warum?«
»Damit er zu seiner Mutter heimkehren kann.«
»Ein guter Grund.« Al-Asi bog zu dem Parkplatz ab, wo seine Mannschaft sich um drei dunkle SUV-Wagen drängte, jeder mit einem der Leibwächter des Colonels besetzt, die Trainingsanzüge trugen. »Kommen Sie mit uns, Inspector, wir alle essen ein Eis.«
13.
Des Nachts wird die Stadt Old Jaffa südlich von Tel Aviv vom kalten Licht an Gebäuden erhellt, statt sich wie sonst in ihrer farbenprächtigen Vergangenheit zu verstecken. Kauflustige und Spaziergänger schlendern über den berühmten Flohmarkt, bekannt als Shuk Ha-Pispheshim . Sie sind auf Schnäppchen aus, statt wie in den Jahren zuvor aus Notwendigkeit ihren Bedarf zu decken, und sie benutzen ihre American-Express-Karten, um Waren zu bezahlen, die an wackligen Ständen und Karren feilgeboten werden.
Als die Dunkelheit hereinbrach, schlenderten zwei Männer, die keinerlei Interesse an den Angeboten zeigten, zwischen den Ständen und Verkaufsbuden
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