Die Hüter der Nacht
war, wo Christus nach seiner Taufe im Jordan der Versuchung durch Satan widerstanden hatte. Auf der terrassenförmigen Kuppe oberhalb der Drahtseilbahn, verborgen durch Höhlen, wo Jesus angeblich länger als einen Monat gefastet hatte, war jetzt ein französisches Restaurant.
»Wissen Sie«, sagte al-Asi, als hätte er Bens Gedanken gelesen, »das alles wurde von der Autonomiebehörde durch einen Handel mit der griechisch-orthodoxen Kirche ermöglicht. Sie hat die Kontrolle über den Berg. Ich frage mich, ob denen klar war, worauf sie sich eingelassen haben. In zehn Jahren wird unser kleiner Distrikt Jericho über zehntausend Hotelzimmer verfügen, und es werden genug Touristen kommen, um jedes dieser Zimmer zu belegen.«
»Das ist erfreulich …«
»Haben Sie schon mal in diesem Restaurant gegessen, Inspector?«
»Noch nicht.«
»Sie müssen die musakhana probieren«, sagte al-Asi und bezog sich auf das beliebte beduinische Gericht aus Hühnerfleisch. »Oder mansaf.«
Ben rief sich den köstlichen Duft der Gewürze in Erinnerung, der sein Elternhaus tagelang erfüllt hatte, nachdem seine Mutter diese würzige Mahlzeit gekocht hatte. »Es ist ein wenig früh am Tag für Reis und Rindfleisch, Colonel.«
»Genau aus diesem Grund können Sie sich auf Crepes, feine Eierspeisen und französische Pasteten freuen – alles erhältlich, wenn Sie es verlangen.«
»Ich wusste nicht, dass das Restaurant zum Frühstück geöffnet hat.«
»Hat es auch nicht. Die Besitzer machen heute großzügig eine Ausnahme.«
Sie näherten sich der perfekt abgetragenen und planierten Kuppe des Berges. Aus der Nähe sah sie wie dunkles, stumpfes Eis aus, das nach der Sonne dürstete, unberührt von Menschen und kaum für seine Anwesenheit empfänglich.
Al-Asi blickte wieder nach vorne in die Gondel der Drahtseilbahn, wo seine Kinder schließlich Frieden geschlossen hatten. »Sie haben meine Frau nie kennen gelernt, nicht wahr, Inspector?«
»Nein.«
»Dann ist dieser Morgen die perfekte Gelegenheit für uns alle, besser miteinander bekannt zu werden. Ein Jammer, dass Pakad Barnea sich nicht zu uns gesellen kann. Ich hätte Sie näher informieren sollen.«
»Das hätte nichts genutzt.«
»Gibt es Probleme zwischen Ihnen?«
»Nur die üblichen.«
»Und welche sind das, Inspector? Die üblichen, wo ihr euch gegenseitig regelmäßig besucht habt, oder die mehr in jüngster Zeit üblichen, wo ihr euch überhaupt nicht mehr besucht?«
»Sie haben sich über mich auf dem Laufenden gehalten.«
Ein belustigtes Funkeln erschien in al-Asis grauen Augen. »Zu Ihrem eigenen Besten, natürlich. Und im Interesse von Pakad Barnea. Wir wollen doch nicht, dass Feinde eine Schwachstelle nutzen.«
»Haben irgendwelche Feinde das versucht?«
Al-Asi zuckte die Achseln. »Wenn Sie es nicht bemerkt haben, was macht es dann schon aus?«
Die Drahtseilbahn quietschte; sie war jetzt auf halbem Weg zum Gipfel.
»Irgendetwas Neues auf der Diskette, die im Fußballstadion sichergestellt wurde?«, fragte Ben.
»Sie meinen die Diskette, die Sie sichergestellt haben. Manchmal sind Sie zu bescheiden, Inspector.«
»Fasils Übergabe war zu offensichtlich.«
Al-Asi runzelte die Stirn. »Ich wünschte, der Inhalt dieser Diskette wäre ebenfalls offensichtlich. Aber leider scheint er immer noch keinen Sinn zu ergeben. Die Diskette hängt sicherlich nicht mit dem meistgesuchten Terroristen in Palästina zusammen.«
»Nicht mehr, Colonel.«
»Dank Ihrer Schießkunst. Ich habe unseren geplanten Ausflug zum Schießplatz nicht vergessen. Wir werden ihn nächste Woche machen. Die Israelis haben uns eine neue Lieferung Pistolen geschickt, die ich ausprobieren möchte.«
Ben blickte aus dem Fenster der Drahtseilbahn, um zu sehen, wie weit es noch bis zum Gipfel war.
»Was haben Sie noch über die Familie Ashawi herausgefunden, Colonel?«
Al-Asi rutschte auf dem Sitz etwas näher zu Ben. »Sie haben die West-Bank nicht verlassen, und ihre einzigen Verwandten leben im Aida-Flüchtlingslager in Bethlehem. Die Familie hat sich keiner Vergehen gegen Israel schuldig gemacht und hat keine Verbindungen zu den Hamas. Keine registrierte Festnahme, weder von uns noch von den israelischen Behörden.«
»Was ist mit der Tochter, mit Zeina?«
»So ziemlich dasselbe, was Sie mir gesagt haben. Klassenbeste. Hat bereits Stipendien von einer Reihe amerikanischer Universitäten erhalten. Ein Vorbild, was den Schulbesuch angeht – bis vor acht Tagen.«
»Als ihr Freund
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