Die Hüter der Nacht
steckte, rührte hauptsächlich aber von dem Gefühl her, ein zusätzliches Gewicht in sich zu tragen. Es war das erste Mal, dass sie es bemerkte.
»Schaltkreis?«, fragte sie.
»Die digitalen Geräte, die Sie im Verkaufsraum sehen, haben komplizierte Festplatten, keine Tintenstrahl-Technik wie die kleineren Geräte. Das erleichtert die Dinge auf der einen Seite, macht sie auf der anderen Seite aber auch komplizierter. Wenn etwas nicht funktioniert, wird uns von dem Gerät normalerweise angezeigt, was defekt ist. Falls nicht, müssen wir sämtliche Verbindungen überprüfen und feststellen, ob die verschiedenen Chips intakt sind. Nötigenfalls müssen wir die ganze Festplatte auswechseln. Ich habe eine spezielle Schulung für solche Reparaturen absolviert.«
»Hat Shahir Falaya das ebenfalls in einer besonderen Schule gelernt?«, erkundigte sich Ben.
Azziz wies auf den makellosen Boden. »Dies hier war seine Schule.«
»Was passiert, wenn ein Chip schadhaft ist?«, fragte Danielle.
Azziz blickte sie verwundert an. »Manchmal ersetzen wir ihn. Und manchmal ersetzen wir die gesamte Festplatte, wie ich schon sagte. Es kommt darauf an. Die Garantiebestimmungen und Service-Verträge sind sehr strikt und sehr genau.«
Ben ging zu einem modernen Digital-Kopierer und Drucker, dessen Teile ausgepackt waren und noch zusammengesetzt werden mussten. Auf der Theke darüber bemerkte er einen Computermonitor.
»Diese Geräte sind also digital«, sagte er. »Aber was bedeutet das genau?«
»Die älteren Geräte, noch vor ein paar Jahren, waren wie große Kameras. Wenn sie hundert Kopien haben wollten, machte das Gerät hundert Aufnahmen. So ist das heute nicht mehr.«
»Nein?«
»Das Gerät nimmt das Bild zwar immer noch auf, doch statt eine Kopie zu machen, schickt sie das Bild zu einem Chip. Dann wird die Kopie von dem Chip gemacht und im Computer der Maschine gespeichert, bevor es kopiert wird.«
»Und wie?«
»Jeder Benutzer hat seine eigene Datei. Jeder ist zufrieden – bis irgendetwas schief geht.«
»Dann ruft man Sie an«, sagte Ben.
»Wenn ich Glück habe.«
»Was ist mit Faxgeräten?«, fragte Ben. Als Danielle die Aufregung in seiner Stimme hörte, drehte sie sich zu ihm und musterte ihn. Er erwiderte ihren Blick nicht.
»Seit es die großen Kopiergeräte gibt, brauchen wir sie nicht mehr«, erwiderte Tabar Azziz. Er wies auf das neueste Xerox-Modell, das noch nicht montiert vor ihm auf dem Boden stand. »Sie brauchen nichts sonst. Telefonleitungen verbinden Sie mit jedem Büro einer Firma.«
»Und Shahir Falaya wusste, wie diese Chips ausgewechselt werden«, sagte Ben und spürte, wie sein Puls sich beschleunigte. »Die Chips und die Festplatten?«
»Das habe ich ihm beigebracht, Inspector.«
Ben und Danielle schauten sich an und erkannten, dass sie vielleicht genau das gefunden hatten, wonach sie gesucht hatten.
»Offenbar haben Sie es ihm zu gut beigebracht«, sagte Ben zu Azziz.
47.
Hans Mundt betrachtete im Petra Hotel wieder seine Notizen und Briefe, als die Tür splitterte und krachend aufflog. Mundt fuhr auf dem Stuhl herum und dachte an die Pistole, die er auf der Kommode zurückgelassen hatte, doch ihm blieb keine Zeit, an die Waffe heranzukommen, denn zwei Männer stürmten herein, die bereits Pistolen in den Händen hielten. Mundt sah, dass ihnen dichtauf eine große, dunkelhaarige Frau folgte, deren Gesicht von einer dicken Schicht Make-up bedeckt war.
»Wissen Sie, wer ich bin, Mr. Mundt?«
»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Mundt und setzte sich zurück, wobei er darauf achtete, seine Hände in Sicht der Bewaffneten zu halten. Einer der Männer baute sich direkt vor ihm auf, während der andere den möglichen Fluchtweg zum Balkon versperrte.
»Keine Ahnung? Das sollten Sie aber. Offenbar haben wir viele Gemeinsamkeiten.«
»Zum Beispiel?«, fragte Mundt. Ihm fiel auf, dass die Frau die ganze Zeit ihre rechte Gesichtshälfte von ihm abgewandt hielt.
»Die drei Namen, die Sie an einen gewissen ehemaligen Beamten der israelischen Regierung weitergegeben haben. Ich möchte wissen, wie Sie daran gekommen sind.«
Mundt musterte die ausdruckslosen Mienen der beiden Kerle, von denen die Frau flankiert wurde. »Weshalb interessieren Sie sich dafür?«
Die Frau trat einen Schritt näher und blieb auf gleicher Höhe mit ihren Leibwächtern stehen. »Sie erkennen meinen Akzent, Mundt?«
»Deutsch.«
»Wie Ihrer.«
»Ja.«
»Und wenn ich Ihnen erzählen würde, dass ich aus dem
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